(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz)
HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Chinesische Investoren greifen nach dem nächsten deutschen Maschinenbauer: Ein Fonds aus dem Reich der Mitte will sich den kriselnden Chipfabrik-Ausrüster Aixtron (ETR:AIXA) einverleiben. Das Angebot von Fujian Grand Chip Investment (FGC) hat einen Wert von rund 670 Millionen Euro, wie Aixtron am Montag mitteilte.
Nach dem Angebot eines chinesischen Hausgeräteherstellers für den Augsburger Roboterspezialisten Kuka (XETRA:KU2G) ist die Offerte bereits das zweite Kaufangebot aus China für einen deutschen Maschinenbauer innerhalb einer Woche.
AIXTRON HOFFT AUF BESSERE CHINA-GESCHÄFTE
Die Aixtron-Führung begrüßt das Angebot und hofft mit dem chinesischen Investor auf bessere Geschäfte in dem Land: "Die Transaktion bietet die Chance, in China zu wachsen", sagte Unternehmenschef Martin Goetzeler in einer Telefonkonferenz.
Ein Abfluss von deutschem Know-how nach China sei dagegen ausgeschlossen. "Das ist in dem Vertrag klar geregelt", beteuerte Aixtron-Vorstandsmitglied Bernd Schulte, ohne allerdings ins Detail zu gehen, wie dies konkret verhindert werden soll. Die Technologiezentren des Konzerns in Deutschland, Großbritannien und den USA sollen erhalten bleiben. Im nordrhein-westfälischen Herzogenrath soll die Firma weiter ihren Sitz haben, auch der Vorstand bleibe im Falle einer geglückten Übernahme im Amt.
BELEGSCHAFT SOLL WACHSEN
Auch eine Entlassungswelle soll es keineswegs geben, versprechen die Beteiligten: Die Chinesen beabsichtigten, Aixtrons bisherige Strategie weiter zu unterstützen, hieß es in einer Mitteilung. Der Deal ziele nicht auf Kostensenkungen oder Stellenabbau ab. "Nachhaltiges Wachstum wird zu einem Ausbau der Belegschaft bei Aixtron führen", sagte der chinesische Geschäftsmann Zhengdong Liu, dem der FGC-Fonds mehrheitlich gehört.
Unternehmenschef Goetzeler kann sich sogar vorstellen, dass die Belegschaft nicht nur in Asien, sondern auch in Deutschland wieder wachsen könnte, wenn es bei Aixtron wieder bergauf geht. Aixtron fertigt Spezialmaschinen für die Halbleiterbranche, litt zuletzt aber unter ausbleibenden Aufträgen. Die Rheinländer schrieben Verluste und rechnen auch im laufenden Jahr noch mit roten Zahlen.
AKTIE AN TECDAX-SPITZE
Hinter FGC stehe als Geldgeber der mit rund 20 Milliarden US-Dollar ausgestattete Halbleiter-Staatsfonds Sino IC, hieß es aus Industriekreisen. Goetzeler wollte sich dazu nicht äußern. "Wir werden die notwendigen Investitionen unterstützen, die Aixtron benötigt, um sein Portfolio zu verbessern", sagte Investor Liu. Wie das konkret aussehe, solle aber erst in einem zweiten Schritt besprochen werden, sagte Aixtron-Chef Goetzeler.
FGC bietet Aixtron-Aktionären 6 Euro je Aktie. Der Aufschlag auf den durchschnittlichen Aktienkurs der vergangenen drei Monate liege damit bei über 50 Prozent, hieß es in der Mitteilung. Die Angebotsfrist könne voraussichtlich im Juli beginnen, damit das Geschäft im laufenden Jahr abgeschlossen werden kann. An der Börse stieg am Montag die Vorfreude auf den Deal: Der Wert der Papiere kletterte am Vormittag um gut 15 Prozent auf 5,54 Euro. Damit waren sie der mit weitem Abstand größte Gewinner im TecDax (TecDAX).
MINDESTANNAHMESCHWELLE BEI 60 PROZENT
Mindestens 60 Prozent der Anleger müssen das Angebot annehmen, damit die Übernahme zustande kommt. "Das war in der Tat eine Diskussion mit dem Investor", sagte Goetzeler. Die Mindestannahmeschwelle von 60 Prozent sei eine "komfortablere Mehrheit als 50 plus 1". Eine konkrete Begründung dafür, dass sich die Chinesen nicht mit etwas mehr als der Hälfte der Anteile zufrieden geben würden, nannte er nicht.
Laut Aixtron-Website sind gut 93 Prozent der Anteile im Streubesitz. Auch die Aufsichtsbehörden müssen das Geschäft noch abnicken. DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer hält allerdings noch Gegenwind von US-Aufsehern für möglich.