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Gestern wurden um 14:30 Uhr (MESZ) die ersten offiziellen Schätzungen zur Entwicklung der US-Wirtschaft im 1. Quartal 2020 veröffentlicht. Demnach schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate (annualisiert) von 4,8 % gegenüber dem Vorjahresquartal.
Damit hat die Coronavirus-Krise die Wirtschaft der USA zu Jahresbeginn noch stärker einbrechen lassen als befürchtet. Denn erwartet wurde ein Rückgang um 4,1 %.
Der private Konsum ging dabei um annualisiert 7,6 % zurück. Er war damit einer der Hauptbelastungsfaktoren, neben den Investitionen, die sogar um 8,6 % schrumpften. Angesichts des starken Anstiegs der Arbeitslosigkeit ist die Konsumzurückhaltung nicht verwunderlich.
Und dazu passend wurde vorgestern das Barometer für das Verbrauchervertrauen vom Forschungsinstitut Conference Board veröffentlicht. Es fiel im April auf 86,9 Punkte, von 118,8 Zählern im März. Von Reuters befragte Experten hatten mit einem Einbruch auf 87,9 Punkte gerechnet.
Dabei schätzen die Verbraucher insbesondere ihre aktuelle Lage weitaus schlechter ein als im Vormonat. Das entsprechende Barometer stürzte um mehr als die Hälfte auf 76,4 Zähler ab und damit so stark wie nie zuvor seit Beginn der Befragungen im Jahr 1967.
Und da der private Konsum mehr als zwei Drittel des US-BIP ausmacht, ist diese Entwicklung besonders kritisch zu werten. Zumal sich die Problematik auf absehbare Zeit nicht wesentlich verbessern wird, da die Arbeitslosenquote nach Schätzungen des überparteilichen Congressional Budget Office (CBO) bis ins nächste Jahr noch zweistellig sein wird, wie vorgestern bereits berichtet. Ein Lichtblick ist, dass die Verbraucher dies noch nicht so skeptisch und die Zukunft noch optimistischer sehen als die aktuelle Lage. Es dürfte jedenfalls spannend werden, wie die US-Notenbank gestern Abend auf diese Fakten reagiert hat.
Spannend ist auch die Meldung, dass sich in den USA offenbar ein Mops mit dem Coronavirus infiziert hat. Das Tier wäre der erste Hund in den Vereinigten Staaten, bei dem das Virus diagnostiziert wurde. Der Mops soll sich bei der Mutter, dem Vater oder dem Sohn im Haushalt angesteckt haben, die alle positiv auf das Virus getestet wurden.
Anfang März hatten die Gesundheitsbehörden in Hongkong bereits mitgeteilt, dass der Hund eines Coronavirus-Patienten wahrscheinlich der erste Fall einer Übertragung von Mensch zu Tier sei. Seitdem wurden auch mehrere Fälle bei Katzen gemeldet. Würde es erste Hinweise darauf geben, dass Haustiere das Virus auf den Menschen übertragen könnten, könnte die Virus-Krise noch eine neue Qualität erhalten.
Unabhängig davon hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jüngst davor gewarnt, sich bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auf die Immunität von genesenen Patienten zu verlassen. Es gebe derzeit keine Hinweise, dass diejenigen, die eine Ansteckung überstanden und Antikörper gebildet hätten, vor einer zweiten Ansteckung geschützt seien, erklärte die WHO am Samstag. Auch das wäre ein Problem, auf das ich bereits hingewiesen hatte und das teilweise neue Strategien erfordern würde.
Es gibt also immer mehr Hinweise darauf, dass die Virus-Krise länger andauern wird als bislang erwartet und befürchtet. Und während ich einen V-förmigen Verlauf der Konjunktur bereits für unwahrscheinlich halte, wächst auch die Skepsis bezüglich eines U-förmigen Verlaufs.
Die Bundesregierung hat gestern ihre aktuelle Prognose veröffentlicht. Demnach wird die deutsche Wirtschaft die Verluste, die im laufenden Jahr durch die Corona-Pandemie entstehen, erst im übernächsten Jahr wieder aufholen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier sagte bei der Vorstellung der Frühjahrsprognose, er gehe davon aus, dass Anfang 2022 das Vorkrisenniveau erreicht werde. Der Tiefpunkt soll im laufenden Quartal erreicht werden. Ab der zweiten Jahreshälfte dürfte es wieder bergauf geben.
Dazu sollte man allerdings beachten, dass die Bundesregierung eher optimistische Maßstäbe ansetzt und erst dann die Prognosen weiter zurückschraubt, wenn es sich kaum noch vermeiden lässt. Und wenn die Bundesregierung einen derartigen Verlauf skizziert, dann sollte man davon ausgehen, dass es eher noch länger dauern wird, bis sich die Wirtschaft vollständig erholt hat.
Doch statt die Konsequenzen aus den düsteren wirtschaftlichen Perspektiven zu ziehen, konzentrieren sich die Anleger scheinbar lieber auf neue Nachrichten zu dem potentiellen Medikament Remdesivir, das hier schon wiederholt mit Skepsis thematisiert wurde.
Wie Medien gestern berichteten, hat eine aktuelle Studie ergeben, dass Patienten mit schweren Krankheitsverläufen wohl gut auf eine 5- bis 10-tägige Behandlung ansprechen, wobei die Mortalitätsrate (ex Italien) bei 7 % lag. Gilead Sciences (NASDAQ:GILD), Hersteller des Mittels, will die genauen Details in den nächsten Wochen in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlichen. In einer zweiten Studie soll die Wirksamkeit bei moderaten Krankheitsverläufen untersucht werden. Die Ergebnisse dazu dürften Ende Mai vorliegen.
Ich bleibe dabei: Ein verkürzter Verlauf bei schweren Krankheitsfällen wird der Wirtschaft kaum helfen. Das Mittel ist nicht der Heilsbringer, für das es die Anleger halten. Sie ignorieren weiterhin die schlechten Nachrichten und stürzen sich stattdessen auf die vermeintlich positiven. Die Aktienmärkte haben daher die Nachricht mit einem Kurssprung gefeiert.
Dem DAX ist dadurch sogar der Ausbruch aus seiner jüngsten Seitwärtskonsolidierung gelungen (siehe oberes gelbes Rechteck im folgenden Chart, grüner Pfeil).
Diese Konsolidierung hatten wir im Target-Trend-Spezial zuletzt als symmetrisches Dreieck identifiziert (dicke rote und grüne Linie) und somit bullish bewertet, da solche Dreieckformationen in der Regel trendbestätigend sind. Und somit war bereits der Anstieg vom Montag der eigentlich bullishe Impuls.
Der gestrige Kursimpuls hat den DAX nun über sein 50%-Fibonacci-Retracement der gesamten crashartigen Korrekturbewegung bei 11.025,45 Punkten gehievt (blaue Linien). Damit eröffnet sich ein Kurspotential bis zur 61,80er Marke bei 11.679,12 Punkten.
Aber man sollte auch hier beachten, wie beim S&P 500 vorgestern, dass man die gesamte Kurserholung 5-gliedrig zählen kann (siehe blaue Ziffern im folgenden Chart).
Und am Ende sowohl der Welle 1 als auch der Welle 3 kam es jeweils an einer Konsolidierungslinie (rot gestrichelt) zu Rücksetzern (Wellen 2 und 4). Man sollte daher damit rechnen, dass der DAX an der Rechteckgrenze bei 11.170 Punkten bzw. der knapp darüber verlaufenden Konsolidierungslinie erneut Besuch von den Bären bekommt. Und dieses Mal könnte deren Gegenwehr größer ausfallen, weil nach einem 5-gliedrigen Verlauf regelmäßig eine größere (ABC-)Korrektur folgt.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus
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