💙 🔷 Q3 ohne Big Tech-Power? Diese Blue-Chip-Schnäppchen haben's drauf!Alle ansehen

Trump legt die Axt an die G7-Wurzeln

Veröffentlicht am 03.06.2018, 11:38
Aktualisiert 03.06.2018, 11:40
© Reuters. A delegate grabs a flag to prevent it from being blown over by the wind outside of the G7 Finance Ministers summit in Whistler

- von Gernot Heller

Whistler (Reuters) - Die G7-Gruppe der etablierten westlichen Industrieländer kämpft nach mehr als 40 Jahren um ihre Existenzberechtigung. Das Bild vor dem Pressezentrum des G7-Finanzministertreffens im kanadischen Whistler war bezeichnend: In dem Briefing-Raum davor fehlten unter den an der Kopfseite aufgestellten Flaggen der Beteiligten Länder zwei: die amerikanische und die britische. Der eine, Grossbritannien, ist gerade dabei, der europäischen Familie den Rücken zu kehren. Der andere, die USA, rückt nicht erst mit der Entscheidung zu Importzöllen für europäische Stahl- und Aluminiumprodukte mehr und mehr von jahrzehntelangen Partnern ab. Von "Verbündeten" spricht etwa Bundesfinanzminister Olaf Scholz inzwischen nur noch, wenn er die USA erwähnt. Das Worte von den "Freunden" nimmt kaum mehr jemand in den Mund.

Dabei war die G7 einmal eine große Nummer, ein exklusiver Club von Gleichgesinnten, die nicht nur Kritiker als den wohl mächtigsten seiner Art in der Welt ansahen. Auch wenn ihm die G20, der auch aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China und Indien angehören, nach der Finanzkrise 2008 den Rang ablief - die G7 blieb etwas besonderes. Nicht nur Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch ihre Kollegen aus den USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich und Italien kultivierten über Jahre den Begriff von der Wertegemeinschaft. Wenn man sich über die Grundprinzipien einig ist, so die These, sollte die Einigung in vielen Streitfragen viel leichter fallen und dabei ein solides Vertrauensbasis gepflegt werden können.

Zu diesem gemeinsamen Wertekanon, auf den sich die G7 über die Jahre berief, gehörten bis vor kurzem neben Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auch das Bekenntnis zum freien Handel und die Ablehnung jeglicher Form von Protektionismus. Doch seit dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident ist diese Gemeinsamkeit zerbröselt. Und die nun gegenüber den Europäern scharf gestellten Importzölle für Stahl und Aluminium aus Gründen der nationalen Sicherheit, die Scholz fadenscheinig nennt, sind nur der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung.

"OFFEN UND EHRLICH"

© Reuters. A delegate grabs a flag to prevent it from being blown over by the wind outside of the G7 Finance Ministers summit in Whistler

Es sind nicht nur wirtschaftliche Argumente, die die Europäer in ihrer Empörung den Amerikanern entgegengehalten - zuletzt Kanzlerin Merkel im direkten Gespräch mit dem US-Präsidenten. Es geht um mehr. Es geht etwa darum, dass sich die Europäer lange als der engste Verbündete der USA fühlten, und jetzt an den Pranger gestellt und wirtschaftlich bedroht werden. Und es geht auch um Begriffe wie "Respekt gegenüber Europa" und "Souveränität Europas". Die jedenfalls hat Bundesfinanzminister Scholz gegenüber seinem US-Kollegen Steven Mnuchin in einem denkwürdigen Gespräch am Rande des G7-Finanzministertreffens in Whistler gleich mehrfach ins Feld geführt, wie ein deutscher Gesprächsteilnehmer erzählte. Die Europäer sind betroffen.

Beim Treffen der beiden Finanzminister am Donnerstag ging es denn auch, glaubt man den Beschreibungen der Beteiligten, ohne Umschweife hart zur Sache. Raum für Small-Talk und Wortgirlanden gab es, so der Insider, keinen. "Offen und ehrlich", nennt der Diplomat solche harten Unterredungen. Ähnlich dürften die Treffen des US-Ministers mit seinen anderen Kollegen aus der G7 gewesen sein, die er in der Art eines "Speeddatings" im Stundentakt hintereinander aufmarschieren ließ. Nicht einmal den Schein des guten Miteinanders wollte Mnuchin wahren. Als es zum Abendessen des ersten Konferenztages ging, fehlte jedenfalls einer zumindest am Anfang: der Finanzminister der Führungsnation USA.

Das Ende der G7-Gruppe der großen Industrieländer bedeutet der Familienkrach aber, so meinen die meisten Experten, wohl denn doch nicht. Viele langjährige Akteure sehen es so wie der deutsche Finanzminister: den Gesprächsfaden sollte man, so tief auch die Gegensätze sind, nie abreißen lassen - schon gar nicht angesichts der immer weiter wachsenden Probleme in der Welt. Allerdings droht dem einstmals so exklusiven Club ein Abstieg: Auf die Ebene eines von vielen stinknormalen Länderforen.

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.