Von Alessandro Albano
Investing.com – Die an der ICE Dutch TTF in Amsterdam gemeldeten Gaspreise erreichten zu Wochenbeginn ein Mehrmonatshoch von über 285 Euro pro MWh. Das entspricht einem Einkaufspreis der Versorger von 0,285 Euro pro kWh, der früher oder später an die Verbraucher weitergegeben wird. Zuvor hatte Gazprom (MCX:GAZP) angekündigt, die Nord Stream 1-Pipeline zwischen Ende August und Anfang September erneut für drei Tage abzuschalten.
Eine Unterbrechung, die für Wartungsarbeiten an einer Turbine vorgesehen ist. Damit erhöhen sich die Befürchtungen einer endgültigen Unterbrechung der Gaslieferungen um ein Vielfaches. Nach der zehntägigen Abschaltung, die der russische Riese Mitte Juli beschlossen hatte, waren die Exportraten der Pipeline bereits auf 20 Prozent der Gesamtkapazität zurückgegangen.
Angesichts der im Herbst bevorstehenden Stichtage für Energierechnungen und starker Preiserhöhungen, beschleunigen die europäischen Regierungen den Speicherprozess (in Italien zu 76 Prozent) und die Diversifizierung der Lieferungen. Nur so gelingt es sich aus den Fängen von Gazprom zu befreien, während in Deutschland (dem historisch am stärksten von Moskau abhängigen europäischen Staat) von einer Gasrationierung von etwa 20 Prozent die Rede ist.
„Der sprunghafte Anstieg der Erdgaspreise seit Anfang 2021 hat der Eurozone bereits einen schweren Schlag versetzt“, schreiben die Analysten von Capital Economics. Sie weisen darauf hin, dass die Großhandelspreise für Erdgas in Europa bereits „mehr als das Zehnfache des Durchschnitts vor der Pandemie“ betragen.
„Die Energiepreise führten in den letzten achtzehn Monaten bereits zu einem 50-prozentigen Anstieg der Energiepreise für private Haushalte“, was sich auf die Realeinkommen auswirkt und „eine Rezession zu verursachen droht“, erklärten sie weiter.
Nach Ansicht der Ökonomen würde das Ende der russischen Gasexporte nach Europa eine Rezession auslösen, die „in diesem Winter in der Eurozone tiefer ausfällt, als wir derzeit erwarten“. Dies sei zum einen auf die steigende Inflation zurückzuführen, die „die Realeinkommen weiter belasten würde“, und zum anderen auf die Gasrationierung, die „insbesondere die Industrie treffen würde“.
Ein Effekt, der nach Ansicht von Capital Economics das BIP in der Eurozone im Jahr 2023 um etwa 2 Prozent senken und die Rohstoffpreise auf 400 Euro pro MWh ansteigen lassen dürfte.