Warum Trump mit den Handelszöllen zögert

Veröffentlicht am 21.01.2025, 06:52

Bekanntermaßen ist es eines der Kernelemente von Donald Trumps heute angetretener Präsidentschaft- die Zölle. Im Laufe des heutigen Amtsantritts erwarteten viele Beobachter, dass Trump seinen Ankündigungen, schon am ersten Tag fundamentale Reformen auf den Weg zu bringen, gerecht wird. Noch vor einigen Monaten hieß es, er würde den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden nach seinem Amtsantritt beenden- diese Zeitspanne revidierte er vor einigen Wochen auf 6 Monate nach hinten. Schon hier wird klar, dass nicht alles, was er von sich gibt, auf die Goldwaage gelegt werden sollte. Trotz des Bewusstseins über Trumps manchmal übertriebene Darstellung seiner Pläne rechneten die meisten damit, eine seiner ersten Handlungen werde das Erheben der Handelszölle. Was ist passiert?

Welche Executive Orders stehen am ersten Tag an?

Bevor wir uns den vermeintlichen Gründen des auf einen späteren Zeitpunkt verschobenen Handelszoll-Inkrafttretens widmen, blicken wir kurz auf die für heute geplanten Executive Orders. Unter jenen befinden sich sieben zentrale Aussagen:


Quelle: @amitisinvesting / X

1. Bereits geschehen, ist die Ankündigung eines „Nationalen Notstand“ an der Südgrenze zu Mexico. Dort soll zunächst ein verstärktes Sicherheitsaufkommen positioniert werden.

2. Zudem bezeichnet Trump Kartelle als „ausländische Terrororganisationen“, womit er seine Aussagen aus dem Wahlkampf stützt, gegen unrechtsmäßige Geschäftspraktiken sowie Betrugsfälle verstärkt vorgehen zu wollen.

3. Deutlich interessanter ist der Ausruf eines „Energie-Notstandes“. Die hohen Energiekosten bezichtigt Trump nämlich als Grund für die Inflation- somit betont er, den „Green New Deal“ nicht weiter zu verfolgen und nun auf Öl und Gas zu setzen.


Quelle: @CBSNews / X

4. Die Einführung des „External Revenue Service“ sowie des „Department of Government Efficiency“ waren allerseits bekannt und unterstreichen einmal mehr, dass Trump nicht von seinen grundlegenden Plänen abweichen wird. Die Bekanntgabe des „External Revenue Service“ ist demnach ein Beleg, dass es sich bei der Einführung von Handelszöllen lediglich um eine temporäre Verzögerung handelt.

5. Neben der These, er möchte gegen jegliche Form von Zensierung und Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgehen, verkündet Donald Trump zu guter Letzt noch, dass es ab sofort nur noch zwei Geschlechter gäbe- Mann und Frau. Das ist nicht überraschend, dürfte jedoch zweifellos nichts an weiteren hitzigen Debatten über Geschlechter-Diversität ändern.


Quelle: @GlobeEyeNews / X

Aber warum zögert Trump mit den Zöllen?

Die einfache und vermutlich plausibelste Begründung wäre: Trump führt keine Sofortmaßnahmen an den ersten ein bis zwei Tagen durch, da er die ersten Schlagzeilen positiv gestalten möchte. Aber schaut man sich die Person Donald Trumps an, stellt sich die Frage: Seit wann interessiert es ihn, einen positiven Eindruck zu machen?

Vergangene Woche veröffentlichte Reuters einen Beitrag über angedrohte Gegenmaßnahmen seitens Kanada im Wert von bis zu 150 Milliarden CAD, falls die USA unter Donald Trump Zölle auf kanadische Waren und Dienstleistungen einführe. Im Raum stünden beispielsweise Zölle auf Produkte wie Orangensaft aus Florida. Die genaue Reaktion hänge jedoch von Trumps Maßnahmen ab.

Der Kontext besteht darin, dass Trump angeblich plant 25%- Zölle auf kanadische Importe zu erheben, um die Grenzsicherheit zu verschärfen und die Bekämpfung von Schmuggel zu bewegen. Da 75 % der kanadischen Exporte in die USA gehen, wären die Auswirkungen der Gegenmaßnahmen für die USA erheblich.

Nun schauen wir nochmals auf Punkt 3 der heute angedachten Executive Orders. Denn der Ausruf des „Energie-Notstandes“ und den strukturellen Wechsel hinzu fossilen Brennstoffen impliziert auch eine notwendige Verfügbarkeit dieser Energieträger.


Quelle: EIA

Die jährlichen Rohöl-Importe der USA haben sich seit Aufzeichnungsbeginn stetig abhängiger von Kanada gemacht. Im Jahr 2023 machten die Rohölimporte aus Kanada schon mehr als die Hälfte aus.


Quelle: Reuters

„Canada obviously matters a lot, and there’s a lot of two-way trade,“ sagte Josh Young, Chief Investment Officer der in Houston, Texas, ansässigen Investmentfirma Bison Interests Anfang des Jahres.

Wilkinson, der kanadische Energy and Natural Resources Minister, sagte am vergangene Donnerstag: „Canada was looking at points of leverage that will create maximum pressure on the United States to come to table to find a resolution to the tariff issue.“ Diese Nachricht dürfte nun auch Donald Trump überbracht bekommen haben.

Wie dürfte es nun weitergehen?

Es sollte eigentlich offensichtlich sein, dass der temporäre „Rückzieher“ Trumps nicht auf Vorsicht fundiert, sondern eher aufgrund rationalen Risikomanagements vollzogen wurde. Besonders die Drohungen von Kanada dürften hierbei eine große Rolle spielen, weshalb sich auch der Rest der Welt zumindest für die nächsten Stunden dem Fadenkreuz entziehen konnte. Das wird aber sicherlich nicht lange anhalten.


Quelle Goldman Sachs (NYSE:GS) Research

Goldman Sachs rechnet in der ersten Woche bis zum ersten Monat mit Zollmaßnahmen gegen China, wobei sie von einem durchschnittlichen Anstieg der Zölle um 20 Prozentpunkte ausgehen. Hierbei soll es wie schon bekannt zu Spitzenwerten von bis zu 60 % für Nicht-Konsumgüter kommen. Global könnten Zölle auf alle Importe folgen, mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit von 40 %, wobei der Schwerpunkt auf spezifischen Kategorien liegt. Für 2024 wird prognostiziert, dass Trump eine Zollpolitik mit Universalzöllen von 10-20 % auf alle Importe fahren wird. An dem mittel- bis langfristigen Plan dürfte sich also nach wie vor nichts ändern- so weit, so gut.

Es ist allgemein umstritten, ob die Zölle wirklich zu einer wirtschaftlichen Stärkung der USA führen werden. Besonders in Anbetracht der Auswirkungen, welche Gegenzölle verursachen können. Ohne aber in puncto möglicher Szenarien viel zu spekulieren, steht eines fest: Die Zölle werden kommen und Trump dürfte sich dabei nicht allzu viel Zeit lassen. Denn mit den angedachten Deregulierungen und durch die angekündigten Unternehmenssteuersenkungen ist der ohnehin schon stark verschuldete Fiskus in einer absolut defizitären Lage. Der Plan von Trump ist natürlich die wegfallenden Staatseinnahmen mit den Zolleinnahmen gegen zu finanzieren oder sogar zu überkompensieren.

Fazit

Der heutige Amtseintritt von Donald Trump ist keinesfalls von einem Zeichen der Schwäche geprägt- im Gegenteil. Vieles, was er angekündigt hat, wird er schnell umsetzen. Jedoch sind Handelsbeziehungen und wirtschaftspolitische Maßnahmen auch für die USA kein unilaterales Spiel, welches alleinig Schäden auf der Gegnerseite verursacht. Das weiß auch der neue US-Präsident. Es dürfte spannend werden, wie sich Trump gegenüber möglichen Gegenmaßnahmen verhalten wird und ob er versucht, seine „Deal-Maker“-Fähigkeiten eher vor oder nach der Erhebung von Handelszöllen oder anderen global betreffenden Maßnahmen auszuspielen.

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