Berlin (Reuters) - Führende Institute und die Bundesregierung sagen der deutschen Konjunktur wegen des schwachen weltweiten Nachfrage schwierige Zeiten voraus.
"Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Abschwung", erklärte das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) in seiner am Donnerstag veröffentlichten Studie. "In den vergangenen Monaten hat sich die konjunkturelle Dynamik weiter verlangsamt, und die Unternehmen blicken deutlich pessimistischer in die Zukunft." Dazu beigetragen haben dürfte die weltweit hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit, bedingt etwa durch Handelskonflikte und Brexit. Die Ökonomen rechnen nur noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 0,6 Prozent in diesem und von 1,6 Prozent im kommenden Jahr, nachdem sie im Frühjahr noch von 1,0 und 1,8 Prozent ausgegangen waren.
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erwartet im laufenden Jahr nur ein Plus von 0,5 Prozent - das wäre das kleinste seit 2013. Für 2020 wurde die Prognose von 2,0 auf 1,8 Prozent gesenkt. "Von der Schwäche des Welthandels ist die international stark vernetzte deutsche Industrie besonders betroffen", sagte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. Auch die Bundesregierung rechnet mit anhaltendem Gegenwind. "Die Binnenkonjunktur ist weiter intakt, aber die exportorientierte Industrie durchlebt eine Durststrecke", heißt es im Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums.
Nach dem deutlichen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal von 0,4 Prozent blieben die Aussichten für das zweite Vierteljahr erst einmal gedämpft. "Der spürbare Rückgang der Auftragseingänge in der Industrie seit Jahresbeginn sowie das sich bis Mai weiter eintrübende Geschäftsklima signalisieren ein Andauern der industriellen Schwächephase", betonte das Ministerium. Beschäftigung und Einkommen dürften aber nach wie vor spürbar zulegen, ebenso die Bauinvestitionen.
Die schwächere Konjunktur dürfte am Arbeitsmarkt Spuren hinterlassen. "Insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe planen mehr und mehr Unternehmen, die Zahl der Beschäftigten zu reduzieren", erwartet das IfW. "Hinzu kommt, dass offenbar immer noch viele Unternehmen, die weiterhin nach Fachpersonal suchen, Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen." Die Überschüsse der öffentlichen Haushalte dürften "merklich zurückgehen", da die geringere konjunkturelle Dynamik die Einnahmen belaste. In diesem Jahr werde der Überschuss wohl mit 47,5 Milliarden Euro um rund zehn Milliarden Euro niedriger ausfallen als 2018, 2020 sollen es 32,4 Milliarden Euro sein.