HAMBURG (dpa-AFX) - Nach eher enttäuschenden Börsengängen in den vergangenen Jahren erwarten Experten im kommenden Jahr wieder etwas mehr Bewegung auf dem deutschen Kapitalmarkt. "Bei den derzeit hohen Bewertungen am Kapitalmarkt befinden sich viele Unternehmen in der Warteschleife für einen Börsengang 2025", sagte Experte Jens Hecht von der Unternehmensberatung Kirchhoff Consult zur erwarteten Belebung. Die Börse bleibe eine attraktive langfristige Quelle für Wachstumskapital. Trotz optimistischer Anzeichen bleibe der Markt für IPO (initial public offering - Erstemission) aber herausfordernd.
"Investoren zeigen sich weiterhin zurückhaltend, was auch an den negativen Kursentwicklungen zahlreicher Neuemissionen liegt", sagte Hecht. Obwohl der Leitindex Dax 2024 von der sich stabilisierenden Weltwirtschaft und geldpolitischen Lockerungen habe profitieren können und im Dezember erstmals die Marke von 20.000 Punkten übersprang, sei die Entwicklung der Börsenneulinge enttäuschend geblieben.
Drei der insgesamt vier Neuemissionen im deutschen Marktsegment Prime Standard in diesem Jahr notierten demnach Stand Ende November im Minus. Der Wissenschaftsverlag Springer Nature bildete den Kirchhoff-Experten zufolge in diesem Zeitraum die Ausnahme mit einem Kurszuwachs von knapp 9 Prozent. Noch vor Springer Nature war der Börsengang der Parfümeriekette Douglas (ETR:DOU1) derjenige mit dem größten Emissionsvolumen. Die IPOs des Radiopharmazeutikahersteller Pentixapharm und des baltischen Fintech Eleving fielen deutlich kleiner aus.
Obwohl die Zahl der Erstnotizen von im Vorjahr drei auf vier stieg, verzeichnete das Prime-Standard-Segment 2024 einen Rückgang des Emissionsvolumens von 1,9 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro. Das war Kirchhoff zufolge der zweitniedrigste Wert der vergangenen zehn Jahre.
"Trotz Unsicherheiten bieten die Märkte weiterhin attraktive Bewertungen. 2025 erwarten wir 8 bis 10 Börsengänge im Prime Standard", sagte Experte Hecht. Allerdings ist ihm zufolge noch viel mehr möglich. "Um das eigentliche Potenzial von bis zu 50 IPOs pro Jahr zu realisieren, sind in Deutschland jedoch eine stärkere Förderung der Aktienkultur und weniger regulatorische Hürden für den Mittelstand erforderlich", fügte der Experte an.
Zu den Kandidaten für einen Börsengang sieht die Beratung derzeit unter anderem das Berliner Fintech Raisin oder das Energie-Start-Up 1Komma5°. Vor allem Unternehmen aus zukunftsorientierten Branchen wie Technologie und Energien könnten von einem verbesserten Marktumfeld profitieren.