Sprott Asset Management rechnet mit deutlich steigenden Uranpreisen. Sprott CEO John Ciampaglia äußerte in der vergangenen Woche die Einschätzung, dass der Preis von aktuell knapp 80 USD pro Pfund in den kommenden 12-18 Monaten auf 100 USD und höher steigen dürfte. Der Sprott Physical Uranium Trust hält aktuell 62 Mio. Pfund des Brennstoffs.
Nicht ganz überraschend macht Ciampaglia einen Nachfrageüberhang für die steigenden Preise verantwortlich. So übersteige die aktuelle Nachfrage mit rund 180 Mio. Pfund das Angebot von 145 Mio. Pfund bereits deutlich. Bis 2040 soll die Urannachfrage auf rund 300 Mio. Pfund ansteigen.
Weltweit sind rund 60 Kernkraftwerke im Bau, weitere sind geplant. In vielen Ländern sind weitreichende politische Kehrtwenden im Hinblick auf den Umgang mit Nukleartechnologie zu beobachten. Eine wachsende Zahl von Regierungen sieht in AKWs einen möglichen Weg zur angestrebten Dekarbonisierung. Die Kraftwerke spielen als zuverlässige und unabhängige Backups für Wind- und Solarenergienetze ebenso eine Rolle wie für die Substitution von Öl- und Gaslieferungen aus als unsicher eingestuften Ländern.
"Sehr großes Angebotsdefizit um 2030"
Ciampaglia sieht den Markt bereits "aus dem Gleichgewicht geraten" und betonte, die Branche "kämpfe" um die Deckung der Nachfrage. "Um 2030 könnte es zu einem sehr großen Angebotsdefizit kommen, und deshalb beginnt der Preis für Uran offensichtlich zu steigen."
Die starke Nachfrage macht sich bemerkbar. Der Uranpreis ist in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 70 % angestiegen. Allein seit August – damals hatte eine moderate Korrektur stattgefunden – hat sich der Preis fast verdoppelt.
Die Preisentwicklung auf dem Rohstoffmarkt spiegelt sich längst in den Aktienkursen von Unternehmen mit Bezug zur Uranproduktion wider. Die Papiere von Cameco (NYSE:CCJ), NexGen Energy (NYSE:NXE) und Uranium Energy (NYSE:UEC) zum Beispiel befinden sich auf oder nahe ihrer Allzeithochs. Auch die Aktien von Denison Mines (NYSE:DNN) und Energy Fuels konnten deutlich zulegen.
Die Branche reagiert auf die steigende Nachfrage und setzt auf die Wiederinbetriebnahme von Minen, die während des langen Uran-Dornröschenschlafs stillgelegt worden waren. Boss Energy etwa plant, den Betrieb in Südaustralien noch 2023 wieder aufzunehmen. Paladin Energy will die Langer-Heinrich-Mine in Namibia Anfang nächsten Jahres wiedereröffnen. EnCore Energy arbeitet an der Wiederaufnahme der Produktion seiner Uranverarbeitungsanlagen in Rosita und Alta Mesa in Texas.
Diese Entwicklungen sind laut Ciampaglia "wirklich wichtig, weil es sich bei diesen Unternehmen oft um frühere Produzenten handelt". Es gebe mehr Dynamik als in anderen Sektoren des Bergbaus. "Man beginnt, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen, was den tatsächlichen Bau einiger neuer Minen in Kanada und anderswo angeht".
USA wollen globale Kernkraftkapazität verdreifachen
Doch die Nachfrage könnte noch stärker steigen als bislang gedacht. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg in der vergangenen Woche berichtete, planen die USA auf dem COP28-Klimagipfel einen Vorstoß zur Verdreifachung der weltweiten Kernenergiekapazität bis 2050. Demnach will Washington die Weltbank auffordern, die Kernenergie in ihre Kreditvergabepolitik aufzunehmen. Unterstützung kommt aus dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Schweden, Finnland und Südkorea.
Im Entwurf betonen die Befürworter die "Schlüsselrolle der Kernenergie bei der Erreichung globaler Kohlenstoffneutralität bis etwa zur Mitte des Jahrhunderts". Weiter heißt es: "Kernenergie ist bereits die zweitgrößte Quelle für sauberen, regelbaren Grundlaststrom, mit Vorteilen für die Energiesicherheit"- ein durch Befürworter der Kernenergie häufig vorgebrachtes Argument.
Sekundiert wurde jüngst in einem Bericht des US-Energieministeriums: "Mehrere Dekarbonisierungsmodellierungen auf Systemebene in den letzten zwei Jahren kamen zu dem Schluss, dass, insbesondere angesichts der Schätzungen für den Ausbau erneuerbarer Energien, die Einschränkungen durch den Übertragungsausbau und die Landnutzung berücksichtigen, bis 2050 ein erheblicher neuer Kernenergiebedarf erforderlich sein würde", hieß es dort.
Im Raum stehen laut dem Bericht 200 GW an neuer moderner Kernkraftwerkskapazität "als Richtwert dafür, was nötig wäre und erreichbar erscheint". Der Ausbau müsse jetzt erfolgen – ansonsten seien die Dekarbonisierungsziele nicht erreichbar. Der Bericht konstatiert auch, dass 200 GW an neuer Kernkapazität "eine Erweiterung der Brennstoffversorgungskette um 200–300 % erfordern würden" – also noch deutlich mehr als Sprott prognostiziert.