FRANKFURT (dpa-AFX) - Der September bleibt seinen Ruf als schwacher Börsenmonat bislang schuldig. Allen Unkenrufen zum Trotz präsentiert sich der deutsche Aktienmarkt bisher robust. Nach einer kleinen Schwächephase zu Beginn des Monats hat sich der Dax mittlerweile wieder gefangen. Wohin die Reise geht, bleibt aber unsicher.
Seine Stabilität verdankt der Dax nicht zuletzt der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Mit ihrer jüngsten Zinssenkung haben die Währungshüter die Erwartungen der Märkte erfüllt. Und da die Notenbank in den beiden kommenden Jahren von nachlassendem Inflationsdruck ausgeht, stehen die Chancen für weiter sinkende Zinsen gut. "Wir rechnen mit quartalsweisen Senkungen von jeweils 25 Basispunkten, bis ein Niveau von etwa zwei Prozent erreicht ist", prognostiziert Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte & Anlagestrategie der DekaBank.
Mit diesem zwar langsamen, aber kontinuierlichen Zinssenkungspfad erhalten die Börsen einen stetigen geldpolitischen Rückenwind. "Der weitere Abstieg vom Zinsgipfel mindert nicht nur die Attraktivität der geldmarktnahen Anlagen", betont Kapitalmarktstratege Robert Halber von der Baader Bank. "Er stimuliert vor allem nachhaltig die konjunkturellen und damit fundamentalen Auftriebskräfte der Aktienmärkte."
Das gilt um so mehr, als auch die US-Notenbank in der kommenden Woche der EZB auf ihrem Zinspfad folgen dürfte. Unsicherheit herrscht lediglich über die Größe des ersten Schritts. Galten moderate 25 Basispunkte bislang als gesetzt, haben Medienberichte zuletzt wieder Spekulationen auf einen großen Senkungsschritt von 50 Basispunkten angeheizt.
Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre dies aber nicht nur positiv, sondern würde auch skeptische Stimmen bestätigen. "Ähnlich wie im Jahr 2021, als wir der Meinung waren, dass die Fed im Zinserhöhungszyklus zu spät dran war, sind wir jetzt verblüfft, dass sie es im Zinssenkungszyklus ebenfalls ist", so Stephen Auth, leitender Investmentstratege beim US-Vermögensverwalter Federated Hermes (EPA:HRMS). 50 Basispunkte wären daher angebracht, aber wahrscheinlich werde es die US-Notenbank bei einem kleinen Schritt belassen. An den günstigen mittelfristigen Aussichten ändert dies freilich nichts, denn auch in den USA stehen die Zeichen auf weiter sinkende Zinsen. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit treten wir jetzt in einen verlängerten Zinssenkungszyklus ein", so Auth.
Grünes Licht für die Börsen bedeutet das aber noch nicht. Denn bei allen positiven Vorgaben der Geldpolitik sollten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen nicht außer Acht gelassen werden. "Klarheit darüber wird es erst geben, wenn das US-Wahlergebnis einschließlich Kongressmehrheit feststeht", heißt es in einer Einschätzung der Landesbank Baden-Württemberg. "Bis dahin dürften sich die Anleger mit Neukäufen zurückhalten."
Dies spiegelt sich auch in der charttechnischen Lage wider. Trotz der jüngsten Stabilisierung steht der Dax noch vor der eigentlichen Bewährungsprobe, denn Dreh- und Angelpunkt ist nach Einschätzung des technischen Analysten Marcel Mußler der "Abwärtstrend bei 18.660 Punkten". Erst der Bruch dieser Marke würde die Situation zum Positiven ändern. "Die Konsequenz dieses Kaufsignals zielt darauf ab, dass dann auch der Dax wieder nach ganz oben angreifen und neue Highs erzielen wird", unterstreicht Mußler die Bedeutung der Hürde.
Bei aller Konzentration auf die deutschen Standardaktien lohnt unterdessen ein Blick auf die Nebenwerte. Denn anders als die großen Titel sind die Aktien aus der zweiten Reihe günstig zu haben. "Während der Dax mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 12 entlang seines historischen Mittels handelt, ist der MDax mit 13 günstiger bewertet als an 90 Prozent der Handelstage der vergangenen 20 Jahre", stellt Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank (ETR:DBKGn) fest. "Nimmt die Konjunktur Deutschlands im nächsten Jahr - wie beispielsweise vom Internationalen Währungsfonds erwartet - wieder Fahrt auf, dürften die Umsätze der MDax-Firmen deutlich steigen und die Aktienkurse profitieren.