Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, und die führenden Köpfe der Republikaner haben einen Gesetzentwurf vorgestellt, der die sich anbahnende Schuldenkrise theoretisch zumindest vorübergehend lösen könnte. In der Praxis ist der Weg in die Zukunft wahrscheinlich nicht weniger kompliziert und riskant als in den letzten Monaten.
Was sich geändert hat, ist, dass die Republikaner zumindest mit einer Stimme sprechen und einen Plan vorlegen können, um den drohenden Tag X zu umschiffen, an dem dem Finanzministerium das Geld ausgeht, um die Rechnungen der Regierung zu bezahlen. Die Schätzungen, wann dieses Datum erreicht wird, variieren. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Gnadenfrist ohne einen politischen Kompromiss zwischen dem Kongress und dem Weißen Haus irgendwann im Sommer enden wird.
Die schlechte Nachricht ist, dass selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass McCarthys Gesetzesentwurf Gesetz wird, er das Datum X nur auf Anfang nächsten Jahres verschieben würde, wenn die Präsidentschaftswahlen bereits in ihrem Fahrwasser sind. Zu diesem Zeitpunkt wären neue Verhandlungen erforderlich, die vermutlich umso schwieriger werden, weil dann beide Parteien vor den Wahlen im November in den politischen Overdrive gehen.
Die Pattsituation in Washington über die Schuldenobergrenze ist also nicht gelöst, hat sich aber weiterentwickelt. Der Plan der Republikaner könnte es sein, den Schwarzen Peter den Demokraten zuzuspielen, indem sie eine Übergangslösung anbieten. Es ist ein taktischer Schachzug, der wohl auf der Annahme beruht, dass den Demokraten nichts anderes übrig bleibt, als dem Gesetzentwurf zuzustimmen, da eine Ablehnung die Regierung näher an einen möglichen Zahlungsausfall im Sommer bringt. Darauf hat der Sprecher dann gestern auch hingewiesen:
„Sie haben keine Ausreden mehr, um nicht mit uns zu verhandeln.“
Es ist schwer vorstellbar, dass die Demokraten sich darauf einlassen, weil das Gesetz erhebliche Kürzungen von Programmen vorsieht, die das Weiße Haus und seine Verbündeten nachdrücklich unterstützen. Der Vorschlag sieht unter anderem vor, nicht ausgegebene Covid-19-Hilfsgelder zu streichen und gleichzeitig neue Arbeitsanforderungen für staatliche Leistungen einzuführen, Bidens Plan, bestimmte Studentendarlehen zu erlassen, rückgängig zu machen und die Subventionen für saubere Energie aus dem Inflation Reduction Act von 2022 zu streichen. Die Opposition scheint einen Gesetzentwurf ausgearbeitet zu haben, der für die Demokraten besonders unappetitlich ist.
McCarthys Gesetzentwurf mag ein kluger Schachtzug sein. Es ist aber auch ein recht offensichtlicher Versuch, von den problematischen Interna der Opposition abzulenken, indem er eine zeitlich und inhaltlich begrenzte Überbrückung anstelle eines Budgets anbietet. Im Gegensatz zum Weißen Haus, das kürzlich einen vollständigen, detaillierten Haushaltsplan veröffentlicht hat, haben eigene Meinungsverschiedenheiten die Republikaner davon abgehalten, einen besseren Plan zu veröffentlichen. Zum Teil ist das darauf zurückzuführen, dass McCarthy eine Reihe von widersprüchlichen Versprechen an seine Unterstützer abgegeben hat, um Sprecher zu werden, und die Überbrückung der sich daraus ergebenden Kluft in einem formellen Haushaltsplan erscheint im Moment äußerst schwierig.
Unabhängig von den Einzelheiten des Gesetzentwurfs stellt sich zunächst die Frage, ob er vom Repräsentantenhaus angenommen werden wird. Das ist eine hohe Hürde, denn die Mehrheit der Republikaner ist hauchdünn. Wenn man davon ausgeht, dass alle Demokraten den Gesetzentwurf ablehnen, kann McCarthy sich nur den Verlust weniger republikanischer Stimmen leisten.
Sollte die Gesetzgebung scheitern, was durchaus möglich ist, wird dieser Rückschlag eine große Blamage für die Opposition sein und Fragen über ihre Fähigkeit aufwerfen, in den kommenden Wochen und Monaten als disziplinierte Fraktion aufzutreten. Ein Scheitern würde auch die Regierungspartei darin bestärken, ihre Position aufrechtzuerhalten, dass die Schuldenobergrenze ohne Auflagen angehoben werden sollte und dass die Verhandlungen über den Haushalt getrennt geführt werden sollten. Die Ungewissheit besteht darin, wie die Republikaner reagieren würden, wenn der Gesetzentwurf scheitert.
Setzt sich McCarthy durch, wird der von den Demokraten geführte Senat unter Druck gesetzt, den Gesetzentwurf - eventuell mit Änderungen - anzunehmen. Unwahrscheinlich, aber wenn er verabschiedet wird und auf Bidens Schreibtisch landet, wird dieser dann mit ziemlicher Sicherheit sein Veto einlegen.
Aber wir greifen zu weit vor. Der erste Schritt ist die bevorstehende Abstimmung des Repräsentantenhauses über den Gesetzentwurf von McCarthy. Ich gebe ihm eine dünne Wahrscheinlichkeit für ein Durchkommen. Was auch immer geschieht - es wird dann Zeit, die Perspektiven nach der Abstimmung neu zu bewerten.
Bis dahin ist eins klar: Das Risiko einer Schuldenkrise ist nach wie vor hoch, und das wird sich in nächster Zeit wahrscheinlich nicht ändern, unabhängig davon, was im Repräsentantenhaus entschieden wird.