Wird hierzulande eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt, endet diese in der Regel nach 15 Jahren, bei guter Führung sogar nochmals früher. In besonders schweren Fällen – vorwiegend bei bereits mehrfach verurteilten Wiederholungs- respektive Intensivtätern – kann vom Gericht noch eine anschließende Sicherheitsverwahrung angeordnet werden, die für weitere zehn Jahre gilt und gegebenenfalls noch weiter ausgedehnt werden kann. Anders gestaltet sich dies in anderen Ländern der Welt, wo teils Urteile ausgesprochen werden, die so umfangreiche Gefängnisstrafen festlegen, dass man hier tatsächlich von einer lebenslangen Freiheitsstrafe sprechen kann. Eine solche droht nun auch dem ehemaligen Betreiber der Krypto-Handelsplattform FTX Samuel Bankman-Fried (SBF), der unter anderem aufgrund von Finanzbetrug und Geldwäsche zu einer Haftstrafe in Höhe von 115 Jahren verurteilt werden könnte. Der Prozess gegen SBF startet in diesem Oktober. Nochmals einen drauf setzt hier die türkische Justiz: Der ehemalige CEO der Krypto-Börse Thodex, die im Jahr 2021 zusammenbrach und Nutzer-Vermögenswerte in Milliardenhöhe „verschwinden“ ließ, wurde nun zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 196 Jahren, zehn Monaten und 15 Tagen verurteilt.
Faruk Fatih Özer und zwei seiner Geschwister wurden von einem türkischen Gericht kürzlich verurteilt; der ihnen vorgeworfene Tatbestand: Die „Gründung, Leitung und Mitgliedschaft [in] einer Organisation“, welche im direkten Zusammenhang mit „vorsätzlichem Betrug“ und in diesem Zuge der „Geldwäsche von Vermögenswerten“ stehen soll. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Agency berichtet, kommen zur durchaus umfangreichen Freiheitsstrafe noch Strafzahlungen in Höhe von rund $5 Millionen auf das Trio zu. Doch was war eigentlich passiert?
Auf der Flucht in Albanien festgesetzt
Der 28-jährige Özer und seine Brüder betrieben bis zum Jahr 2021 mit Thodex eine der umsatzstärksten Krypto-Handelsplattformen der Türkei, 2021 brach die Börse dann abrupt zusammen. Ohne vorherige Ankündigungen oder sonstige Kommunikation in Richtung der Nutzer wurden die Dienste der Plattform eingestellt – und wie aus der Anklageschrift hervorgeht, soll sich der Gründer in der Folge mit Nutzer-Assets in Höhe von rund $2 Milliarden abgesetzt, sprich: das Land verlassen haben. Özer stritt in der Folge ab, dass es sich beim „Zusammenbruch“ der Börse um einen sogenannten Exit-Scam gehandelt habe. Im August 2022 wurde der Flüchtige jedenfalls in Albanien festgenommen und im April dieses Jahres in die Türkei ausgeliefert. Dort saß er seither wegen der Nichteinreichung von Steuerunterlagen hinter schwedischen Gardinen, ehe nun das Urteil im „Hauptprozess“ gesprochen wurde.
„Ich bin klug genug, um alle Institutionen der Welt zu leiten“
Vor Gericht gab Özer zu verstehen, dass es sich bei Thodex lediglich um ein Pleite gegangenes Krypto-Unternehmen handelte, kriminelle Absichten seien hier zu keinem Zeitpunkt gehegt worden, und weiter: „Ich bin klug genug, um alle Institutionen der Welt zu leiten. Das zeigt sich an dem Unternehmen, das ich im Alter von 22 Jahren gegründet habe. Wenn ich eine kriminelle Organisation gründen würde, würde ich nicht so dilettantisch vorgehen. Was vielmehr in Frage steht, ist, ob nicht die Angeklagten in dem Fall seit mehr als zwei Jahren die eigentlichen Opfer sind“. Nun ja, ob ihn diese Aussagen unbedingt in einem besseren Licht erscheinen ließen, darf zumindest angezweifelt werden.
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