Mit Ausscheiden von Bundesbankpräsident Weidmann verliert der EZB-Rat eine mahnende Stimme gegen die zunehmenden Inflationsrisiken. EZB-Präsidentin Christine Lagarde muss sich entscheiden, ob sie Weidmanns hawkisher Linie folgen und damit das Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP zurückfahren, oder ob sie lieber der Mehrheit im EZB-Rat folgt und weiter am PEPP festhalten wird. So oder so: Von Zinserhöhungen ist Europa weit entfernt. Damit wird sich auch die Gefahr einer weiter zunehmenden Inflation verfestigen und könnte den Euro in starke Bedrängnis bringen.
In den USA scheint man die Inflationssorgen ernster zu nehmen. Auch hier stehen Anleihenankaufprogramme zunächst möglichen Zinserhöhungen im Weg. Doch im Unterschied zur EZB ist man gewillt, das Notfallprogramm schneller zu beenden, um den Weg frei für erste Zinserhöhungen zu machen. Da aber andererseits die Corona-Sorgen nach wie vor nicht aus dem Weg geräumt sind, besteht die Gefahr, dass die USA ins offene Messer läuft und das Pflänzchen der Konjunktur im Keim erstickt wird.
Ganz anders sieht es in Norwegen aus: Die norwegische Zentralbank hat eine deutlich optimistischere Sichtweise auf die Wirtschaft. Der bereits angehobene Zins wird daher vermutlich ein weiteres Mal nach oben korrigiert werden können. Die norwegische Krone rückt damit auch in das Interesse vieler Anleger.
Auch in Großbritannien treffen sich die Gremien der Bank of England. In London scheint man die Entwicklungen in Frankfurt und Washington genau im Blick zu haben. Ursprünglich hatte die Bank of England an der hawkishen Linie der Fed Gefallen gefunden, denn auch Großbritannien kämpft mit steigenden Inflationsraten, weshalb die Zentralbanker mit Zinserhöhungen liebäugeln. Doch die jüngsten wirtschaftlichen Rückschläge vor dem Hintergrund von Omikron und den anhaltenden Personal- und Lieferengpässen mahnen zur Vorsicht. Eine allzu voreilige Zinserhöhung könnte eine Stagflation heraufbeschwören. Das muss die Bank of England unbedingt vermeiden