ATHEN (dpa-AFX) - Die umstrittene Reform der europäischen Datenschutzregeln kommt erst nach der Europawahl im Mai. Der bisherige Zeitplan ist nicht mehr zu halten, wie beim Treffen der europäischen Justizminister am Donnerstag deutlich wurde. 'Nein, vor der Europawahl wird es nicht zu einer Verhandlungsbasis kommen', sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding dem Sender ARD in Athen.
Aus dem Europaparlament kam Kritik an der Verschiebung, weil der Datenschutz als bürgernah gilt. 'Ich finde, das ist ein Rückschlag im Europawahlkampf', sagte der federführende Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) in Athen.
Die geplante Reform soll den Europäern einen besseren Schutz ihrer Daten gegenüber Internetkonzernen wie Facebook (ETR:FB) (NAS:FB), Google (NAS:GOOG) (ETR:GGQ1) und Co. geben. Das gesamte Vorhaben rückt nun in die Ferne. Denn nach der Wahl ändert sich die Zusammensetzung von EU-Kommission und EU-Parlament. Ob die Reform dann in gleicher Weise vorangetrieben wird, ist offen.
Nach dem neuen Fahrplan solle das Vorhaben nun bis zum Jahresende stehen, sagte Reding. 'Dies ist möglich - aber keineswegs sicher', meinte ein EU-Diplomat. Beim EU-Gipfel im vergangenen Oktober hatten die Staats- und Regierungschefs das Jahr 2015 als Zieldatum genannt.
Auch nach mehr als zwei Jahren streiten die EU-Staaten noch über zentrale Punkte der Reform, die die bestehende Datenschutzrichtlinie aus dem Jahre 1995 ersetzen soll. Die EU-weit einheitlichen Spielregeln sollen Bürger besser schützen und Unternehmen von bürokratischen Hürden befreien. Der Skandal um die Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA hatte die Debatte befeuert.
Strittig ist nach wie vor das Prinzip, wonach immer die Datenschutzbehörde des Landes für Beschwerden zuständig ist, in dem ein Unternehmen seinen Sitz hat. Auch die Rechtsgrundlage ist noch unklar. Am Donnerstag debattierten die Minister über die Frage, welche Nicht-EU-Länder als 'sichere Staaten' gelten sollen, an die Daten weitergegeben werden dürfen - etwa die USA.
Deutschland hat Bedenken. Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) sagte in einer Mitteilung, die hohen deutschen Datenschutzstandards müssten erhalten bleiben. Es gelte weiter: 'Genauigkeit geht vor Schnelligkeit.' Der Grünen-Abgeordnete Albrecht kritisierte: 'Ganz offensichtlich blockieren einige Mitgliedstaaten, unter anderem die Bundesregierung. Das halte ich für besonders enttäuschend.'
Die EU-Staaten wollen nun im Sommer eine gemeinsame Position festlegen: 'Ich glaube, eine Einigung ist möglich im Juni', sagte EU-Kommissarin Reding. Danach muss ein Kompromiss mit dem Europaparlament gefunden werden, dies könnte Monate dauern. Reding mahnte zur Eile: 'Wir brauchen jetzt Nägel mit Köpfen.'
Wegen des Treffens verstärkte Griechenland angesichts einer zunehmenden Terrorgefahr seine Sicherheitsmaßnahmen. Athen hob die Vorsichtsmaßnahmen auf die höchste Stufe. Die Behörden sind beunruhigt, weil sich ein als gefährlich eingestufter Terrorist nach wie vor auf der Flucht befindet./mt/tt/DP/jha