ATHEN (dpa-AFX) - In Griechenlands politischer Landschaft ist nach den Parlamentswahlen nichts mehr, wie es war. Eine neue Regierung ist nicht in Sicht, manche sprechen von chaotischen Zuständen. Theoretisch kommen mehrere Konstellationen für Koalitionen infrage. Praktisch jedoch scheint es in dem Krisenland unmöglich, dass sich die bisher gemeinsam regierenden Konservativen und die Sozialisten mit populistischen Parteien vom rechten und linken Rand zusammenraufen. Allein können sie nicht weiterregieren und den von EU und internationalen Geldgebern aufgezwungenen Sparkurs fortsetzen - ihnen fehlen zwei Stimmen für eine Mehrheit im Parlament.
Am Montag scheiterte der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, bei dem Versuch, eine Mehrheit zusammenzuflicken. Seit Dienstag ist nun der Chef der Bündnisses der Radikalen Linken (Syriza), Alexis Tsipras, an der Reihe. 'Es ist ein historischer Moment', jubelte der 39-jährige Politaufsteiger, nachdem er von Staatspräsident Karolos Papoulias ein dreitägiges Sondierungsmandat erhielt.
Große Chancen werden ihm nicht eingeräumt. Denn die zweitstärkste Kraft, die ihren Stimmenanteil im Zuge der Euro-Wut vieler Griechen vervierfachen konnte, ist eine klassische Protestpartei. Außenpolitisch macht die antistalinistische linke Sammelbewegung die Rechnung ohne den Wirt. Ihr Vorschlag lautet: Wir bleiben im Euroland, aber wir zahlen keine Schulden.
Der smarte Tsipras, von einem Teil der Medien in Athen als 'Showman' betitelt, will das dreitägige Sondierungsspektakel in jedem Fall voll auskosten. Zunächst will er versuchen, die gesamte Linke zu vereinigen - obwohl die Kommunisten bereits abgewunken haben. Dann stehen Treffen mit außerparlamentarischen Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden auf dem Programm, ehe Tsipras am Freitag mit den Chefs der Konservativen und der Sozialisten sprechen will.
Die versuchen den relativ unerfahrenen Politiker vor Dilemmas zu stellen, die er nicht beantworten kann. Der Sozialist Evangelos Venizelos besteht darauf, dass das Bündnis der Linken an der künftigen Regierung teilnehmen muss. 'Wenn sie das Zauberrezept haben, mit dem man sich Geld leiht und es nicht zurückzahlt, dann los, wir werden sie unterstützen', sagte ein enger Mitarbeiter des früheren Finanzministers. Mit solchen Thesen könne man freilich nicht nach Brüssel gehen, meinen Sozialisten und Konservative.
Die Radikale Linke verweist indes darauf, dass endloses Sparen nicht das Allheilmittel in Europa sein könne. 'Das erste was wir machen werden, ist die Neuaushandlung des Stabilisierungs- und Sparprogramms. Wir wollen die Streichung der Schulden. Wir wollen Wachstum', sagt der Abgeordnete Panagiotis Lafazanis. Mit der Forderung stehe man im übrigen nicht allein in Europa, immer mehr Politiker etwa in Frankreich hätten dies erkannt.
In der Tat ein Dilemma für die Aufsteiger. Wollen sie mitregieren müssen sie sich von einigen ihrer Thesen verabschieden und das umstrittene Sparprogramm schweren Herzens umsetzen. Genau das würde ihnen jedoch all die Anhänger kosten, die sie jetzt gewählt haben. Für ein Regierungsbündnis mit anderen linken Gruppierungen reicht es rechnerisch nicht.
Die Mischung aus Finanzkrise und Regierungskrise ist Gift für das Land, das seit langem am Abgrund steht. Es benötigt für Renten und Löhne sowie zur Stabilisierung der Wirtschaft Ende Juni eine frische Milliarden-Spritze. Doch wenn die Kontrolleure der Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, die demnächst wieder in Athen erwartet werden, keine Regierung vorfinden, könnte die ausbleiben. Dann wäre das Land pleite.
Nach der Wahl ist also vor der Wahl? Schon kursieren Gerüchte, dass neue vorgezogene Wahlen bis 17. Juni stattfinden könnten. Ob die Griechen, von denen viele aus Wut über Korruption und Euro-Krise am Sonntag Protest wählten, dann überlegter entscheiden, ist die große Frage./tt/DP/hbr
Am Montag scheiterte der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, bei dem Versuch, eine Mehrheit zusammenzuflicken. Seit Dienstag ist nun der Chef der Bündnisses der Radikalen Linken (Syriza), Alexis Tsipras, an der Reihe. 'Es ist ein historischer Moment', jubelte der 39-jährige Politaufsteiger, nachdem er von Staatspräsident Karolos Papoulias ein dreitägiges Sondierungsmandat erhielt.
Große Chancen werden ihm nicht eingeräumt. Denn die zweitstärkste Kraft, die ihren Stimmenanteil im Zuge der Euro-Wut vieler Griechen vervierfachen konnte, ist eine klassische Protestpartei. Außenpolitisch macht die antistalinistische linke Sammelbewegung die Rechnung ohne den Wirt. Ihr Vorschlag lautet: Wir bleiben im Euroland, aber wir zahlen keine Schulden.
Der smarte Tsipras, von einem Teil der Medien in Athen als 'Showman' betitelt, will das dreitägige Sondierungsspektakel in jedem Fall voll auskosten. Zunächst will er versuchen, die gesamte Linke zu vereinigen - obwohl die Kommunisten bereits abgewunken haben. Dann stehen Treffen mit außerparlamentarischen Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden auf dem Programm, ehe Tsipras am Freitag mit den Chefs der Konservativen und der Sozialisten sprechen will.
Die versuchen den relativ unerfahrenen Politiker vor Dilemmas zu stellen, die er nicht beantworten kann. Der Sozialist Evangelos Venizelos besteht darauf, dass das Bündnis der Linken an der künftigen Regierung teilnehmen muss. 'Wenn sie das Zauberrezept haben, mit dem man sich Geld leiht und es nicht zurückzahlt, dann los, wir werden sie unterstützen', sagte ein enger Mitarbeiter des früheren Finanzministers. Mit solchen Thesen könne man freilich nicht nach Brüssel gehen, meinen Sozialisten und Konservative.
Die Radikale Linke verweist indes darauf, dass endloses Sparen nicht das Allheilmittel in Europa sein könne. 'Das erste was wir machen werden, ist die Neuaushandlung des Stabilisierungs- und Sparprogramms. Wir wollen die Streichung der Schulden. Wir wollen Wachstum', sagt der Abgeordnete Panagiotis Lafazanis. Mit der Forderung stehe man im übrigen nicht allein in Europa, immer mehr Politiker etwa in Frankreich hätten dies erkannt.
In der Tat ein Dilemma für die Aufsteiger. Wollen sie mitregieren müssen sie sich von einigen ihrer Thesen verabschieden und das umstrittene Sparprogramm schweren Herzens umsetzen. Genau das würde ihnen jedoch all die Anhänger kosten, die sie jetzt gewählt haben. Für ein Regierungsbündnis mit anderen linken Gruppierungen reicht es rechnerisch nicht.
Die Mischung aus Finanzkrise und Regierungskrise ist Gift für das Land, das seit langem am Abgrund steht. Es benötigt für Renten und Löhne sowie zur Stabilisierung der Wirtschaft Ende Juni eine frische Milliarden-Spritze. Doch wenn die Kontrolleure der Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, die demnächst wieder in Athen erwartet werden, keine Regierung vorfinden, könnte die ausbleiben. Dann wäre das Land pleite.
Nach der Wahl ist also vor der Wahl? Schon kursieren Gerüchte, dass neue vorgezogene Wahlen bis 17. Juni stattfinden könnten. Ob die Griechen, von denen viele aus Wut über Korruption und Euro-Krise am Sonntag Protest wählten, dann überlegter entscheiden, ist die große Frage./tt/DP/hbr