Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
an den internationalen Märkten gab es in den vergangenen Wochen heftige Verwerfungen. Im Zuge der Corona-Ausbreitung und der grassierenden Panik wurden so gut wie alle Anlageklassen durcheinandergewirbelt. In erster Linie leiden natürlich die Aktien unter globalen Risiken, aber auch das Rohöl wird schnell in Mitleidenschaft gezogen. Der Energieträger ist stets von den wirtschaftlichen Aussichten abhängig und reagiert deutlich auf jegliche Aspekte.
Der Ölpreis befand sich in den letzten Wochen ohnehin auf Talfahrt, vor allem die konjunkturellen Probleme Chinas machten dem Ölpreis zu schaffen. Vergangenen Montag wirkte dann die Nachricht von der Corona-Ausbreitung in Europa für einen regelrechten Rutsch. Plötzlich wurden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Sorgen deutlich. Die massive Verkaufsdynamik zog sich bis zum gestrigen Montag hin. Erst dann startete das Rohöl eine Stabilisierung mit anschließender Erholung.
US-Notenbank senkt den Leitzins
In den vergangenen Jahrzehnten wurde in Krisenzeiten immer wieder die US-Notenbank Fed auf den Plan gerufen. Und auch dieses Mal wurden die Forderungen seitens der Marktteilnehmer bezüglich einer Zinssenkung laut. In den letzten zwei Tagen machten Gerüchte um eine gemeinsame Aktion der internationalen Notenbanken die Runde. Heute haben wir Gewissheit: Gestern hat die Fed eine spontane Leitzinssenkung um 50 Basispunkte bekannt gegeben. Der Leitzins wird auf eine Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent gesenkt. Zuletzt hatte die US-Notenbank ihren Zins im Oktober um 25 Basispunkte gesenkt.
Andere Notenbanken dürften bald folgen. Zuvor wurde bereits in Australien der Zinssatz gesenkt. Aber kann die Angst der Bevölkerung durch immer neue Zinssenkungen verhindert werden? Zumindest wird es die Anleger kurzzeitig beruhigen. Mittel- bis langfristig gesehen sind die Wirkungen dagegen umstritten.
Charttechnik: Gegenbewegung angelaufen
Das Öl der europäischen Sorte Brent notiert nach der überraschenden US-Zinssenkung mit einem Plus von 1,7 Prozent bei 53,10 US-Dollar. Das Öl der Sorte WTI verteuert sich um 2,1 Prozent auf aktuell 47,90 Dollar. Damit ist die Erholungsbewegung nach den vorherigen Verlusten zweifelsfrei angelaufen.
In der folgenden Abbildung ist die Öl-Entwicklung seit Anfang 2019 dargestellt (in US-Dollar je Barrel, Candlestick-Chart, eine Kerze entspricht einem Tag):
In der obigen Abbildung ist die Talfahrt des Rohöls eindrucksvoll zu sehen. Innerhalb der vergangenen Wochen rutschte der Energieträger auf den niedrigsten Stand seit knapp drei Jahren. Von knapp 70 Dollar im Januar ging es im Tief bis auf 48 Dollar herab.
Kurzfristig ist eine Erholung der Notierung wahrscheinlich. Die Gegenbewegung dürfte das Öl bis in den Bereich von 58 Dollar zurückführen. Erst dort besteht nach charttechnischen Kriterien der nächste Widerstandsbereich. Mittel- bis langfristig gesehen ist das Potenzial jedoch eher begrenzt. Übergeordnet befindet sich der Rohstoff innerhalb eines Abwärtstrends. Die maßgebliche Trendlinie verläuft momentan bei 68 Dollar. Erst ein Ausbruch über diese Chartmarke würde das Szenario für das Öl nachhaltig aufhellen.
Freundliche Grüße aus Köln
Bernd Raschkowski