In der letzten Dezemberwoche habe ich meine Twitter-Follower nach ihren Erwartungen für die Märkte und die Wirtschaft im Jahr 2024 befragt. Die Ergebnisse waren recht interessant, aber bevor wir nach vorne schauen, sollten wir einen Blick zurück auf das Jahr 2023 werfen, um den Kontext zu verstehen.
Das vergangene Jahr verlief nicht so, wie es die meisten Ökonomen und Analysten vorhergesagt hatten.
Zu Beginn des letzten Jahres herrschten ausgeprägte Erwartungen für eine Rezession und negative Marktrenditen vor. Die folgende Tabelle zeigt einige wichtige Ereignisse und Marktreaktionen des vergangenen Jahres in Bezug auf den S&P 500. Von jedem dieser Ereignisse wurde erwartet, dass es den Markt empfindlich durcheinander bringen würde.
Trotz höherer Leitzinsen, steigender Renditen, Bankenpleiten und fiskalischer Probleme folgte der Markt jedoch weitgehend dem saisonalen Muster eines Vorwahljahres.
Die Korrektur im Sommer weckte zwar die Bären aus ihrem Winterschlaf, aber zum Jahresende hatten die Bullen das Ruder wieder fest in der Hand. Das folgende Schaubild zeigt die Entwicklung des kombinierten Sentiment-Index (Profi- und Privatanleger) im Vergleich zum S&P 500.
Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass das Jahr 2023 alle Erwartungen übertroffen hat. Aber was denken die Investoren Anfang 2024 über den Markt und die Wirtschaft?
Twitter-Umfrage: Erwartungen für das Jahr 2024
Nachdem der S&P 500 das Jahr 2023 mit einem Plus von 24 % gegenüber dem Jahresanfang beendet hat, glauben 42 % der Befragten, dass das Börsenjahr 2024 unter dem letzten Jahresschluss von 4.769 enden wird.
Unterteilt man jedoch die Spanne von 4.600 bis 5.000, so erwarten etwa 50 %, dass das Jahr niedriger ausfallen wird. Interessanterweise erwarten 24 % der Teilnehmer für 2024 Renditen, die über dem Marktkonsens von 5.200 liegen.
Damit der Markt diese Renditen erzielen kann, muss die Wirtschaft zunächst eine Rezession vermeiden. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession schätzen 45 % der Befragten auf über 50 %, 13,6 % sogar auf 100 %.
Genau hier liegt das Problem dieser Sichtweise. Bei einem Konjunkturabschwung muss der Markt die Unternehmensgewinne aufgrund des langsameren Wirtschaftswachstums neu bewerten.
In Anbetracht der Tatsache, dass 2023 ein Jahr mit einer Ausweitung der Multiples war, besteht daher ein erheblicher Spielraum für eine Neubewertung der Unternehmensgewinne im Falle einer Rezession.
Die zuletzt eingetrübten Konjunkturdaten lassen die optimistischere Marktsicht mit weiter sinkenden Gewinnschätzungen problematisch erscheinen.
Im Anschluss an die Frage nach den Rezessionserwartungen habe ich das reale (inflationsbereinigte) BIP-Wachstum angesprochen. 40,2 % der Teilnehmer erwarten, dass die Wirtschaft eine Rezession vermeiden, aber nur ein Wachstum von weniger als 2 % erreichen wird. Lediglich 28 % erwarten eine Rezession.
Auch hier sind die aktuellen Schätzungen problematisch, wenn man bedenkt, dass Unternehmensgewinne das Ergebnis wirtschaftlicher Aktivität sind.
Das gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Schätzungen für das Gewinnwachstum im Jahr 2024 im Vergleich zu historischen Normen sehr hoch sind.
Da die Bewertungen gestiegen sind und die Unternehmensgewinne nicht mit den Kurssteigerungen mithalten können, steigt das Risiko einer Kurskorrektur, falls die Unternehmensgewinne hinter den aktuellen Erwartungen zurückbleiben.
Wie könnten die Unternehmensgewinne unter Druck geraten? In erster Linie durch eine Verlangsamung der Konjunktur, die durch höhere Inflation, Arbeitslosigkeit und Zinsen belastet würde.
Steigende Zinsen, Arbeitslosigkeit und Inflation
Noch interessanter war die Umfrage für das Jahr 2024, in der explizit nach den fundamentalen Faktoren der Wirtschaft gefragt wurde. So glauben über 68 % der Befragten, dass die Arbeitslosenquote in diesem Jahr auf über 4% steigen wird.
Mit dem starken Rückgang der Vollzeitbeschäftigung im BLS-Beschäftigungsbericht vom letzten Freitag gibt es sicherlich einige Anzeichen, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern könnte. (Dazu am Freitag mehr).
Wenn jedoch ein Rückgang der Beschäftigung erwartet wird, werden höhere Inflationsraten sehr viel unwahrscheinlicher.
Grund dafür ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, das die Beschäftigung im Laufe der Zeit beeinflusst. Somit dürften die 65 % der Befragten, die für 2024 eine Inflation von über 3 % erwarten, enttäuscht werden.
Eine weitere Diskrepanz, die sich in der Umfrage zeigte, betraf die Zinserwartungen. Auch hier gehen die meisten Umfrageteilnehmer davon aus, dass die Zinsen steigen werden.
Das Problem ist hier die starke Korrelation zwischen Inflation, Zinssätzen, Löhnen und Wirtschaftswachstum.
"Sinkende Inflationsraten, Zinssätze und höhere Löhne stützen die Wirtschaft. Der zusammengesetzte Index aus Löhnen, Inflation und Zinssätzen liegt weiterhin deutlich über dem Trend nach der Finanzkrise.
Dieser Trend kehrt sich zwar um, was mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum einhergeht, liegt aber nicht einmal in der Nähe der Werte, die auf eine wirtschaftliche Rezession hindeuten."
Auch wenn sich der Indikator noch nicht in der Nähe von Rezessionsniveaus befindet, verlangsamt er sich doch. Wie bereits erwähnt, wird sich diese Verlangsamung bei einer Korrelation von 87 % mit dem Wirtschaftswachstum letztlich in niedrigeren Zinssätzen und einer niedrigeren Inflation niederschlagen.
Fazit
Da die Umfragen im Laufe einer Woche durchgeführt wurden, waren die Teilnehmer nicht dieselben. Daraus erklärt sich die Vielfalt der Antworten in der Umfrage.
Obwohl man aus diesen Umfragen keine Schlüsse ziehen sollte, sind die Antworten auf jeden Fall interessant. Insgesamt sind die meisten Teilnehmer für das kommende Jahr eher pessimistisch, was die Märkte und die Wirtschaft angeht.
Das war auch im letzten Jahr so, und die Märkte haben sich diesen Erwartungen widersetzt.
Das Wichtigste ist jedoch, dass die Wirtschaft nicht schwächer werden darf, während gleichzeitig die Inflation und die Zinsen steigen. Schwächt sich der Arbeitsmarkt ab, wie es den Anschein hat, besteht die reale Gefahr eines langsameren Wirtschaftswachstums, niedrigerer Zinsen und einer weiteren Abkühlung der Inflation.
Sollte dieser Fall eintreten, sind die Erwartungen für das Gewinnwachstum in diesem Jahr nach wie vor hoch, auch wenn sie bereits nach unten korrigiert wurden.
Das könnte zu Enttäuschungen bei den Anlegern und zu einer Neubewertung der Märkte führen, die den reduzierten Bewertungsannahmen entspricht.
Wir wissen nicht, wie sich das Jahr 2024 letztlich entwickeln wird, aber es besteht das Risiko, dass die Märkte den eher rückläufigen Erwartungen erneut trotzen, in der Hoffnung, dass die Fed mit einer akkommodierenden Geldpolitik jedes Risiko abfedern wird.
Vielleicht ist 2024 auch das Jahr, in dem die "Bären" richtig liegen.
Was können wir tun? Wir können nur auf Veränderungen der Daten achten, unsere Risiken kontrollieren und bereit sein, unsere Meinung gegebenenfalls zu korrigieren.