Vor dem Milchgipfel hat Bauernpräsident Joachim Rukwied eine "sofort wirksame Unterstützung" für die deutschen Milchbauern angemahnt. Wenn die Politik den Bauern jetzt nicht helfe, sei mit einem "gewaltigen Strukturbruch" zu rechnen, sagte Rukwied der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe). Er forderte neue Subventionen für die Landwirtschaft und sprach sich in der "Bild"-Zeitung für einen Milch-Soli von zwei Cent aus.
Nötig seien unter anderem ein Liquiditäts- und Bürgschaftsprogramm sowie Steuerentlastungen, nicht nur für Milchviehhalter, sondern für alle landwirtschaftlichen Betriebe, sagte Rukwied der "NOZ". "Angebot und Nachfrage müssen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden."
Der "Bild" (Montagsausgabe) sagte Rukwied, ein Soli in Höhe von zwei Cent "wäre theoretisch denkbar". Dieser wäre dann aber für alle nötig, "denn auch die Schweinebauern und Getreidebauern schreiben rote Zahlen". Allerdings sieht er derzeit kaum Chancen, die Forderung politisch umzusetzen.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan stellte den Milchbauern unterdessen weitere Hilfen aus Brüssel in Aussicht. Insbesondere die Stützungskäufe für Milchprodukte sollten ausgeweitet werden, sagte Hogan dem "Tagesspiegel"(Montagausgabe). In diesem Jahr seien bereits 218.000 Tonnen Magermilch für die öffentliche Lagerhaltung zu Festpreisen angekauft worden. Er werde vorschlagen, dass die Obergrenze "auf 350.000 Tonnen angehoben wird."
Die Grünen forderten in einem offenen Brief an Agrarminister Christian Schmidt (CSU) ein "grundlegendes Umdenken" in der Landwirtschaft. Über 4000 Bauernhöfen drohe allein in diesem Jahr der wirtschaftliche Untergang, mahnten Fraktionschef Anton Hofreiter und der Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff in dem am Samstag bekannt gewordenen Schreiben. "Ein paar Pflaster reichen nicht, um ein kaputtes System zu behandeln."
Gebraucht werde eine Agrarwende hin zu einer grünen Landwirtschaft. Das Motto "Immer mehr, immer billiger" habe zur aktuellen Krise geführt. Deutschland müsse sich an die Seite Frankreichs stellen und sich in Brüssel für eine Mengenreduzierung einsetzen, forderten sie. Als "Notmaßnahmen" müssten gestaffelte Soforthilfen an Milchbetriebe gezahlt werden, die ihre Erzeugung mindestens ein Jahr lang senken. Zudem müssten Molkereien durch Bonuszahlungen an Milcherzeuger die Anlieferungsmenge reduzieren.
Auf dem Milchgipfel am Montag, an dem Vertreter des Bauernverbands, des Handelsverbands und von Molkereiverbänden teilnehmen, sollen Hilfen für die Bauern beschlossen werden, die unter den niedrigen Milchpreisen leiden.
Schmidt hat bereits Bürgschaften, Kredite sowie steuerliche Erleichterungen für die Landwirte angekündigt, aber keine Summe genannt. Der Lebensmitteleinzelhandel soll zudem die Preise im Kühlregal wieder heraufsetzen. Ein Liter Milch kostet derzeit die Verbraucher nur 46 Cent im Supermarkt. Die Milchbauern bekommen von den Molkereien nur rund 20 Cent pro Liter, teils weniger.
Mit hunderten leeren Gummistiefeln und Arbeitsschuhen wollen Milchviehhalter am Montag vor dem Brandenburger Tor protestieren. Die Aktion richte sich dagegen, dass beim Milchgipfel Beratungen über die Köpfe der Milchbauern und auch der Länderagrarminister hinweg erfolgen sollten, teilte der Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) am Sonntag mit. Am Dienstag seien bundesweit weitere dezentrale Aktionen geplant.