FRANKFURT (dpa-AFX) - Die in vollem Gang befindliche Quartalsberichtssaison der Unternehmen dürfte den deutschen Aktienmarkt auch in der kommenden Woche beeinflussen. Nachdem bislang knapp 55 Prozent der Dax-Unternehmen (DAX) und 24 Prozent aus dem MDax (MDAX) über ihre Geschäfte in den ersten drei Monaten berichtet hätten, seien die Ergebnisse vor allem wegen des stärkeren Euro-Kurses sehr gemischt ausgefallen, sagte Marktexperte Markus Wallner von der Commerzbank (4:CBKG).
Im Fokus der Anleger sollten auch der Handelsstreit der USA mit der Europäischen Union (EU) und China sowie die Fortschritte im Atomkonflikt mit Nordkorea bleiben. Derzeit überwiege die Erleichterung über die gewährte Gnadenfrist der USA, noch keine Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der EU zu erheben, schrieb Jan Gengel von der Weberbank. Aber: "Aufgeschoben ist leider nicht aufgehoben!" Auch Guido Schäfers vom Börsenbrief-Verlag Bernecker mahnt zur Vorsicht: "Ein sich aufschaukelnder Handelskrieg würde die wichtigsten Aktienmärkte stark belasten. Dieses Risiko darf man nicht aus den Augen verlieren."
In der abgelaufenen Woche hatte der Dax - vor allem dank des jüngsten Euro-Rückgangs unter die Marke von 1,20 US-Dollar - relative Stärke zum US-Leitindex Dow Jones (Dow Jones Industrial Average) gezeigt und dabei die 200-Tage-Durchschnittslinie zurückerobert. Diese gilt als Indikator für die nähere Entwicklung und signalisiert bei einem Überschreiten weiteres Aufwärtspotenzial. Insofern sind für Guido Schäfers die Vorzeichen für weitere Kursgewinne in der neuen Woche nicht schlecht: "Insbesondere die Stimmungsindikatoren sprechen für tendenziell weiter steigende Notierungen an den Aktienmärkten."
Etwas vorsichtiger zeigte sich Robert Greil, Chefstratege von Merck (DE:MRCG) Finck Privatbankiers: Die neue Dollar-Stärke und die damit verbesserten Exportaussichten europäischer Unternehmen hätten den Börsen zwar zuletzt Rückenwind verliehen, schrieb Greil. Dies habe geholfen, die nicht mehr so glänzenden Konjunkturdaten erst einmal in den Hintergrund zu rücken. Die Wachstumsdelle sowie die Markttechnik sprächen derzeit aber gegen eine Übergewichtung von Aktien. "Kurzfristig könnte ein noch stärkerer Dollar zum Euro den Dax stützen, mittelfristig rechnen wir aber mit einem stärkeren Euro."
Aus Unternehmenssicht stehen am Montag der Rückversicherer Hannover Rück (4:HNRGn) und der Baukonzern Hochtief (4:HOTG) mit Quartalszahlen auf der Agenda. Richtig los geht es am Dienstag: Mit Beiersdorf (4:BEIG), Deutsche Post (4:DPWGn), Eon (4:EONGn) und Munich Re (4:MUVGn) berichten allein vier Dax-Konzerne über ihre jüngste Geschäftsentwicklung, zudem legt der Autozulieferer Continental (4:CONG) detaillierte Unternehmenszahlen vor. Dazu kommen mit Axel Springer (4:SPRGn), Evonik (4:EVKn), LEG (4:LEGn), Schaeffler (61:SHA), Symrise (4:SY1G), Uniper (4:UN01) und Zalando (4:ZALG) noch sieben MDax-Unternehmen.
Auch am Mittwoch ist der Berichtskalender alleine mit Dax- und MDax-Werten schon recht voll: Deutsche Telekom (4:DTEGn), HeidelbergCement (4:HEIG), Henkel (4:HNKG_p), Siemens (4:SIEGn), Aareal Bank (4:ARLG), Brenntag (4:BNRGn), Fraport (4:FRAG), Norma (4:NOEJ) und ProSiebenSat.1 (0:PSMd) veröffentlichen ihre Finanzkennziffern. Am Donnerstag werden wegen des Himmelfahrt-Feiertags lediglich wichtige Unternehmensresultate aus dem Ausland veröffentlicht. Die deutschen Finanzmärkte haben jedoch geöffnet. Am Freitag folgen der Lichttechnik-Anbieter Osram (104:OSRn) und der Versicherer Talanx (4:TLXGn) mit aktuellen Geschäftszahlen.
Von konjunktureller Seite hält die eher datenarme neue Woche vor allem Inflationsdaten aus einigen wichtigen Volkswirtschaften bereit. So stehen am Mittwoch die US-Erzeugerpreise für April auf der Tagesordnung, gefolgt von den Verbraucherpreisen aus China und den USA am Donnerstag. Für Euroland stehen insgesamt keine wirklich wichtigen Daten an. Aus Deutschland werden am Montag die Auftragseingänge und am Dienstag die Handelsbilanz sowie die Industrieproduktion - jeweils für März - veröffentlicht.
Die anstehenden Zahlen zur deutschen Industrie sollten die jüngsten Konjunktursorgen kaum verscheuchen, glaubt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen: "Zwar dürfte die Produktion in der eigentlichen Industrie gestiegen sein, aber für das erste Quartal wird wohl immer noch ein Minus zu Buche stehen." Wichtiger für den Ausblick auf die kommenden Monate seien die Aufträge, die weiter geschwächelt haben dürften. Helaba-Expertin Claudia Windt geht ebenfalls davon aus, dass die kommenden Daten nicht gut genug ausfallen werden, um das konjunkturelle Gesamtbild in Deutschland aufzuhellen. In diese Kerbe schlägt auch Volkswirtin Monika Boven von der DZ Bank: "Letztlich dürften die Zahlen das Bild eines insgesamt schwachen Jahresauftakts unterstreichen.