FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Trotz der politischen Verschiebungen halten viele deutschen (und europäischen) Bluechips die Stange - was die Situation unsicherer mache, wie Goldberg interpretiert.
20. Juni 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Es hat tatsächlich einige Tage gedauert, bis sich die Entscheidung des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, vorgezogene Neuwahlen einzuberufen, auch in den Aktienkursen hierzulande niedergeschlagen hat. Denn nach unserer vergangenen Sentiment-Erhebung gab es immerhin noch einen Anstieg von 0,9 Prozent, bevor der DAX zum vergangenen Wochenende doch noch einen deutlichen Abschlag von zeitweise 3,7 Prozent hinnehmen musste. Und zum heutigen Erhebungszeitpunkt hat sich die Situation des Börsenbarometers kaum verbessert - am Ende mussten wir den fünften Wochenverlust mit -2,1 Prozent in Folge notieren.
Unterdessen hat sich die Stimmung unter den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont im Wochenvergleich kaum verändert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist lediglich um 2 Punkte auf einen neuen Stand von -5 gefallen, wobei sich ein paar vormals neutral gestimmte Akteure auf die Short-Seite geschlagen haben.
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Dies muss jedoch nicht heißen, dass es seit vergangenem Mittwoch nur sehr wenig Aktivität unter den Investoren gegeben hätte. Wie sich etwa aus einer anderen Stimmungserhebung vom vergangenen Wochenende ergibt, dürfte das Sentiment der Investoren vorübergehend erheblich schlechter gewesen sein.
In die Schwäche gekauft
Bei den Privatanlegern zeigt sich indes eine leichte Tendenz in die andere Richtung. Denn in diesem Panel ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 4 Punkte auf einen neuen Stand von +9 gestiegen, weil sich das Bärenlager um 3 Prozentpunkte verringert hat. Dort gab es offensichtlich einige Gewinnmitnahmen, und eine ganz kleine Minderheit hat sich sogar auf die Bullen-Seite getraut. Abweichend davon ist das Ergebnis der Umfrage unter den Social-Media-Teilnehmern innerhalb der Gruppe der Privatanleger. Deren Optimismus hat sich gegenüber der Vorwoche verringert.
Per Saldo hat also der zwischenzeitliche Kurseinbruch des DAX bei vielen Investoren im Wochenvergleich keinen Stimmungsumschwung bewirkt. Und auch unter internationalen Fondsmanagern scheinen europäische Aktien nach wie vor beliebt. Dies vermittelte die gestern publizierte Umfrage der Bank of America (NYSE:BAC), die allerdings bereits am vergangenen Donnerstag abgeschlossen wurde. Auch wenn die Investoren dem Vernehmen nach in diesem Monat hinsichtlich der Aussichten auf weitere Kursgewinne bei europäischen Aktien weniger optimistisch sind und französische Papiere aktuell zu den unbeliebtesten der Eurozone zu zählen scheinen, ergibt sich dagegen im globalen Kontext ein ganz anderes Bild.
Noch halten internationale Fondsmanager der Eurozone die Stange
Danach gaben netto 30 Prozent der Vermögensverwalter an, in Aktien der Eurozone insgesamt übergewichtet zu sein. Dies entspricht nicht nur dem höchsten Stand seit Januar 2022, sondern bedeutet gegenüber dem Vormonat sogar eine Zunahme von 12 Prozentpunkten. (Im Vergleich dazu waren zuletzt per Saldo nur 7 Prozent der globalen Fondsmanager in den USA übergewichtet.)
Allerdings ist davon auszugehen, dass sich seit vergangenem Donnerstag doch noch zumindest einige der internationalen Fondsmanager von ihren europäischen Engagements getrennt haben. Dass der DAX trotz der per Saldo geringen Positionsveränderungen der heimischen Investoren seit dem Tiefpunkt vom vergangenen Freitag nicht überzeugend gestiegen ist, spricht dafür, dass es einige Abflüsse durch langfristige Investoren gegeben haben dürfte.
Diejenigen, die - und dazu werden wahrscheinlich internationale Investoren zu einem großen Teil dazu gehören - auf eine breitere DAX-Erholung setzen, sollten allerdings für ihren Mut möglichst bald entlohnt werden, wobei manch einer vermutlich schon mit einem Kursanstieg auf 18.500/550 zufrieden wäre. Insgesamt ist die Gemengelage für den DAX nicht günstig, vor allem wenn es zu deutlicheren langfristigen Kapitalabflüssen kommen sollte.
Von Joachim Goldberg
20. Juni 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.