Die USA erlebten gestern den besten Nachwahl-Börsentag in der Geschichte des amerikanischen Aktienmarktes. Bereits im Vorfeld hatten die Märkte begonnen, einen Wahlsieg von Donald Trump zu antizipieren, kurz vor der Wahl wurden diese „Wetten“ aber wieder etwas zurückgenommen, so dass am eigentlichen Tag nach der Wahl noch genügend Pulver für die sogenannten Trump-Trades vorhanden war. Völlig unverständlich war für uns gestern der freundliche Auftakt der europäischen Aktien, die per Saldo nicht zu den Profiteuren einer „America first“-Politik gehören sollten. Entsprechend fielen die Europäer im Tagesverlauf wieder zurück. Vielleicht hatte man aber auch schon auf ein anderes politisches Ereignis gesetzt, das heute den Markt bewegt: Den Bruch der deutschen Ampelkoalition. Die Hoffnung, in absehbarer Zeit wieder eine handlungsfähige Politik in Deutschland zu haben, die das Land aus einer zweijährigen Rezession führen könnte, dürfte daher heute die deutschen Titel stützen.
Bei soviel Politik dürfte die anstehende Zinssenkung in des USA um 0,25 Prozentpunkte etwas in den Hintergrund treten, zumal hier auch keine Überraschungen erwartet werden.
In den USA zeichnet sich mit der Übernahme des Senats durch Trumps Republikaner die rote Welle ab, bei der die Partei des Präsidenten beide Kammern des Kongresses beherrscht, was den Trump-Trades gestern zusätzlichen Auftrieb gab. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Demokraten noch die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen könnten, wird auf unter fünf Prozent geschätzt. Auffällig ist aber auch, dass nach einem starken Start der US-Börsen (ETR:SXR4) die Aufwärtsdynamik schnell nachließ. Jetzt kommt die Detailarbeit, denn erst die Zeit wird zeigen, welche Vorhaben der neuen Regierung wie genau umgesetzt werden.
Gestern hatten wir unsere hochgewichtete US-Position leicht ausgebaut, während wir die Fehlsignale der europäischen Aktieneröffnung ignorierten.
Entgegen der Intuition scheinen heute asiatische Aktien, insbesondere chinesische, zuzulegen. Wir hatten kürzlich Positionen in chinesischen Festlandaktien, den sogenannten A-Shares, eröffnet.
Hier scheinen einerseits die von Trump angedrohten Strafzölle eingepreist zu sein, vor allem aber dürfte die Erwartung eines noch größeren Stimuluspakets der chinesischen Regierung nach dem Wahlsieg Trumps in den USA die Kurse beflügeln. So waren dann Immobilienaktien als Gewinner einer besseren chinesischen Binnenkonjunktur und potenzieller staatlicher Stützungsmaßnahmen gefragt, während Solartitel als mögliche Opfer von Strafzöllen verloren. Bei allem Getöse sollte man den Pragmatiker Trump nicht unterschätzen, der Strafzölle als Peitsche schwingt, um mit Zuckerbrot zu locken, wenn chinesische Konzerne Teile ihrer Produktion in die USA verlagern. Ähnliche Erwartungen zeichnen sich bereits in Europa ab. Aktien von Unternehmen, die einen nennenswerten Teil ihrer Produktion in den USA haben, waren gestern die Gewinner gegenüber reinen Exporteuren.
Nachdem in Europa lange die viel gescholtene Peripherie wie z.B. Spanien zu den Gewinnern gehörte, könnte nun zumindest Deutschland als Teil Kerneuropas wieder Boden gut machen. Die Neuwahlen sind absehbar, wir schauen auf MDAX und DAX.
Trotz der vielen Aktivität bewegt sich unser apano-Stimmungsindex nur wenig und legt um einen Punkt auf weiter neutrale 14 Punkte zu.