Investing.com - Mit der guten Stimmung rund um den Goldpreis ist es fürs erste vorbei. Hatte das Edelmetall zur Wochenmitte noch bei 1.557 Dollar je Feinunze gestanden, droht nun eine tiefere Korrektur. Entspannungssignale bei den Themen Handelskrieg, Brexit und Hongkong lösten in den letzten zwei Tagen einen Run auf risikoreichere Vermögenswerte aus. Der Goldpreis gab in der Spitze um über 30 Dollar nach.
Die Experten von ABN AMRO (AS:ABNd), ANZ und UBS (SIX:UBSG) gehen aber davon aus, dass sich der Goldpreis auf hohem Niveau stabilisieren kann. ABN AMRO sieht den Preis für das Edelmetall bis Ende 2019 um die Marke von 1.400 Dollar je Feinunze. Zum Jahresende 2020 erhöhten die Experten ihre Prognose von 1.500 auf 1.600 Dollar.
"Die jüngste Eskalation der Handelsspannungen hat zu einem deutlichen Rückgang der US-Nominalrenditen und einem Rückgang der US-Realrenditen geführt", schreibt ABN AMRO in ihrer Begründung. Das unterstütze Gold.
Zwar hat sich zuletzt wieder etwas Hoffnung beim Thema Handelskrieg breitgemacht, nachdem die USA und China sich auf Gespräche für Anfang Oktober verständigt hatten, wie das chinesische Handelsministerium mitteilte. Unklar ist allerdings, ob die Verhandlungen diesmal zu einer Lösung des Konflikts beitragen werden, "da sich der Handelskonflikt schon längst zu einem Kampf um Technologieführerschaft und geopolitische Bedeutung entwickelt hat", erklärte Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank (DE:DBKGn).
Die Unsicherheit rund um den Handel erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit für weitere Lockerungsmaßnahmen durch die Zentralbanken, was den Goldpreis weiterhin gut unterstützen sollte. "Die Handelsspannungen haben die Erwartungen an Zinssenkungen einer Vielzahl von Zentralbanken erhöht", erklären die Rohstoffexperten von Australia and New Zealand Banking Group Limited in einer Notiz.
In die gleiche Kerbe schlägt die Schweizer Großbank UBS. So könne aus der globalen Wachstumsverlangsamung, die aus dem Handelskrieg zwischen den USA und China resultiert, eine weitere Lockerung der Zentralbanken auf der ganzen Welt entspringen. Die UBS gibt als Spanne für die nächsten drei Monate 1.450 bis 1.600 Dollar an.
Niedrige Zinsen bedeuten geringere Opportunitätskosten beim Halten von Gold. Das macht das gelbe Metall als Anlage wieder attraktiver.
ABN AMRO glaubt dagegen, dass der Umfang der geldpolitischen Lockerung durch die Fed und die EZB für dieses Jahr größtenteils eingepreist ist. "Dies wird die Goldpreise also wahrscheinlich nicht auf neue Hochs treiben. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass der US-Dollar trotz der Zinssenkungen der Fed für den weiteren Jahresverlauf widerstandsfähig bleiben wird. Denn die Risikoaversion wird auch den Greenback stützen."
Durch die charttechnische Brille betrachtet ist der Goldpreis mit dem jüngsten Preisanstieg schon stark ausgereizt, argumentiert ANZ. "Technisch gesehen sieht Gold überkauft aus, und wir wären nicht überrascht, wenn er kurzfristig korrigieren würde."
"Gold ist zu einem überfüllten Trade geworden, was die Gefahr einer schnellen Korrektur erhöht. Auf Wochenbasis hat er die überkaufte Marke von 70 beim Relative Strength Index (RSI) überschritten“, so ANZ.
Die Experten sind aber nach wie vor der Meinung, dass die Fundamentaldaten weiterhin gut bleiben dürften, so dass die Verluste aus einem technisch bedingten Ausverkauf begrenzt ausfallen dürften.
"Letztendlich erwarten wir, dass Gold in den nächsten 12 Monaten höher gehandelt wird."
von Robert Zach