KIEW (dpa-AFX) - Nach dem Abzug russischer Truppen hat die Ukraine nach eigenen Angaben in der Region rund um die Hauptstadt Kiew die Leichen von insgesamt 410 Bewohnern geborgen. "Das ist eine Hölle, die dokumentiert werden muss, damit die Unmenschen, die sie geschaffen haben, bestraft werden", schrieb die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Sonntagabend auf Facebook (NASDAQ:FB). Seit Freitag seien bereits 140 der Leichen untersucht worden. Gerichtsmediziner und andere Spezialisten seien dafür im Einsatz.
Wenediktowa schrieb, dass das Gebiet in Quadrate unterteilt wurde, in denen jeweils Teams aus Staatsanwälten, Ermittlern und Mitarbeitern der Nationalen Polizei arbeiten. Auch Kriminaltechniker seien im Einsatz, da es dort viel scharfe Munition gebe.
Mehr als 50 Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und der Nationalen Polizei nahmen demnach erste Ermittlungen zu den Verbrechen im Gebiet Butscha auf, die nach dem Abzug russischer Truppen bekannt wurden. Auch in anderen Orten um Kiew und Tschernihiw soll es Untersuchungen geben. "Die Generalstaatsanwaltschaft wird die Zahl der Ermittlungsbeamten weiter erhöhen, um eine möglichst schnelle und effiziente Sammlung von Beweisen für Kriegsverbrechen sicherzustellen", schrieb Wenediktowa. Besonderes Augenmerk liege dabei außerdem auf den Gebieten um Mariupol, Charkiw, Sumy, Luhansk und Donezk. Wenediktowa betonte, dass an den Tatorten nur Profis arbeiten sollten und wies freiwillige Helfer an, die Arbeit nicht zu stören.
Die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine, Hanna Maljar, hatte zuvor mitgeteilt, dass die Armee mehr als fünf Wochen nach dem russischen Einmarsch wieder die volle militärische Kontrolle über die Region um Kiew erlangt habe. Für internationales Entsetzen sorgten am Sonntag Bilder aus dem Vorort Butscha, wo Leichen von Bewohnern auf der Straße lagen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die kleine Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.