WIESBADEN (dpa-AFX) - Trotz einer Abschwächung im März bekommen die Menschen in Deutschland die hohe Inflation weiter deutlich zu spüren. Zwar verlor der Anstieg der Energiepreise an Tempo, für Nahrungsmittel müssen Verbraucher aber immer tiefer in die Tasche greifen. Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise im März gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,4 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Donnerstag eine erste Schätzung. Im Januar und Februar war jeweils noch eine Rate von 8,7 Prozent verzeichnet worden. Gegenüber dem Vormonat Februar stiegen die Verbraucherpreise im März um 0,8 Prozent.
Insgesamt lag die Inflationsrate erstmals seit August 2022 wieder unter der Marke von 8,0 Prozent. Damals war eine Jahresrate von 7,0 Prozent verzeichnet worden. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbraucher, denn sie können sich dann für einen Euro weniger leisten.
"Für die privaten Haushalte fielen im März die erneut höheren Preise für Nahrungsmittel besonders ins Gewicht", erläuterte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Gegenüber dem Vorjahresmonat verteuerten sich Nahrungsmittel um 22,3 Prozent. Der Preisauftrieb verstärkte sich damit nach 21,8 Prozent im Februar und 20,2 Prozent im Januar. Deutlich teurer wurden unter anderem Molkereiprodukte und Eier (plus 34,6 Prozent), Gemüse (plus 27,3 Prozent) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (plus 23,8 Prozent).
Der Anstieg der Energiepreise schwächte sich im März dagegen deutlich ab. Energie verteuerte sich insgesamt gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,5 Prozent nach einem Zuwachs von noch 19,1 Prozent im Februar. Dabei machte sich der Effekt bemerkbar, dass die Energiepreise vor einem Jahr nach dem russischen Angriffskrieg sprunghaft in die Höhe geschossen waren. Auch die staatlichen Preisbremsen für Gas und Strom, die seit 1. März rückwirkend zum 1. Januar 2023 gelten, beeinflussten die Preise.
Die Preise für Erdgas kletterten 39,5 Prozent. Strom verteuerte sich innerhalb eines Jahres um 17,1 Prozent und Fernwärme um 16,4 Prozent. Leichtes Heizöl verbilligte sich hingegen um 35,7 Prozent und der Besuch an der Tankstelle um 16,1 Prozent.
Weil immer weniger Firmen ihre Preise erhöhen wollen, erwartet das Ifo-Institut einen Rückgang der Inflation. "Die Unternehmen haben einen Großteil ihrer gestiegenen Kosten bereits an die Kunden weitergegeben, gleichzeitig hat die Nachfrage nachgelassen", erklärte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser jüngst. "Damit dürfte die Inflation in den kommenden Monaten langsam zurückgehen."
Auf eine durchgreifende Entspannung bei den Preisen können die Menschen in Deutschland nach Einschätzung von Volkswirten in diesem Jahr aber nicht hoffen. So rechnen beispielsweise führende Wirtschaftsforschungsinstitute mit einer Inflationsrate von 6,0 Prozent im Jahresschnitt. 2022 hatten die Verbraucherpreise nach überarbeiteten Daten des Bundesamtes um 6,9 Prozent zugelegt.
Angeschoben wurde die Inflation nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zunächst vor allem von gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreisen. Inzwischen gewinnt sie zunehmend an Breite. "Die Inflation ist weiter verbreitet und potenziell hartnäckiger geworden", sagte EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau jüngst. Der Chef der französischen Notenbank verwies auf die Kernrate der Inflation, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden.
In Deutschland lag die Rate ohne Energie- und Nahrungsmittel im März bei 5,8 Prozent nach 5,7 Prozent im Februar und 5,6 Prozent im Januar. Das zeige, dass die Teuerung auch in anderen Güterbereichen hoch sei, erläuterten die Statistiker. So verteuerten sich zum Beispiel Möbel und Leuchten um 10,3 Prozent.
Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von 2 Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Im März lag die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum bei 6,9 Prozent nach 8,5 Prozent im Februar. Die Kernrate stieg von 5,6 Prozent auf 5,7 Prozent. Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Notenbank die Zinsen im Euroraum seit vergangenem Sommer erhöht. Steigende Zinsen können hohen Teuerungsraten entgegenwirken, weil sich Kredite verteuern und das die Nachfrage bremst.