Zinssenkung der Fed könnte bald kommen, aber nicht heute

Veröffentlicht am 19.03.2025, 18:58

Die jüngsten Turbulenzen rund um Zölle und die damit verbundene Angst vor einem weltweiten Handelskrieg machen der US-Notenbank (Fed) das Leben derzeit alles andere als leicht. Schon ohne diese Entwicklungen war es kompliziert genug, den richtigen Zeitpunkt und das passende Ausmaß für Zinsschritte zu wählen. Jetzt aber muss die Fed auch noch einpreisen, wie die Politik des Weißen Hauses künftig aussehen wird – und wie sie das Wirtschaftswachstum und die Inflation beeinflusst. Angesichts dieser Gemengelage kommt die etwas grobe Stellschraube namens Leitzins an ihre Grenzen.

Der heutige Tag ist besonders brisant, denn um 19 Uhr deutscher Zeit wird die Fed ihre aktuelle Zinsentscheidung bekannt geben. Ex-Finanzminister Larry Summers schrieb kürzlich, die Kombination aus höheren Importpreisen und dem Druck auf Arbeitsplätze, den Zölle verursachen, stelle für eine Zentralbank so ziemlich das komplizierteste Szenario dar. Mit anderen Worten: Die Fed sitzt zwischen allen Stühlen. Was tun, wenn Zölle einerseits die Inflation treiben und andererseits in manchen Branchen zu Stellenabbau und schwächelnder Konjunktur führen?

Die wahrscheinlichste Antwort für den Moment lautet: nichts tun. Fed-Chef Jerome Powell bemerkte neulich, dass es die Wirtschaft gut verkraften könne, wenn man abwarte und erst einmal auf weitere Daten schaue. Die Fed-Funds-Futures sehen das offenbar ähnlich und deuten darauf hin, dass die Zinsen heute kaum angerührt werden. Für die nächste Sitzung im Mai liegt die Wahrscheinlichkeit für einen unveränderten Kurs zwar etwas niedriger, bleibt aber hoch genug, um als Favorit zu gelten. Spannend ist natürlich, ob die neuen Wirtschaftsdaten der Fed und Powells anschließende Pressekonferenz dieses Meinungsbild verändern werden.

Auffällig ist, dass sich die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen in letzter Zeit wieder unterhalb des Leitzinskorridors bewegt – ein Signal dafür, dass der Markt mit baldigen Zinssenkungen rechnet. Zu Jahresbeginn lagen diese Renditen noch recht nah am Leitzins, was auf eine gewisse Erwartung konstanter Geldpolitik schließen ließ. Doch nun scheint der Markt wieder deutlich vorsichtiger zu sein, vielleicht sogar etwas skeptisch. Grund dafür könnte sein, dass die Gefahr eines Konjunkturabschwungs parallel zur Inflationssorge gestiegen ist. Schließlich könnte ein Handelskrieg die Inflation anheizen und gleichzeitig das Wachstum lähmen.

US2Y

Schon jetzt sind die US-Wachstumszahlen im ersten Quartal recht schwach: Laut CapitalSpectator.com liegt der mediane Nowcast für das Bruttoinlandsprodukt (GDP) bei mageren 1,2 %. Das grenzt fast an Stagnation. Wer weiter in die Zukunft blickt, stößt auf durchaus alarmierende Stimmen.

Clement Bohr, Ökonom am UCLA Anderson Forecast, skizziert beispielsweise die Gefahr einer Rezession, sollte die Regierung ihre Zollpläne konsequent umsetzen. Das sei genug, um verschiedene Wirtschaftssektoren zeitgleich unter Druck zu setzen. Man müsse sich also ernsthaft fragen, ob nicht eine Rezession in den kommenden ein bis zwei Jahren durchaus möglich ist. So wandert die US-Konjunktur womöglich schneller auf den wackeligen Drahtseilakt zwischen Inflation und Abschwung, als es den meisten Marktteilnehmern lieb ist.

Die drängende Frage bleibt: Wie bewertet die Fed diese gegensätzlichen Risiken – auf der einen Seite potenziell höhere Inflation, auf der anderen eine abflauende Konjunktur? Abwarten und Tee trinken ist heute noch eine valable Strategie. Doch das könnte das letzte Mal in naher Zukunft sein, dass sich die Notenbank ohne großen Aufruhr auf ihre Hände setzen kann. Irgendwann muss sie Farbe bekennen, sei es durch eine Straffung der Geldpolitik oder durch eine Annäherung an mögliche Zinssenkungen, falls die Sorgen um einen Abschwung Oberwasser gewinnen.

Die heutige Sitzung wird zwar vermutlich kein radikaler Wendepunkt werden, aber die neuen Fed-Prognosen sowie Powells Worte könnten die Markterwartungen dennoch bewegen. Aktuell ist die Devise: Ruhe bewahren und beobachten. Doch wie lange sich die Fed noch zurücklehnen kann, ist ungewiss. Wenn sich das Zoll-Chaos weiter zuspitzt und die Konjunkturdaten bröckeln, wird der Druck auf die Zentralbank wachsen. Und dann sind Reaktionsschnelligkeit sowie eine geschickte Kommunikation gefragt – eine Kombination, die bei einem so komplexen Problemfeld immer mehr an Jonglage erinnert als an kalkulierbare Geldpolitik.

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