Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0903 (05:20 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0867 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 147,87. In der Folge notiert EUR-JPY bei 161,22. EUR-CHF oszilliert bei 0,9465.
In eigener Sache: Wegen Reisetätigkeit fällt der Report am Mittwoch und Donnerstag aus. Ich freue mich auf gute Gespräche auf dem Fondskongress in Mannheim.
Märkte: Keine klare Richtung
Die internationalen Finanzmärkte zeigen derzeit keine klare Richtung, halten aber weitgehend die Niveaus. Das Thema Geopolitik belastet hintergründig. Im Nahen Osten ist das Risiko der Konfliktausweitung fortgesetzt virulent. In der Ukrainekrise ist trotz der prekären Situation kein Wille zu Diplomatie auszumachen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump sich bei den Republikanern als Präsidentschaftskandidat durchsetzt, ist nach dem Rückzug von Ron de Santis und der Aufforderung Santis, Trump zu unterstützen, deutlich gestiegen. Das Chancen- und Risikocluster von Disruptionen durch die US-Wahlen im November wird prägnanter.
US-Wirtschaftsdaten lieferten am Freitag Lichtblicke. Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan stieg deutlich an, die Subindices der Inflationserwartungen sanken. Deutsche Erzeugerpreise sanken stärker als erwartet. Die schwachen britischen Einzelhandelsumsätze hatten kaum Markteinfluss. China hält trotz der deflationären Lage (CPI –0,3%, PPI -2,7%) an der restriktiven Zinspolitik fest. Marktteilnehmer unterstellen, dass es hinsichtlich der Zinspolitik der Notenbank um Stabilität des Yuan geht (siehe Datenpotpourri).
An den Aktienmärkten ergab sich an den westlichen Märkten ein stabiles oder freundliches Bild. Der Late-DAX stieg um 0,17%, der EuroStoxx 50 um 0,09%. US-Märkte lieferten eine starke Performance. Der S&P 500 nahm um 1,26% zu, der Dow Jones um 1,09% und der Citi US Tech 100 um 2,01%. In Fernost stieg der Nikkei (Japan) Stand 6:28 Uhr um 1,26%, der Kospi (Südkorea) um 0,10%, während der CSI 300 (China) um 0,51% nachgab, der Hangseng (Hongkong) verlor 2,26%. An den Rentenmärkten hat sich auf Wochensicht die Zinsversteifung fortgesetzt. 10-jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,30% (Vorwoche 2,15%), 10-jährige US-Staatsanleihen mit 4,12% (Vorwoche 3,96%).
Der USD hat auf Wochensicht gegenüber dem EUR (-0,5%) als auch Gold (-1,4%) und Silber (-3,1%) zugelegt.
Lindner in Davos: "Realitätsnähe"
FDP-Chef Lindner will die AfD mit einem Kurswechsel in zentralen Politikfeldern bekämpfen. Der beste Weg sei es, die Probleme klein zu machen, die einst diese Partei gestärkt hätten, so Lindner. Als Beispiel nannte Lindner die Flüchtlingspolitik. Hier gebe es jetzt eine neue Realpolitik, die den weltoffenen Charakter Deutschlands erhalte, zugleich aber illegale Migration in den Sozialstaat unterbinde. Er ergänzte, außerdem würde der Staat gestärkt und lästige Bürokratie zurückgenommen. In der Energiepolitik dürfe nicht nur Klimaschutz eine Rolle spielen, sondern auch die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit.
Kommentar: Finanzminister Lindner äußert verbal Realitätsnähe. In der Migrationsproblematik übernimmt die Regierung Teile der Agenda der Opposition. Die Ankündigungen über Bürokratieabbau klingen vollmundig. Wir werden die Regierung daran messen. Lindner übernimmt unsere in diesem Report seit mehr al 1½ Jahren geäußerte Thematik bezüglich Energie (Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit).
Herr Lindner, das kommt alles sehr spät. Die Schäden, die diese Regierung durch eigene Ignoranz und daraus resultierende diskretionäre Politik hervorgerufen hat, sind massiv, das Massivste, was eine Regierung innerhalb von gut zwei Jahren jemals seit 1949 an Schäden generiert hat. Es gibt pekuniär messbare Schäden, es gibt aber auch Schäden darüber hinaus. Es sind Vertrauensschäden gegenüber den Bürgern und der Wirtschaft.
Dieses Vertrauen zurückzugewinnen, wird kein einfacher Prozess sein. Dieser Prozess erfordert primäre Loyalität zu Bürgern (Souverän) und Wirtschaft, sie erfordert Rationalität und Abkehr von nicht haltbaren Narrativen. Darüber hinaus bedarf unser Land internationalen Respekts und Wahrnehmung, weil wir wie kein anderes Land von Import und Export in unserem Geschäftsmodell abhängig sind (wir haben kein anderes Modell!). Eine Neuausrichtung der Außenpolitik ist notwendig, die dem Artikel 2 der UN-Charta (Souveränität) voll entspricht und davon Abstand nimmt, andere Länder „erziehen“ zu wollen (Eingriff in Souveränität).
Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts - Klartext
Laut eines Entwurfs des Jahreswirtschaftsberichts des Wirtschaftsministeriums bestünde das Risiko einer anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase.
Kommentar: Tönte Herr Habeck nicht vor einigen Wochen, dass es sich nur um eine Konjunkturdelle handelte. Wir widersprachen vehement und klassifizierten das Problem als strukturell und nicht nur konjunkturell ein. Schön, dass es jetzt Erkenntnisgewinne in Berlin gibt, spät, sehr spät. Das hätte man einfacher haben können. Die Schäden der Falschinterpretation sind signifikant und sie sind voll von Berlin zu verantworten.
Der Bericht führt aus, dass die Gründe vielfältig seien. Verantwortlich sei der beschleunigte demografische Wandel, vernachlässigte Standortfaktoren und geopolitische Gefahren. Kommentar: Zum demografischen Wandel, Rentner zurückholen (Rente wird weitergezahlt, Einkommen darüber hinaus abgabenfrei bei minimalem Steuersatz = Respekt), Thema Standortfaktoren, Rücknahme Heizungsgesetz, Steuersätze auf konkurrenzfähiges Niveau senken, sich an Japans Energiepolitik ein Beispiel nehmen, Thema geopolitische Gefahren, Diplomatie, nicht Eskalation suchen, sich von USA emanzipieren (aktuell Macrons Position).
Für die Jahre bis 2028 erwartet das Wirtschaftsministerium lediglich ein Potentialwachstum von 0,6% - 0,8%. Für das laufende Jahr unterstellt Habeck ein leichtes Wachstum. Die Prognose aus dem Herbstgutachten würde von 1,3% auf deutlich unter 1% verringert. Habeck konstatierte, dass es für einen langfristigen Wachstumskurs notwendig sei, ein sehr viel dynamischeres Investitionsgeschehen zu forcieren (Aristoteles, Kapitalstock!).
Kommentar: Wird nicht in Richtung einer massiven Neuausrichtung gearbeitet, wird es dunkel!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Deutsche Erzeugerpreise schwächer
Deutschland: Die Erzeugerpreise sanken per Berichtsmonat Dezember im Monatsvergleich um 1,2% (Prognose -0,5%) nach zuvor -0,5%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 8,6% (Prognose -8,0%) nach zuvor -7,9%.
UK: Einzelhandel mit unerwarteten Einbruch
Die Einzelhandelsumsätze fielen per Dezember im Monatsvergleich um 3,2% (Prognose -0,5%) nach zuvor +1,4% (revidiert von +1,3%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 2,4% (Prognose +1,1%) nach zuvor +0,2% (revidiert von +0,1%).
USA: Michigan Verbrauchervertrauen auf höchsten Stand seit 07/2021
Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan legte laut vorläufiger Berechnung per Januar markant von zuvor 69,7 auf 78,8 Punkte zu (Prognose 70,0). Der Index markierte den höchsten Stand seit Juli 2021. Der Unterschied zu Deutschland, aber auch der Eurozone ist signifikant (diskretionäre Standortpolitik!)
Die Subindices im Index des Verbrauchervertrauens der Universität Michigan für die Inflationserwartungen sanken. Die Erwartung für die Verbraucherpreise in einem Jahr fiel von 3,1% auf 2,9% (tiefster Wert seit Dezember 2020), die für die Verbraucherpreise in fünf Jahren gingen von 2,9% auf 2,8% zurück.
Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien stellte sich in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung (annualisiert) auf 3,78 Millionen Objekte (Prognose 3,82 Mio., Vormonat 3,82 Mio.).
China: Zinsen unverändert
Die „Loan Prime Rate“ für einjährige Kredite ist unverändert bei 3,45%. Die „Loan Prime rate“ für fünfjährige Kredite ist unverändert bei 4,20%.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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