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Vorgestern hatte ich geschrieben, dass sich derzeit eine Wende im Anlegerverhalten abzeichnet. So werden Rücksetzer nicht mehr vollständig zurückgekauft, sondern Kurserholungen eher verkauft. Und das war auch nach Versand der vorgestrigen Börse-Intern wieder der Fall. Doch genau wie vorgestern, haben auch gestern wieder Inflationsdaten für etwas Entspannung und Kurserholungen gesorgt.#
So kam es in den USA bei den Importpreisen überraschend zu einem Rückgang. Statt eines erwarteten Anstiegs um 0,3 % zum Vormonat, gaben die Preise im Juli um 0,3 % nach. Das war das erste Minus seit Oktober 2020.
Dafür gibt es auch gute Gründe. Denn immer mehr zeichnen sich die längst bekannten Probleme, wie die Materialknappheit, auch in harten Wirtschaftsdaten ab. So wuchsen in China die Industrieproduktion und die Einzelhandelsumsätze im August jeweils so schwach wie seit rund einem Jahr nicht mehr. Die Betriebe steigerten ihre Erzeugung nur noch um 5,3 % zum Vorjahresmonat, wie aus den gestern veröffentlichten Daten des Statistikamtes hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit +5,8 % gerechnet, nach +6,4 % im Juli. Und die Einzelhändler konnten ihre Umsätze sogar „nur“ um 2,5 % steigern, während Experten hier im Durchschnitt von einem Anstieg um 7,0 % ausgingen.
Und in diesem Fall können Anleger scheinbar nicht auf die Hilfe der Notenbank hoffen. Denn erst in der vergangenen Woche hatte Chinas Notenbank (PBOC) die Erwartungen an neuerliche Konjunkturhilfen gedämpft. Der für Geldpolitik zuständige Abteilungsleiter Sun Guofeng sagte, Angebot und Nachfrage nach Liquidität dürften sich in den kommenden Monaten in etwa die Waage halten.
Und er sagte dies wohl auch vor dem Hintergrund, dass die POBC womöglich ebenfalls bald auf die Inflation achten muss. Denn die chinesischen Industriebetriebe haben ihre Preise im August wegen steigender Rohstoffkosten so stark angehoben wie seit August 2008 nicht mehr. Die Produzentenpreise legten um 9,5 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistikamt am Donnerstag vergangener Woche mitteilte.
Die Erzeugerpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation. Diese ist in China allerdings bislang noch gering. Und sie war zuletzt sogar erneut rückläufig (siehe auch Schwache Wirtschaftsdaten, starke Aktienkurse). Im August legten die Verbraucherpreise nur noch um 0,8 % im Jahresvergleich zu, was der inzwischen dritte Rückgang in Folge ist.
Jedenfalls schwächelt auch hierzulande die Konjunktur angesichts fehlender Vorprodukte. Laut dem Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) wird die Wirtschaft deswegen sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr deutlich langsamer wachsen als bislang angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte 2021 nur um 2,2 % zulegen. Im Juni war das IWH noch von +3,9 % ausgegangen. Und die Wachstumsprognose für das kommende Jahr wurde von 4,0 % auf 3,6 % gesenkt.
Kein Wunder also, dass die Aktienmärkte derzeit konsolidieren. Denn die sinkenden Wachstumserwartungen müssen irgendwie in die Kurse eingepreist werden. Entweder die Kurse laufen dabei auf dem hohen Niveau eine Weile seitwärts, so dass die neuen Erwartungen über den Zeitablauf eingearbeitet werden, oder die Kurse müssen nachgeben.
Der DAX läuft bereits seit geraumer Zeit seitwärts. So befindet er sich aktuell auf dem Niveau vom 1. Juni. Am Donnerstag vergangener Woche war es sogar nur das Niveau vom 16. April. Gegenüber meiner Analyse vom vergangenen Donnerstag und der Verfallstagsanalyse von Torsten Ewert hat sich charttechnisch nichts geändert.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
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