Die Turbulenzen im Bankensektor und die erneute Besorgnis über wirtschaftliche Gegenwinde schüren Erwartungen, dass der Zinserhöhungszyklus der Fed kurz vor dem Ende steht. Diese Aussichten haben eine Rallye am US-Anleihemarkt ausgelöst.
Im bisherigen Jahresverlauf bis zum Schlusskurs am Freitag konnten alle wichtigen Komponenten des US-amerikanischen Fixed-Income-Marktes auf der Grundlage einer Reihe von ETFs Gewinne einstreichen. Die Rallye im Jahr 2023 geht vor allem von Staatsanleihen am langen Ende der Laufzeitkurve aus: Der iShares 20+ Year Treasury Bond (NASDAQ:TLT) ist in diesem Jahr um 7,4 % gestiegen. Der größte Teil des Kursanstiegs fand in den letzten zwei Wochen statt, als Nachrichten über Turbulenzen im Bankensektor die Nachfrage nach sicheren Häfen ankurbelten.
Die Anlageklasse Fixed Income konnte sich bei Betrachtung US-amerikanischer Investment-Grade-Bonds in letzter Zeit generell über Kursgewinne freuen. Der Vanguard Total (EPA:TTEF) Bond Market ETF (NASDAQ:BND) ist 2023 bisher um 3,5 % gestiegen.
Bloomberg stellte Anfang der Woche fest, dass die vom Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome Powell, bevorzugte Messgröße für das Rezessionsrisiko in den USA ein Warnsignal aussendet. Im März 2022 zitierte er die Differenz zwischen der aktuellen Rendite der 3-Monats-Treasury-Bills und ihrer erwarteten Rendite in 18 Monaten - eine Spanne, die jetzt recht klar auf eine Rezession in naher Zukunft hindeutet.
Die Kombination aus einer Bankenkrise (auch wenn sie bisher unter Kontrolle zu sein scheint) und der Erwartung eines stärkeren wirtschaftlichen Gegenwinds, wenn nicht gar einer Rezession, sorgt für Revisionen in den Prognosen hinsichtlich künftiger geldpolitischer Entscheidungen. Nachdem die US-Notenbank am Mittwoch ihren Zinssatz um einen Viertelpunkt auf eine Spanne von 4,75 % bis 5,0 % angehoben hatte, rätselten Analysten und Investoren, ob es sich dabei - zumindest vorübergehend - um den letzten Schritt handeln könnte. Dieser Stimmungswandel beflügelte in der zweiten Märzhälfte die Nachfrage nach der relativen Sicherheit von Anleihen.
Der Markt für die Fed Fund Futures preist derzeit eine Wahrscheinlichkeit von etwa 70 % ein, dass die Fed die Leitzinsen auf der nächsten FOMC-Sitzung am 3. Mai unverändert lassen wird.
Die Rendite der 2-jährigen Treasuries signalisiert ebenfalls, dass der Zielsatz der Fed seinen Höchstwert erreicht hat. Die Rendite für die in Bezug auf Zinserwartungen empfindlichste Laufzeit sank in der letzten Woche auf 3,76 % und damit auf den niedrigsten Stand seit September.
Die wichtigste Erkenntnis: Die große Lücke zwischen der niedrigeren 2-Jahres-Rendite und der Spanne von 4,75 % bis 5,0 % für die Fed Funds spiegelt eine Marktstimmung wider, die eine Pause und vielleicht sogar eine Zäsur für die Geldpolitik der Zentralbank erwartet.
Bedenken Sie, dass die zunehmenden Sorgen wegen der Turbulenzen im Bankensektor und der wirtschaftliche Gegenwind die Anleihekurse steigen und die Renditen sinken lassen. Michael Gapen, Chefökonom bei der Bank of America) Securities sagte dazu:
"Falls es gelingt, die Spannungen im Finanzsystem in nächster Zeit abzubauen, können wir nicht ausschließen, dass stärkere Konjunkturdaten die Fed zu weiteren Zinserhöhungen über Mai hinaus ermutigen werden. Wir halten jedoch ein früheres Ende des Straffungszyklus für wahrscheinlicher."
Timothy Duy, Chefökonom bei SGH Macro Advisors, ist der Meinung, dass sich "das Spiel verändert hat". Er schrieb in einer Notiz:
"Die Turbulenzen im Bankensektor haben die Fed schwer beunruhigt. Ihre Zuversicht, dass sie die Leitzinsen weiter anheben kann, ohne den Bankensektor ernsthaft in Mitleidenschaft zu ziehen, hat nachgelassen. Bis die Fed die Lage besser einschätzen kann, wird sie vorsichtiger agieren. Achten Sie darauf, wie die Fed ein starkes Wachstum und hohe Inflationsdaten als rückwärtsgewandte [Informationen] abtut, wie Powell es in der Pressekonferenz [am Mittwoch] getan hat."