1) ISIS verliert Öleinnahmen
Darf man irakischen Berichten glauben schenken, so sind die Einnahmen von ISIS aus dem Ölexport deutliche gesunken. Bevor der Islamische Staat die Kontrolle über die Ölfelder nahe Tikrit verloren hatte, beliefen sich seine Einnahmen aus dem Ölgeschäft auf geschätzte 20 Millionen USD im Monat. Nahezu 80 Öllaster von ISIS wurden zudem in US-geführten Luftangriffen gegen das Schmuggelnetzwerk der Organisation zerstört. Die syrische Armee und kurdische Kräfte haben zudem einige strategische Punkte entlang von wichtigen Ölpipelines erobern können, die zuvor der ISIS in die Hände gefallen waren. Die gegenwärtige Strategie, die die Öleinnahmen der Terrororganisation im Visier hat, scheint also zumindest im Irak Früchte zu tragen. In Libyen hingegen breitet sich die ISIS weiter aus und bedroht die Ölfelder in dem Land. Ende 2014 kontrollierte die Organisation Ölvorkommen, die es ihr erlaubten bis zu 75.000 Fass Öl am Tag zu fördern. Seitdem hat sich die Menge vermindert, genau wie die Transportkapazitäten von ISIS. In welchem Maße dies gelungen ist, ist allerdings unklar.
2) Könnte Öl die künftige Unabhängigkeit Kurdistans sichern?
Die Kurden haben keinen eigenen unabhängigen Staat, aber es wird weithin diskutiert, ob ein solcher aus der allgemeinen Destabilisierung der Region entstehen könnte. Der Erfolg eines unabhängigen Kurdistans würde zum großen Teil von seinem Zugang zum Öl abhängen. Im Juni 2014, kurz nachdem ISIS die Kontrolle über Tikrit und anliegende Gebiete in Syrien übernommen hatte, bemächtigte sich die kurdische Regionalregierung der wichtigen Ölfelder im Norden Iraks (besonders rund um die Stadt Kirkuk), die vorher von der irakische Regierung kontrolliert worden waren. Als Bagdad die Kurden aufforderte das Öl und die Stadt wieder unter Kontrolle der Zentralregierung zu stellen, verweigerten die Kurden dies und hielten die Stadt gegen die vorrückenden Kräfte der ISIS. In letzter Zeit scheinen die Kurden in diesem Kampf die Oberhand zu gewinnen. Kontrolle über diese Ölfelder würde einem unabhängigen Kurdistan ein umfassende Ölindustrie geben. Es gibt Berichte denen nach in dem Gebiet, welches die Kurden derzeit kontrollieren, möglicherweise 50 Millionen Fass an erwiesenen Ölreserven, 80 Millionen Fass an vermuteten Reserven und 8-10 Billionen Kubikmeter an Erdgas schlummern. Wenn die über die Zukunft des Iraks nach einer Zerschlagung der ISIS entschieden wird, hätte die kurdische Regionalregierung die Region fest im Griff, dank der eigenen Militärpräsenz und den Einnahmen aus dem heimischen Öl. So wie es derzeit aussieht, haben die Kurden das von ihnen kontrollierte Gebiet und ihre für die Unabhängigkeit notwendigen Ressourcen erheblich vergrößert. Sollten sie die Kontrolle behalten, könnte ein unabhängiges Kurdistan ein ölreiches Land werden.
3) Erdgas führt zu einer Annäherung zwischen Ägypten und Israel
Unterdessen gewinnt die Entwicklung von Erdgasvorkommen im Mittelmeer an Fahrt, wobei Ägypten und Israel zusammenarbeiten, um die Region in ein Zentrum der Gasindustrie zu entwickeln. Ägypten hat vor kurzem erhebliche Investitionszusagen von der italienischen ENI SpA (MI:ENI) erhalten, um die Gasförderung in dem im Meer liegenden Gasfeld Zohr auszubauen. Energieunternehmen gehen nun nach erheblichen gerichtlichen Verzögerungen daran, das Leviathan-Gasfeld vor der israelische Küste auszubeuten. Im nahegelegenen Tamar-Feld wird seit 2013 gefördert und es gibt neue Berichte, denen nach Tamar mehr als 1 Milliarde Kubikfuß an Gas am Tag produzieren könnte, wenn es in 2017 seine höchste Förderung erreichen wird. Daneben sollen bis dahin auch über 1.000 Fass an Kondensat am Tag gefördert werden. Im Leviathan-Feld soll ab 2019 gefördert werden. Die Spitzenproduktion wird auf 2,1 Milliarden Kubikfuß geschätzt. Das Gasfeld sollte die heikle Treibstoffsituation in Israel grundlegend verändern, da es genügend Gas bereitstellt, um die israelische Stromversorgung zu sichern und sogar noch einen Überschuss für den Export nach Ägypten liefern sollte.
Israel und Ägypten waren sogar in der Lage eine versandeten 10 Milliarden Dollar Deal zwischen Ägypten und Noble Energy (NYSE:NBL), welche einen 40 prozentigen Anteil am Leviathan-Feld hält, wiederzubeleben. Ägypten hatte gedroht den Deal ins Wasser fallen zu lassen, nachdem ein internationales Gericht das Land zu einer Strafzahlung von 1,73 Milliarden USD an Israel verdonnert hatte, da es in 2012 einseitig seine Erdgasexporte nach Israel eingestellt hatte. Im Mai hatte Israel jedoch akzeptiert, im Gegenzug für die Wiederbelebung des Gasdeals mit Noble, nur die Hälfte der Strafgelder einzufordern.
4) Nach Putschversuch treiben die Türkei und Russland ihr Pipeline-Projekt voran
Bevor die Türkei im November 2015 ein russisches Kampfflugzeug nahe Syrien abgeschossen hatte, befanden sich die beiden Länder in fortgeschrittenen Verhandlungen über den Bau einer neuen Gaspipeline (Turkstream), um russisches Erdgas nach Europa zu transportieren. Diese Pipeline würde durch das Schwarze Meer und die Türkei laufen, bevor sie in Ipsala, einer griechischen Stadt an der türkischen Grenze, endet. TurkStream ist ein wichtiger Bestandteil von Russlands Strategie, seine europäischen Kunden von einer Umstellung auf andere Lieferanten von Erdgas abzuhalten. Seit dem gescheiterten Coup im letzten Monat versucht Erdogan seine Probleme mit Russland auszuräumen. TurkStream spielt in diesen Gesprächen eine gewichtige Rolle. Sollten die Verhandlungen erfolgreich sein, dann könnte die Pipeline schon bis 2019 fertiggestellt werden, womit sich Europas Abhängigkeit von russischen Energielieferungen verfestigen dürfte.
Analyse von Ellen R. Wald, Ph.D. aus dem Englischen übersetzt