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Türkei-Krise – nur die Spitze des Eisbergs

Veröffentlicht am 23.08.2018, 12:31
© Reuters.  Türkei-Krise – nur die Spitze des Eisbergs

Die Türkei-Krise lässt sich als Fortsetzung der Krisenspirale deuten, die seit 2008/2009 die großen Volkswirtschaften der Welt erfasst hat. Auf dem Wege der Fremdwährungsverschuldung scheint sie nun auf die aufstrebenden Volkswirtschaften überzugreifen – und könnte weltweite Kreise ziehen. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Zentralbanken beziehungsweise der IWF der Türkei beispringen werden, um „Ansteckungseffekte“ auszuschalten. Das eigentliche Problem – der weltweite Schuldenaufbau – wird dadurch jedoch nicht gelöst, sondern vielmehr vergrößert.

In der „Türkei-Krise“ kommt einiges zusammen. Das Land – Einwohnerzahl knapp 72 Millionen Menschen mit einer Wirtschaftsleistung von umgerechnet rund 850 Mrd. US-Dollar – hat seit Jahren ein chronisches Leistungsbilanzdefizit (in 2017 betrug es 5,5 Prozent der Wirtschaftsleistung): Es importiert mehr Güter als es exportiert. Finanziert wird es bislang durch Kapitalzuflüsse aus dem Ausland. Investoren sind bereit, in der Türkei zu investieren, aber auch dem Staat, Banken und Unternehmen in der Türkei Kredite in Fremdwährung zu gewähren. Auf diese Weise hat die Türkei Auslandsschulden in Höhe von insgesamt 466,7 Mrd. US-Dollar (Stand Ende Q1 2018) angehäuft.

Nach langen Jahren des wirtschaftlichen Erfolgs – die türkische Wirtschaft ist seit Mitte 2009 um durchschnittlich mehr als 6 Prozent pro Jahr gewachsen – sind „Überhitzungserscheinungen“ und Fehlentwicklungen – wirtschaftlicher und politischer Art – unübersehbar geworden. Die Staatsdefizite der Türkei sind hoch, die Gesamtverschuldungsquote ist gestiegen, und mittlerweile steigt auch noch die Jahresinflation der Konsumgüterpreise stark in die Höhe: Im Juli 2018 lag sie offiziell bei knapp 16 Prozent, angeheizt von einer starken heimischen Kredit- und Geldmengenausweitung.

Nun sorgen sich Investoren, dass der türkische „Kreditboom“ böse enden könnte. Das erste sichtbare Opfer ist die Türkische Lira. Musste man im Dezember 2016 noch 1,042 Türkische Lira für einen US-Dollar bezahlen,waren es Ende Dezember 2017 schon 1,194. Mittlerweile sind es 6,075 (23.August 2018). Der Verfall des Lira-Außenwertes ist für die türkischen Schuldner, die Kredite in Fremdwährung aufgenommen haben, natürlich extrem problematisch: Zum einen verteuert sich die Rückzahlung der Kredit ein Lira gerechnet, zum anderen verschlechtern sich auch die Kreditkonditionen,da die Kreditgeber nun einen höheren Zins fordern.

Stark steigende Zinsen werden den Kreditboom in der Türkei sehr wahrscheinlich in sich zusammensacken lassen. Rezession und Arbeitslosigkeit wären die Folge. Für die Weltwirtschaft bedeutsam dürfte vor allem der mögliche „Ansteckungseffekt“ sein, sollten die türkischen Schuldner ihre Fremdwährungskredite tatsächlich nicht mehr bedienen können. Dann könnten sich die Investoren auch von anderen Fremdwährungsschuldnern – wie zum Beispiel Mexiko, Argentinien, Indonesien oder Brasilien – abkehren, und diese Länder kämen in eine vergleichbar schwierige Lage bringen wie die Türkei. Aus der türkischen Lira-Krise würde eine Krise der aufstrebenden Volkswirtschaften.

Kreditausfälle („Credit Events“) können die Kreditmärkte nachhaltig erschüttern, können die Kreditkosten für Schuldner weltweit erhöhen – und das würde letztlich natürlich auch die entwickelten Volkswirtschaften in Mitleidenschaft ziehen. Vor diesem Hintergrund ist es daher recht wahrscheinlich, dass die Türkei beziehungsweise ihre Kreditgeber „gerettet“ werden. Unterstützung könnten sie vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten, der vermutlich bereits Gewehr bei Fuß steht – wenngleich auch die türkische Regierung bislang offiziell noch keine Hilfe angefragt hat.

Der IWF hat der Türkei zuletzt 1999 bis 2002 US-Dollar-Notkredite gewährt, um einen Kreditausfall des Landes in Fremdwährung abzuwenden und weltweite Ansteckungseffekte zu verhindern. Die Türkei könnte heute wiederauf IWF-Kredite zurückgreifen, die der IWF unter Auflagen (das sind in der Regel wirtschaftspolitische Reformprogramme, die vom IWF eingefordert werden) gewährt. Mit derartigen Finanzierungslinien ließen sich fällig werdende Kreditverbindlichkeiten vollumfänglich bedienen und die Anspannung in den Kreditmärkten lindern.

„Sicherheitsnetz“

Die Türkei-Krise ist mehr als ein „Einzelfall“. Sie steht symptomatisch für die Folgen eines weltweiten ungedeckten Papiergeldsystems, in dem Zentralbanken dafür sorgen, dass Banken per Kreditvergabe neues Geld „aus dem Nichts“ schaffen. Das setzt einen künstlichen Aufschwung (Boom) in Gang, der nachfolgend in zusammenbrechen, in eine Rezession (Bust) münden muss. Das ungedeckte Geld bietet vor allem den Regierungen die Möglichkeit,anti-marktwirtschaftliche, verschwenderische Politiken zu verfolgen, die die Wohlstandsperspektiven der Volkswirtschaft beeinträchtigen.

In den letzten Jahren haben viele aufstrebende Volkswirtschaften die Phase der extrem niedrigen Zinsen in den großen Volkswirtschaften genutzt, um Fremdwährungskredite insbesondere in US-Dollar, aber auch in Euro aufzunehmen. Die Kreditgeber waren bereit, derartige Darlehen zu gewähren,denn sie rechneten wohl damit, dass die Staatengemeinschaft „im Fall der Fälle“ alles unternehmen wird, um große Kreditausfälle abzuwehren. Vorallem die Zentralbanken haben mit ihrer Politik der letzten Jahre den Investoren signalisiert, dass sie ein „Sicherheitsnetz“ aufgespannt haben.

Investoren gehen mittlerweile davon aus, dass, sollten Konjunkturen und Finanzmärkte ins Wanken geraten, die Zentralbanken einspringen und mit niedrigen Zinsen und einem Ausweiten der Geldmengen eine erneute Krise abwehren. In gleicher Weise wird die Rolle des IWF gesehen. Auch er lässt die Investoren im „Notfall“ auf Unterstützung hoffen. Investoren sind daher bereit,Kredite mit niedrigen Zinsen an Schuldner zu vergeben, die nicht die notwendige Kreditqualität aufweisen. Das Sicherheitsnetz, das die Zentralbanken und der IWF aufgespannt haben, führt so zu erheblichen „Moralischen Wagnissen“ („Moral Hazard“).

Moralische Wagnisse (man kann auch von „verantwortungslosem Wagemut“ sprechen) bezeichnen die Tatsache, dass Investoren aufgrund der (kostenlosen) Versicherung, die sie von staatlichen Stellen erhalten, risikoreichere Investitionen tätigen im Vergleich zu einer Situation, in der es keine solche Versicherung gibt. Die Erträge der risikoreichen Investitionen werden von den Investoren vereinnahmt, die Kosten werden auf die Allgemeinheit abgewälzt: Erhöhen die Zentralbanken zur „Krisenabwehr“ zum Beispiel die Geldmenge, werden den Investoren Kursverluste erspart, und die Geldhalter und Sparer erleiden Kaufkraftverluste.

„Bail Out“

Unter den herrschenden Bedingungen ist die „Rettung der Türkei“ –beziehungsweise die Rettung („Bail Out“) der Kreditgeber, die der Türkei Kredite gegeben haben – wahrscheinlich, insbesondere dann, wenn die Krise droht, auf andere Kreditmärkte beziehungsweise das internationale Bankensystem überzuschwappen. Das ganze Debakel wird für alle, die es sehen wollen, damit offenkundig: Die Zentralbanken haben mit ihrer Politik der Kredit- und Geldmengenausweitung eine unheilvolle „Kriseneskalation“ im internationalen Finanzsystem los getreten.

Mittlerweile sind die weltweiten Schuldenlasten so stark angestiegen, ist die Abhängigkeit der Wirtschaften von Niedrigzinsen und wachsenden Kredit- und Geldmengen so groß geworden, dass man die als systemrelevant erachteten Schuldner, die sich übernommen haben, nicht mehr Pleite gehen lassen will.Sie werden daher mit neu geschaffenen Krediten und Geld und mit künstlich gesenkten Zinsen über Wasser gehalten und sogar wieder „in Form“ gebracht,damit sie noch mehr Kredite aufnehmen können – man denke hier an zum Beispiel Griechenland, Spanien, Portugal oder die Ukraine.

Die Kreditschulden, die sich weltweit immer weiter auftürmen, können in einem ungedeckten Papiergeldsystem nicht mehr zurückgezahlt werden,zumindest nicht mit wert stabilem Geld. Noch allerdings scheinen die Märkte das Vertrauen zu haben, dass die Schuldentragfähigkeit der Welt-Staatengemeinschaft groß genug ist, um weitere strauchelnde Schuldner mit neuen Krediten und Kreditzusagen aus der Patsche zu helfen. Doch wenn dieses Vertrauen schwindet, oder wenn „große Mitspieler“, allen voran die Vereinigten Staaten von Amerika, aussteigen (wollen), dürfte das Ende der Fahnenstange erreicht sein.

Die Türkei-Krise lässt sich als Fortsetzung der Krisenspirale deuten, die seit 2008/2009 die großen Volkswirtschaften der Welt erfasst hat. Auf dem Wege der Fremdwährungsverschuldung scheint sie nun auf die aufstrebenden Volkswirtschaften überzugreifen – und könnte weltweite Kreise ziehen. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Zentralbanken beziehungsweise der IWF der Türkei beispringen werden, um „Ansteckungseffekte“ auszuschalten. Das eigentliche Problem – der weltweite Schuldenaufbau – wird dadurch jedoch nicht gelöst, sondern vielmehr vergrößert.

„Sicherer Hafen“

US-Dollar-Kredite, die außerhalb der USA vergeben wurden (in Form von Schuldpapieren und Bankkrediten), beliefen sich Ende März 2018 auf 11,5 Billionen US-Dollar, davon gingen 3,7 Billionen US-Dollar in die aufstrebenden Volkswirtschaften. Euro-Kredite, die außerhalb des Euroraums aufgenommen wurden, erreichten 3,1 Billionen Euro. Damit stellt sich die Frage: Wie werden die US-Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) auf die Probleme der Fremdwährungsschuldner reagieren? Die Antwort dürfte auf der Hand liegen:

Sie müssen die Probleme der US-Dollar- beziehungsweise Euro-Schuldner in ihrer Geldpolitik berücksichtigen, das heißt, eine weiterhin laxe Geldpolitik verfolgen: die Zinsen relativ niedrig halten und sicherstellen, dass die Kredit und Geldmengen weiter anschwellen. Solche systemstützenden Maßnahmen laufen jedoch auf eine immer höhere weltweite Verschuldung hinaus, die früher oder später eine Schuldenmonetisierung in großem Stil provoziert. Inden USA, Europa oder Japan sind die Anfänge bereits erkennbar: Die Zentralbanken kaufen Schuldpapiere gegen Ausgabe von neu geschaffenem Geld.

Die damit verbundenen Niedrigzinspolitiken und Kredit- und Geldmengenausweitungen haben die Konjunkturen bislang in Gang gehalten und vor allem auch die Preise auf den Vermögensmärkten – den Märkten für Aktien, Bonds, Häuser und Grundstücke – in die Höhe getrieben; und das könnte auch noch einige Zeit so weitergehen. Die Kaufkraft des Geldes kommt dabei jedoch unter die Räder, die offiziellen Währungen sind kein „sicherer Hafen“ mehr, vor allem dann, wenn man die Türkei-Krise als Spitze eines Insbesondere Fed und EZB sorgen für eine wachsende Verschuldung der Weltwirtschaft in US-Dollar und Euro – und verursachen dadurch ein großes Eisbergs interpretiert:

Insbesondere Fed und EZB sorgen für eine wachsende Verschuldung der Weltwirtschaft in US-Dollar und Euro – und verursachen dadurch ein großes Dilemma: Entweder richten sie ihre Geldpolitik an den Erfordernissen ihrer eigenen Währungsräume aus – und laufen Gefahr, den neuen weltweiten Kreditboom platzen zu lassen. Oder aber sie berücksichtigen die Lage der US Dollar-und Euro-Schuldner in anderen Regionen der Welt – und müssen eine zusehends inflationäre Geldpolitik betreiben. Fed und EZB werden erpressbar durch die ausländischen US-Dollar- und Euro-Schuldner. Druck und Anreiz steigen, eine inflationäre Geldpolitik zu betreiben, um eine neuerliche Kreditkrise zu verhindern.

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Ein Beitrag von Dr. Thorsten Polleit.

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