Im Juni hatte die norwegische Regierung einen Vorschlag zum Ausbau des Tiefseebergbaus eingebracht. Die Mitte-Links-Minderheitsregierung des Landes und zwei große Oppositionsparteien unterstützten am Dienstag nun den Vorstoß für die Suche nach Rohstoffen auf dem norwegischen Festlandsockel.
Norwegens Tiefseebergbau könnte 38 Mio. t Kupfer heben
Nach Angaben des norwegischen Ministeriums für Erdöl und Energie befinden sich auf 280.000 km² entlang des Mittelatlantischen Rückens aus der Erdkruste entspringende vulkanische Quellen. Schätzungen taxieren deren Kupfergehalt auf 38 Millionen t – deutlich mehr als die aktuelle weltweite Jahresproduktion.
Doch nicht nur Kupfer lagert tief unter der Meeresoberfläche. Die Regierung hatte eine Untersuchung gefördert, bei der auch Seltenerdelemente in polymetallischen Sulfiden oder sogenannten "schwarzen Rauchern" in einer Tiefe von fast 3.000 Metern gefunden wurden.
Der Tiefseebergbau verspricht Zugriff auf große Mengen der Rohstoffe, nach denen die Nachfrage in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich steigen wird. So schätzt die Internationale Energieagentur (IEA), dass die Nachfrage nach Kupfer und Seltenen Erden um 40 % steigen wird. Außerdem rechnet die Agentur damit, dass die Nachfrage nach Nickel, Kobalt und Lithium um 60 %, 70 % bzw. 90 % anzieht.
Debatte und Abstimmung im Parlament über den durch die Abgeordneten geänderten Vorschlag der Regierung werden für den 4. Januar erwartet. Im nun vorliegenden Entwurf sind strengere Umweltanforderungen in der Explorationsphase vorgesehen als im ursprünglichen Vorschlag der Regierung.
Warten auf Internationale Meeresbodenbehörde nicht notwendig
Da die Rohstoffe auf den Festlandsockel abgebaut werden sollen, muss Norwegen nicht auf die Verabschiedung internationaler Regelungen für den Tiefseebergbau warten. Mit dem Abbau des Meeresbodens in Gebieten außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit kann erst dann begonnen werden, wenn die Internationale Meeresbodenbehörde über ein Regelwerk entscheidet.
Allerdings warnen Analysten vor anderen rechtlichen Unklarheiten. Norwegen will in der Nähe seiner arktischen Inseln in der Barentssee und der Grönlandsee nach Rohstoffen suchen und beansprucht das alleinige Recht zum Bergbau für dieses Gebiet. Dieser Anspruch wird jedoch durch Russland, die EU und die USA bestritten.
Bård Ludvig Thorheim, ein Abgeordneter der größten Oppositionskonservativen, betonte die Bedeutung des Schritts für die globale Energiewende. "Die erneuerbaren grünen Industrien basieren auf Mineralien. Dies ist international ein wichtiger Beitrag".
Kritik von Umweltschützern
Damit will er auch der Kritik von Umweltgruppen und Fischereiindustrie entgegentreten. Die ließ nicht lange auf sich warten. Norwegens Greenpeace-Chef Frode Pleym bezeichnete die Entscheidung als "Katastrophe für das Meer". Der Abbau finde in der "letzten Wildnis" des Landes statt.
"Wir wissen nicht, welche Folgen das für die Ökosysteme im Meer, für gefährdete Arten wie Wale und Seevögel oder für die Fischbestände, von denen wir leben, haben wird", kritisierte er.
In dieselbe Kerbe schlug die norwegische WWF Geschäftsführerin Karoline Andaur, die die Entscheidung als "größte Schande in der norwegischen Bewirtschaftung der Ozeane in der Neuzeit" und "letzten Sargnagel für Norwegens Ruf als verantwortungsvolle Seefahrtsnation" bezeichnete.
Gegen den Tiefseebergbau gibt es durchaus Vorbehalte. Erst vor wenigen Wochen sprach sich Fortescue Metals CEO Andrew Forrest für eine Pause beim Tiefseebergbau aus. So will die durch Forrest und seine Frau Nicola finanzierte Minderoo Foundation Beweise dafür abwarten, dass Schäden an der Umwelt verhindert werden können.
Kanada hatte sich im Sommer für ein Moratorium beim kommerziellen Meeresbodenbergbau in Gebieten außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeiten ausgesprochen. Es mangele an einem "umfassenden Verständnis der Umweltauswirkungen und einem robusten Regulierungssystem".
Neuseeland wägt Risiken und Vorteile des Tiefseebergbaus gegeneinander ab und prüft eine nationale Regulierung. "Bedenken hinsichtlich der Umweltauswirkungen des Meeresbodenabbaus müssen berücksichtigt werden, ebenso wie die potenzielle Rolle, die die durch den Meeresbodenabbau gewonnenen Mineralien beim Übergang Neuseelands zu einer dekarbonisierten Wirtschaft spielen könnten", hatte Umweltminister David Parker im Frühjahr kommentiert.