Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0711 (05:17 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0707 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 150,22. In der Folge notiert EUR-JPY bei 160,89. EUR-CHF oszilliert bei 0,9635.
Märkte: Konsolidierung
Die Finanzmärkte zeigten sich zu Wochenbeginn in einem Konsolidierungsmodus. Der Nahost-Konflikt ist und bleibt ein Belastungsfaktor. Die Datenfront lieferte keine Katalysatoren für höhere Risikobereitschaft. Im Gegenteil belasten Daten aus China (Handelsbilanz, Direktinvestitionen) und Japan (Haushaltsausgaben). Zudem erhöhte die Notenbank Australiens den Leitzins um 0,25% auf 4,35%. Deutschland reüssiert weiter mit maladen Daten.
Laut Unternehmensumfrage des IFO-Instituts hat die Storno-Welle im Wohnungsbau per Oktober mit 22,2% einen neuen Negativrekord markiert (Gründe Zinsen und Baupreise). 48,7% der Unternehmen klagen über einen Auftragsmangel (Vorjahr 18,7%). Der Auftragseingang der deutschen Industrie setzt nur vordergründig mit einem Anstieg um 0,2% (Prognose -1,0%) einen positiven Akzent. Die Abwärtsrevision des Vormonatswerts um 2% lieferte für das Zweimonatsergebnis einen um 0,8% geringeren Wert als erwartet.
Exkurs Deutschland: Aus Sicht der SPD (Leitantrag für Bundesparteitag) müssen in Deutschland bis 2030 jährlich 100 Mrd. EUR seitens Staat und seitens des Privatsektors für eine klimaneutrale Modernisierung investiert werden. Es brauche eines Comebacks der Infrastrukturpolitik. Das ist eine bemerkenswerte Erkenntnis. Für den Beitrag des Privatsektors, sehr geehrte Granden der SPD, bedarf es dreierlei:
1. Dauerhafte Energieversorgungssicherheit (nicht gewährleistet)
2. Dauerhafte Konkurrenzfähigkeit bei Energiepreisen (nicht gegeben)
3. Vertrauen der Wirtschaft in Politik (so zerrüttet, wie niemals zuvor seit 1949)
Werden diese Themen nicht beordnet, wird der Beitrag des privaten Sektors überschaubar ausfallen.
An den Aktienmärkten kam es in Europa und Fernost zumeist zu Gewinnmitnahmen (DAX; EuroStoxx). US-Märkte waren stabil oder zart freundlich. An den Rentenmärkten ergab sich eine Zinsversteifung (Bunds 2,75%, US-Staatsanleihen 4,64%). Der USD gewann gegenüber dem EUR, Gold und Silber an Boden.
China: Abfluss ausländischer Direktinvestitionen
China meldet erstmals einen Abfluss ausländischer Direktinvestitionen auf Quartalsbasis. Von Juli bis September wiesen sie ein Defizit von 11,8 Mrd. USD Dies ist das erste Quartalsminus seit Erfassung der Daten 1998.
Kommentar: Für diese Entwicklung gibt es keine monokausale Erklärung. "Ein Teil der Schwäche bei den ausländischen Direktinvestitionen in China könnte darauf zurückzuführen sein, dass multinationale Unternehmen ihre Gewinne ins Heimatland zurückholen. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern, da die Zinsen in der Volksrepublik noch längere Zeit niedrig, die in vielen westlichen Industrienationen dagegen hoch bleiben sollten, so Analysten von Goldman Sachs (NYSE:GS)." Damit haben die Analysten von Goldman einen triftigen Aspekt benannt.
Das Risiko fortgesetzter Kapitalabflüssen ist vor diesem Hintergrund der Optimierung der Finanzergebnisse in hohem Maße wahrscheinlich. Der Ökonom Julian Evans-Pritchard von Capital Economics stößt in das gleiche Horn. Er sagte, dass die ungewöhnlich große Zinsdifferenz die Unternehmen dazu veranlasst hätte, ihre einbehaltenen Gewinne aus dem Land zu transferieren.
Ein zweiter Aspekt hat mit Geopolitik zu tun. Wir reden über das Thema "Dersiking". Hier geht es um ein politisches und auch strukturelles Thema. Westliche Regierungen drängen Unternehmen, China den Rücken zu kehren und Investitionen breiter zu streuen. Die anhaltenden geopolitischen Spannungen belasten Chinas Fähigkeit, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen.
Dieses strukturelle Thema ist weitaus bedeutender als das (temporäre) Thema der Finanzoptimierung. Die politische Steuerung von globalem Investitionskapital, die der Westen forciert, mag man "Derisking" nennen, aber ist diese politische Steuerung nicht auch ein "Dechancing"? Wo findet das Wachstums der Welt statt? Folgt man den Prognosen des IWF, ist klar dass Asien der Motor der Weltwirtschaft ist und China ist mit einem Wachstum von circa 5% (Welt 2023 3%) ein dominanter Motor Asiens.
EZB: "Falke" Holzmann schlägt mit Flügeln
Robert Holzmann, Chef der österreichischen Nationalbank und EZB-Ratsmitglied, sagte, man habe die Zinsen um 450 Basispunkte angehoben und hätte trotzdem noch eine Stagflation. Mit einer Senkung der Zinsen sollte nicht zu früh gerechnet werden. Man sollte nicht zu früh den Sieg über Inflation verkünden. Man sollte bereitstehen, nötigenfalls die Zinsen wieder anzuheben.
Kommentar: Wir leben in unsicheren Zeiten. Geopolitische Eskalationen können den Pfad der Inflation jederzeit wieder forcieren.
Das Dilemma der Notenbanken ist nur, dass sie diese von außen wirkende Preisinflation nicht bekämpfen können. Sollte der Ölpreis wegen eines ausufernden Krieges in Nahost auf 150 USD steigen, kann die EZB die Zinsen noch so sehr erhöhen, ohne Einfluss auf den Ölpreis zu haben. Das Beispiel Japan zeigt bezüglich der Verbraucherpreise, dass der Verzicht auf Zinserhöhungen (auch wegen exogener Qualität) bisher ebenso erfolgreich war, wie die Zinserhöhungspolitik der Fed und der EZB.
Der Eindruck entsteht, dass im Lager der Falken der EZB der Blick sehr stark auf die Quantität der Inflation ausgerichtet ist, jedoch nicht auf die Qualität (kommt sie von innen oder von außen). Dieser Mangel bezüglich Berücksichtigung des qualitativen Hintergrunds impliziert potentiell erhöhte Konjunkturrisiken für Europa.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
EUR: Daten zumeist etwas besser, ohne zu überzeugen
Der Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors lag per Oktober bei 47,8 Punkten und entsprach damit dem vorläufigen Wert als auch der Prognose. Der Composite Index (Gesamtwirtschaft) wurde final bei 46,5 Zählern festgestellt (Prognose und vorläufiger Wert 46,5).
Der Sentix-Index der Eurozone legt per Berichtsmonat November von zuvor -21,9 auf -18,6 Punkte zu (Prognose -22,2).
Deutschland: Der Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors stellte sich per Oktober laut finaler Berechnung auf 48,2 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 48,0). In der Folge lag der Composite Index (Gesamtwirtschaft)final bei 45,9 Zählern (Prognose und vorläufiger Wert 45,8).
Deutschland: Der Auftragseingang der deutschen Industrie stieg per Berichtsmonat September im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose -1,0%) nach zuvor +1,9% (revidiert von +3,9%). USA: Keine neuen Erkenntnisse
Der Index "Employment Trends" verzeichnete per Berichtsmonat Oktober einen Rückgang von zuvor 114,63 (revidiert von 114,66) auf 114,16.
Japan: Schwache Ausgabedaten
Die Ausgaben der privaten Haushalte sank per Berichtsmonat September im Jahresvergleich um 2,8% (Prognose -2,7%) nach zuvor -2,5%.
China: Schwacher Überschuss, schwache Exporte, starke Importe
Die Handelsbilanz wies per Oktober einen Überschuss in Höhe von 56,53 Mrd. USD aus (Prognose 82,0 Mrd. USD, Vormonat 77,7 Mrd. USD). Es war der geringste Überschuss seit April 2022. Exporte gingen im Jahresvergleich um 6,4% zurück (Prognose -3,3%), Importe legten um 3,0% zu (Prognose -4,8%).
Australien: Notenbank erhöht Leitzins um 0,25%
Die Zentralbank hat den Leitzins erwartungsgemäß um 0,25% von zuvor 4,10% auf 4,35% erhöht.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0770 – 1.0800 negiert das für den USD positive Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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