FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax (DAX) hat am Donnerstag spielend auch die nächste wichtige Hürde bei 11 000 Punkten genommen. Die noch lange Zeit lockeren geldpolitischen Zügel in Europa ließen den Leitindex an den Schwung der vergangenen Tage anknüpfen. Er erreichte bei 11 193 Zählern den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr. Über die Ziellinie ging das Kursbarometer nur knapp darunter bei 11 179,42 Punkten. Dies war ein Plus von 1,75 Prozent.
Die Märkte bei Laune hielt die europäische Zentralbank, die ihre milliardenschweren Wertpapierkäufe mindestens bis Ende 2017 fortsetzen wird. Der MDax (MDAX) stieg vor diesem Hintergrund um 1,14 Prozent auf 21 443,05 Punkte. Für den Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) ging es um 0,85 Prozent auf 1732,98 Punkte nach oben. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) als Leitindex der Eurozone kletterte um 1,39 Prozent auf 3185,79 Zähler.
SCHÜTZENHILFE DURCH DIE EZB
"Draghi hat geliefert", titelte die Privatbank Sal. Oppenheim in einem Kommentar und hob eine nochmals expansivere Haltung der Währungshüter hervor. Volkswirtin Ulrike Kastens zielte dabei vor allem auf die lange Laufzeit fortgesetzter Anleihekäufe ab, die insgesamt zu einem größer als gedachten Ankaufvolumen führe, auch wenn das monatliche Budget künftig reduziert werden soll. Unter Experten war es deshalb strittig, ob nicht doch von einer Verringerung, dem sogenannten "Tapering", die Rede sein muss.
Den Aktienanlegern war es jedoch gleichgültig: Sie sahen die hohen Erwartungen an die Währungshüter der Eurozone als erfüllt an, so dass der Markt den Schwung der vergangenen Tage weiter mitnahm. Nachdem der Dax am Vortag die monatelang umkämpfte Schwelle von 10 800 Punkten meisterte, fiel die psychologisch wichtige Marke von 11 000 Punkten nun gleich hinterher. Experten sehen damit den Grundstein für einen potenziellen Jahresendspurt gelegt.
BANKEN IM AUFWIND
Die Finanzwerte im Dax setzten ihren Erfolgskurs der vergangenen Tage ungebrochen fort, tauschten jedoch untereinander die Favoritenrollen. Die zuletzt besonders starken Titel der Deutschen Bank (4:DBKGn) legten nochmals um 2,85 Prozent zu, wurden nun aber übertrumpft von der Commerzbank (4:CBKG). Deren Papiere schafften es mit einem Anstieg um mehr als 5 Prozent an die Dax-Spitze.
Aktien der Deutschen Telekom (4:DTEGn) gehörten außerdem mit rund 2,5 Prozent zu den Gewinnern. Sie profitierten dabei von neu aufgeflammter Fantasie, dass die Mobilfunktochter T-Mobile US (2:TMUS) an einer Branchenkonsolidierung in den USA teilnehmen könnte.
DEFENSIVE AKTIEN UNTER DRUCK
Insgesamt wurden zyklische Werte den weniger konjunktursensiblen Branchen vorgezogen. Aktien des stark von Werbeeinnahmen abhängigen Medienkonzerns ProSiebenSat.1 (4:PSMGn) etwa rückten deutlich um rund 4,5 Prozent vor. Angeführt von BMW (4:BMWG) mit einem Aufschlag von mehr als 3 Prozent waren auch Autobauer gefragt.
Die Aktien von Immobilienunternehmen und Energieversorgern dagegen gehörten zu den wenigen Verlierern. Aktien von Vonovia (4:VNAn) verloren im Dax rund ein Prozent. Noch stärker bergab ging es für Eon (4:EONGn) und RWE (4:RWEG) mit minus 1,8 und 3,9 Prozent. Am Markt wurde dies mit weiteren Gewinnmitnahmen begründet, nachdem zugesprochene Entschädigungen für den Atomausstieg den Papieren vor zwei Tagen noch kurz nach oben verholfen hatten.
GFK-ANTEILE IM AUFWIND WEGEN INVESTORENANGEBOT
Unter den Nebenwerten standen vor allem die Papiere des Konsumforschers GfK (4:GFKG) im Mittelpunkt. Eine Offerte des Finanzinvestors KKR ließ die Papiere im SDax um 30 Prozent auf 43,90 Euro in die Höhe schnellen. Sie standen damit sogar oberhalb der gebotenen 43,50 Euro. Bei Klöckner & Co (4:KCOGn) sorgten Analystenkommentare dafür, dass die Papiere des Stahlhändlers im Kleinwerte-Index um fast 9 Prozent anzogen.
Im MDax blieben Steinhoff-Aktien (22:SNHJ) mit mehr als 5 Prozent Plus in der Erfolgsspur - am Vortag hatte der Möbelhändler mit guten Zahlen und einem zuversichtlichen Ausblick geglänzt. Die Papiere sind nun nach einer längeren Kursschlappe wieder zurück auf dem Niveau von Ende Oktober.
AIXTRON-KAUF GEPLATZT
Aixtron-Aktien (4:AIXGn) dagegen reagierten im TecDax mit einem Kursverlust von mehr als 3 Prozent auf die wenig überraschende Nachricht vom geplatzten Verkauf an einen chinesischen Investor. Da US-Präsident Barack Obama den Erwerb des US-Geschäfts des deutschen Chipherstellers untersagt habe, sei das Übernahmeangebot insgesamt erloschen, argumentierte der bisherige Interessent Grand Chip Investment.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,13 Prozent am Vortag auf 0,15 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) fiel um 0,16 Prozent auf 141,32 Punkte. Der Euro-Bund-Future gab um 0,12 Prozent auf 160,19 Punkte nach. Der Euro stieg nach dem EZB-Entscheid kurz über 1,08 US-Dollar, fiel dann aber deutlich ab. Er stand zuletzt bei 1,0620 Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,0762 (Mittwoch: 1,0730) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9292 (0,9320) Euro.