Seit einigen Tagen vertrete ich hier die Meinung, dass die globalen Investoren weitsichtig genug sind, um zu erkennen, dass wir nicht auf eine klassische Rezession zusteuern, sondern es sich um einen zeitlich befristeten Schock handelt. Diese Ansicht wurde in den Blogs der letzten Tage begründet. Dass aber die Börsianer so ein gigantisches Kursfeuerwerk abliefern wie gestern, hätte ich nicht erwartet. Dieser Kurssprung bringt nun die Anleger in Bedrängnis, die sich zuletzt aus den Aktienmärkten verabschiedet haben. Darunter waren auch viele große Adressen. Zudem wird nun wohl manchem Anleger bewusst, wie unglaublich zumindest optisch billig die Aktien derzeit sind. Es ist davon auszugehen, dass gestern die Regeln gedreht haben: nicht mehr „sell the heights“ sondern „buy the dip“ – mit anderen Worten: es wird ein Boden eingezogen, weil viele „draußen“ stehenden Investoren nun darauf hoffen, dass die Märkte wieder deutlicher zurück kommen, um dann wieder einsteigen zu können. Nachdem bereits Notenbanken und Regierungen mit ihrem entschlossenen Handeln die Börsen nach unten recht gut abgesichert hatten, dürfte deshalb das Verhalten dieser Investorengruppe nun eine zusätzliche Stütze bieten. Interessant ist es, konkret am Beispiel Japan zu sehen, wie mental robust die Anleger inzwischen mit der Lage umgehen: noch vor zwei Wochen hätte eine Verschiebung der Olympischen Spiele einen regionalen Crash ausgelöst. Jetzt aber ist der Nikkei 225 der erste für den apano-Stimmungsindex relevante Aktienmarkt, der keinen negativen Punktebeitrag mehr liefert. Natürlich ist es gefährlich, die Coronakrise bereits abzuhaken. Die April-Konjunkturdaten werden noch viel schlimmer ausfallen als der März war. Das gilt insbesondere für die USA, dort waren in der ersten Monatshälfte ja noch nahezu alle Betriebe geöffnet. Zudem wäre ein zu laxer Umgang mit dem Virus gefährlich, ein globales „zurück zum Normalzustand“ bereits vor Ende April ganz sicher verfrüht. Das gilt insbesondere dort, wo Covid-19 gerade erst seinen Vormarsch begonnen hat. Deshalb bleiben letzte Restzweifel: sind die Investoren vielleicht nur deshalb plötzlich so mutig, weil sie jetzt auf dieses (zu) frühe Ende der Beschränkungen hoffen? Falls das der Fall ist, könnte es zu Enttäuschungen kommen. Ein drastischer Anstieg der Fallzahlen könnte insbesondere in den USA einen einsichtigeren Umgang mit dem Virus erzwingen und den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Wiederauferstehung um teure 4-6 Wochen verschieben.