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EZB-Chef Draghi überlässt die Zinswende seinem Nachfolger

Veröffentlicht am 08.03.2019, 07:19
© Reuters. Mario Draghi, President of the European central Bank (ECB) attends a news conference on the outcome of the Governing Council meeting at the ECB headquarters in Frankfurt
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- von Frank Siebelt

Frankfurt/Berlin (Reuters) - EZB-Chef Mario Draghi blickt deutlich pessimistischer auf die Konjunktur und überlässt die Zinswende seinem Nachfolger.

Im Kampf gegen den Abschwung in Europa wollen die Währungshüter den Banken neue billige Langfristkredite gewähren, damit die Geldhäuser bereitwilliger Darlehen an Unternehmen geben, wie die EZB nach ihrer Ratssitzung in Frankfurt am Donnerstag mitteilte. Davon dürften vor allem Institute im rezessionsgeplagten Italien profitieren. "Die schwächeren Wirtschaftsdaten weisen auf eine beträchtliche Verlangsamung des wirtschaftlichen Aufschwungs hin", sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Die Euro-Wächter wollen ihre ultratiefen Schlüsselzinsen jetzt noch bis mindestens zum Jahresende nicht erhöhen. Bislang hatten sie dies nur bis über den Sommer hinweg in Aussicht gestellt.

Die Molltöne Draghis zur Konjunktur verunsicherten die Märkte. Dax und EuroStoxx50 gingen jeweils rund 0,5 Prozent tiefer aus dem Handel. Auch die Wall Street zeigte sich wenig begeistert, US-Aktien ließen ebenfalls Federn. Besonders Finanztitel standen auf den Verkaufslisten, Deutsche Bank-Aktien verloren fünf Prozent, Morgan Stanley (NYSE:MS) 1,4 Prozent. Der Euro fiel zeitweise mit 1,1204 Dollar auf den tiefsten Stand seit Juni 2017.

Mit den jetzigen Beschlüssen wird Draghi wohl der bislang erste EZB-Präsident werden, der in seiner Amtszeit kein einziges Mal die Zinsen erhöht hat. Der Italiener scheidet Ende Oktober aus dem Amt. Ihren Leitzins beließ die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Dort liegt er bereits seit März 2016. Draghi zufolge fielen die Entscheidungen im EZB-Rat einstimmig. Damit wurden sie auch von der Bundesbank mitgetragen, die in der Vergangenheit manchen Schritten wie den Anleihenkäufen sehr kritisch gegenüber stand. Insidern zufolge hatten einige Währungshüter im Vorfeld der Ratssitzung nicht damit gerechnet, dass die EZB am Ende ein so großes Maßnahmenbündel auf den Weg bringen würde. Ausschlaggebend seien die eingetrübten Konjunkturperspektiven gewesen, sagten mehrere mit den Beschlüssen vertraute Personen.[nFWN20U0VE]

"MIT EINEM SCHLAG ALL IHR PULVER VERSCHOSSEN"

"Der Zeitpunkt - nicht der Inhalt - der Ankündigung kommt doch überraschend und hat etwas von Panik", kommentierte Carsten Brzeski, Chefökonom von ING-Deutschland. "Allerdings hat die EZB auch mit einem Schlag all ihr Pulver verschossen für den Fall, dass die Konjunktur der Euro-Zone in den kommenden Monaten in eine Rezession abrutscht." Ähnlich äußerte sich Alexander Krüger, Chefökonom des Bankhauses Lampe: "Dadurch verschiebt sich die Zinswende wohl auf den Sankt Nimmerleinstag."

Von deutschen Wirtschaftsvertretern kam eher Kritik. "In den konjunkturell guten Jahren hat die Europäische Zentralbank es versäumt, die monetären Zügel zu straffen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben. Nun sei sie in "einer beginnenden konjunkturellen Flaute" gezwungen, mit Langfristkrediten für Banken gegenzusteuern.

Die neuen Geldspritzen für Banken - in der Fachwelt "TLTRO" genannt - sollen eine Laufzeit von zwei Jahren haben und vierteljährlich ab September 2019 bis März 2021 ausgegeben werden. Ihr Zinssatz ist an den Leitzins gekoppelt. Eine erste Serie solcher Langfristdarlehen hatte die Notenbank im Juni 2014 beschlossen, eine zweite im März 2016. Banken in Italien, Spanien und Frankreich griffen verstärkt zu: Auf italienische Geldhäuser entfielen zuletzt noch ausstehende Langfristkredite in Höhe von annähernd 240 Milliarden Euro.

Die neuen Kredite könnten Banken auch über eine regulatorische Klippe hinweghelfen, die ab Mitte des Jahres droht. Denn dann fällt die Restlaufzeit bestimmter älterer TLTRO-Darlehen unter ein Jahr. Institute können die Gelder dann nicht mehr zur Berechnung bestimmter Finanzpolster (NSFR) heranziehen.

© Reuters. Mario Draghi, President of the European central Bank (ECB) attends a news conference on the outcome of the Governing Council meeting at the ECB headquarters in Frankfurt

REZESSION NICHT IN SICHT

Die jüngsten Wirtschaftsdaten waren hinter den Erwartungen der EZB zurückgeblieben. Zudem trüben die Handelskonflikte der USA und der nahende Brexit die Wirtschaftsperspektiven ein. Die EZB senkte deshalb ihre Wachstumsprognose für die Euro-Zone kräftig. Ihre Volkswirte erwarten 2019 jetzt nur noch einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent. Noch im Dezember wurde mit plus 1,7 Prozent gerechnet. Hauptgrund sei die Abschwächung im Welthandel, sagte Draghi. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession sei aber sehr gering. Die EZB-Volkswirte kappten zudem für das laufende Jahr ihre Inflationsprognose auf 1,2 von bisher 1,6 Prozent. Die Euro-Wächter streben mittelfristig knapp zwei Prozent als Idealwert für die Wirtschaft an.

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