Als Makro-Investor werden wir mit endlosen Clickbait-Headlines überschwemmt - in letzter Zeit geht es fast immer um Japan.
Bei all dem Marktrauschen fällt es schwer, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen.
Was wir in diesem Beitrag erreichen wollen:
- erklären, was die jüngsten Bewegungen des JPY wirklich angetrieben hat
- die tatsächlichen zugrunde liegenden makroökonomischen Trends in Japan erklären
- beurteilen, was die BoJ vermutlich als nächstes tun wird
- die Auswirkungen auf die globalen Anleihemärkte und den Yen analysieren.
Die starken Ausschläge des JPY und der japanischen Anleihemärkte haben in letzter Zeit für Schlagzeilen gesorgt - die gängige Meinung ist, dass Japan nun endlich seine superlockere Geldpolitik lockert, damit die Renditen in die Höhe treibt und der Yen profitiert.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die Bewegungen des JPY andere Ursachen haben.
Die obige Abbildung zeigt die sehr enge Beziehung zwischen der Differenz zwischen 10-jährigen Treasuries und JGBs (blau, links) und dem USD/JPY (orange, rechts): Wenn die Renditedifferenzen schnell schrumpfen, erhält der Yen Auftrieb.
Es handelt sich um ein sehr einfaches und intuitives Prinzip der Wechselkurstheorie: Große Renditedifferenzen und niedrige Volatilität wecken das Interesse an der Aufnahme von JPY-Krediten und dem Kauf von USD - und wenn sich die Renditedifferenzen wie jetzt verringern, löst sich dieser "Carry Trade" auf und der JPY wird stärker.
Warum verringern sich die Renditedifferenzen? Wegen der BoJ?
Nicht wirklich.
Der Bondmarkt befindet sich seit Oktober weltweit im Aufwind: Der rasche Rückgang der blauen Linie von 350 Basispunkten auf 270 Basispunkte betrifft fast ausschließlich US-Treasuries (nicht JGBs).
Achten Sie hier auf die Lücke in dem roten Kreis.
Bei diesem Renditegefälle sollte der USD/JPY bereits bei 140 notieren.
Im Juli betrug die Renditedifferenz zwischen den 10-jährigen JGBs und Treasuries 280 Basispunkte, während USD/JPY bei 138 handelte.
Heute liegt die Differenz bei 270 Basispunkten (niedriger!), während USD/JPY bei 144 (höher!) notiert, doch scheinen die Leute die Entwicklung des JPY für falsch zu halten.
Der andere wichtige globale Makrofaktor für den JPY-Kurs war der Preis für Rohöl.
Japan ist ein Nettoimporteur von Rohöl, die USA sind ein Nettoexporteur: Raten Sie mal, was mit USD/JPY passiert, wenn der Ölpreis rapide einbricht?
Der USD/JPY fällt: Der Yen zieht an, weil die Term of Trade für Japan günstiger werden.
Mit anderen Worten: Der Yen passt sich den internationalen makroökonomischen Fundamentaldaten an und reagiert nicht auf die japanische Makrolage oder das unmittelbare Risiko einer strengeren Geldpolitik der BoJ
Die japanische Dienstleistungsinflation (orange) lag im Mai bei 3 %, ist jetzt aber wieder unter 2 % gesunken, während die Nominallöhne (blau) nur noch um 1,4 % steigen.
Wenn Ueda und die BoJ auf den unmittelbaren Preisdruck reagieren wollten, wäre April/Mai dieses Jahres der richtige Zeitpunkt dafür gewesen - heute ist der Druck deutlich niedriger.
Wen überrascht das?
Nach mehr als 20 Jahren Nullzinspolitik und QE strafft die Bank of Japan jetzt ihre Geldpolitik, der globale Inflationsdruck fördert den allgemeinen Trend aber weiterhin.
Der Yen zieht rapide an und macht jede Hoffnung zunichte, dass sich die japanische Inflation und die Löhne tatsächlich bei 2 % einpendeln werden.
Die deflationäre Denkweise setzt wieder ein, und Ueda macht keine gute Figur.
Hier eine kurze Zusammenfassung:
- Die Dienstleistungsinflation und das Lohnwachstum in Japan rechtfertigen keinen Kurswechsel der BoJ
- Trotzdem hat der JPY eine rasante Rallye hingelegt: Dafür sind zwei Faktoren verantwortlich:
- Eine globale Anleihenrallye, die die Renditedifferenzen aufzehrte
- Der Einbruch der Ölpreise, der für Japan als Nettoimporteur von Rohöl gut ist;
Das letzte Puzzlestück, das hier fehlt, ist die Auswirkung, die diese entscheidenden Entwicklungen Japans auf die globalen Anleihemärkte haben könnten.
Japan ist ein massiver Exporteur von Kapital: Japanische Investoren besitzen Billionen von US-Dollar an ausländischen Vermögenswerten und sind an den Treasury-Märkten sehr aktiv.
Was tun sie dort?
Japanische Investoren waren seit Ende 2021 nicht mehr aktiv an den Treasury-Märkten vertreten und verkauften 2022 in großem Umfang Bonds.
Jetzt kaufen sie wieder Staatsanleihen - warum?
Japanische Investoren, die ausländische Anleihen kaufen, müssen auch mit dem Währungsrisiko kalkulieren.
Um Treasuries zu kaufen, müssen sie JPY in USD tauschen, Anleihen kaufen und die Devisentransaktion irgendwann rückgängig machen.
Das bedeutet, dass das Verhältnis USD/JPY die Erfolgsrechnung ihrer Anleihetransaktionen stark beeinflussen wird.
Aus diesem Grund betrachten sie die Renditen von Staatsanleihen im Allgemeinen anders: Die orangefarbene Linie zeigt die 10-jährigen Renditen von Staatsanleihen aus der Sicht eines japanischen Anlegers, der das USD/JPY-Risiko für 12 Monate absichert, um sein Währungsrisiko für einen angemessenen Zeitraum unter Kontrolle zu haben.
Sie können die relativ enge Korrelation zwischen der Attraktivität von währungsgesicherten Staatsanleihen (orangefarbene Linie steigt = attraktiver) und den tatsächlichen Nettokäufen ausländischer Anleihen durch japanische Anleger (blaue Linie steigt = sie kaufen mehr) erkennen.
Im Jahr 2022 stiegen die Treasury-Renditen rapide an, die japanischen Anleger blieben diesem Markt aber fern, weil die Kosten einer Währungsabsicherung USD/JPY unerschwinglich waren.
Heute ist der Hedging-Markt günstiger, und die japanischen Anleger sind bereits wieder in den Treasury-Markt eingestiegen.
Die Fed hat mehr Einfluss auf die Absicherungskosten von USD/JPY als die BoJ, und wieder einmal sind es die globalen makroökonomischen Faktoren, die wichtiger sind als übertriebene Schlagzeilen über Japan an sich.
Achten Sie auf das Wachstum und die Inflation in den USA - achten Sie auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.
Passen Sie auf, dass sie den Wald nicht vor lauter Bäumen übersehen.