Investing.com - Die US-Notenbank Fed hat wie erwartet ihren Leitzins am Mittwochabend um 50 Basispunkte angehoben. Damit steigt die Spanne der Fed Funds Rate auf 4,25 Prozent bis 4,50 Prozent. Das teilte die Federal Reserve in Washington mit.
Analysten hatten bei der heutigen Sitzung mit einer Abflachung der Zinserhöhungen auf 50 Basispunkte gerechnet.
Es ist bereits die siebte Leitzinserhöhung in Folge, aber die kleinste seit Juli, als die Fed im Kampf gegen die höchste Inflation seit mehr als 40 Jahren begann, das Tempo der Zinserhöhungen zu beschleunigen und sie in jeder der vier folgenden Sitzungen um ungewöhnliche 75 Basispunkte anhob. Für gewöhnlich erhöht die Notenbank ihren Schlüsselsatz in Schritten von 25 Basispunkten.
Im Begleittext hieß es wie im November: Die Fed-Vertreter "gehen davon aus, dass weitere Erhöhungen der Zielspanne angemessen sind, um einen ausreichend restriktiven geldpolitischen Kurs zu erreichen, der die Inflation mit der Zeit auf 2 Prozent zurückbringt. Bei der Festlegung des Tempos künftiger Erhöhungen des Zielbandes wird der Ausschuss die kumulative Straffung der Geldpolitik, die Wirkungsverzögerungen, mit denen sich die Geldpolitik auf die Wirtschaftstätigkeit und die Inflation auswirkt, sowie die wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen berücksichtigen".
Die Federal Reserve hat die Märkte behutsam auf eine Verlangsamung des Zinserhöhungstempos vorbereitet. Schon auf ihrer November-Sitzung signalisierte sie, dass die Zinsschritte künftig kleiner ausfallen könnten. Zugleich stellte sie aber auch in Aussicht, dass die Leitzinsen nicht nur auf ein höheres Niveau steigen könnten als noch im September angenommen, sondern auch länger hoch bleiben könnten, um eine Rückführung der Inflation auf das von den Notenbankern angepeilte Ziel von 2 Prozent zu gewährleisten.
Aus Angst vor einem Gewöhnungseffekt von Verbrauchern und Unternehmen an eine hohe Inflation, die zu kräftigen Lohnsteigerungen führen könnte, hat die Fed in diesem Jahr die Leitzinsen so aggressiv angehoben wie seit den 1980er Jahren nicht mehr.
Der Dot Plot der US-Notenbanker
In den neuen Zinsprognosen sehen die US-Notenbanker den Zinsgipfel im nächsten Jahr bei 5,1 Prozent. Im September rechneten die Fed-Vertreter für 2023 im Mittel noch mit einem Leitzins von 4,6 Prozent. Nach den unerwartet niedrigen US-Inflationszahlen gestern hatte der Markt seine Erwartung für den Endsatz auf 4,8 Prozent gesenkt.
Erste Zinssenkungen sieht die Fed erst im Jahr 2024. Hier soll der Leitzins dann auf 4,1 Prozent (vorher 3,9 Prozent) sinken, ehe er 2025 auf 3,1 Prozent (vorher 2,9 Prozent) fällt.
Die Wachstums- und Inflationsprognosen der US-Notenbanker
In ihren Wachstumsprojektionen erwartet die Fed nun ein geringeres Wirtschaftswachstum für 2023 als noch vor drei Monaten angenommen. Demnach soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der größten Volkswirtschaft der Welt nur noch um 0,5 Prozent wachsen. Zuvor hatte man mit 1,2 Prozent gerechnet. 2024 soll sich dann die Wirtschaft mit einem Wachstumsclip von 1,6 Prozent (vorher 1,7 Prozent) erholen.
Die PCE-Kerninflation sieht die Fed für 2023 mit 3,5 Prozent (vorher 3,1 Prozent) weiterhin deutlich über dem Zielwert von 2 Prozent.
Ian Shepherdson, Chefökonom bei Pantheon Economics, zeigte sich über die Inflationsprognosen irritiert. Sie würden darauf hindeuten, "dass die entweder Fed den Glauben daran verloren hat, dass die Margenkompression die Inflation nach unten treibt - und das, obwohl die Fed-Vizechefin Brainard noch vor wenigen Wochen mit Nachdruck darauf hingewiesen hat - oder dass sie nicht mehr so recht glaubt, dass die höhere Arbeitslosigkeit die Lohninflation mildert, oder aber beides. Angesichts der seit der September-Prognose hereingekommenen Daten sehen wir keinen Grund für diese Einschätzungen und sind der festen Überzeugung, dass die Inflation im nächsten Jahr deutlich unter den Schätzungen der Fed liegen wird."
Angesichts der aggressiveren Projektionen der Fed erhöhe dies die Wahrscheinlichkeit einer Leitzinserhöhung um 50 Basispunkte am 1. Februar, so der Experte. Das hänge jedoch auch von den im Januar anstehenden Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten ab. "Eine weitere Abschwächung der Kerninflation, eine deutliche Verlangsamung des Beschäftigungswachstums und niedrigere Löhne - all das ist unser Basisszenario - würden eine Anhebung um 25 Basispunkte wahrscheinlicher machen."
Zwar ist die Inflation in den USA im November auf 7,1 Prozent gesunken, nach 7,7 Prozent im Vormonat. Und auch die Kernrate ging deutlicher zurück als gedacht. Der von der Atlanta Fed berechnete "Core Sticky CPI", der nicht nur volatile Komponenten wie Lebensmittel und Energie ausklammert, sondern auch nur Güter aus dem offiziellen CPI einbezieht, die ihre Preise im Durchschnitt nur alle 4,3 Monate ändern, stieg jedoch von 6,4 Prozent auf 6,5 Prozent. Doch selbst dieser Inflationsindikator, der in der Regel viel geringere Schwankungen aufweist als der CPI des BLS und daher nur langsam seinen Trend umkehrt, verlangsamt allmählich seinen Preisanstieg.
Nach Einschätzung der Danske Bank (CSE:DANSKE) "befindet sich die Fed nun auf dem richtigen Weg, muss aber immer noch den Arbeitsmarkt weiter abkühlen und die Lohninflation auf ein Niveau begrenzen, das besser mit ihrem Inflationsziel vereinbar ist."
Entsprechend erwartet die dänische Bank, dass Fed-Chef Powell bei seiner Pressekonferenz darauf bedacht sein wird, den Märkten eine nicht allzu dovishe Botschaft zu übermitteln, "denn die gestrige Kombination aus niedrigeren Renditen, höheren Aktienkursen und einem schwächeren US-Dollar deutet auf eine Lockerung der finanziellen Bedingungen hin" - etwas, das eine Fed, die sich nach wie vor im Inflationsbekämpfungsmodus befindet, nicht will.
Die Pressekonferenz von Fed-Chef Powell findet um 20:30 Uhr MEZ statt. (Zur Pressekonferenz hier klicken)
Die Reaktion der Märkte
An den Märkten kam es nach der Zinsentscheidung und dem Dot Plot, der das Zinshoch um 0,5 Prozent höher ansetzt als in den September-Projektionen, zu starken Schwankungen: Der Dow Jones gab seinen gesamten Gewinn von rund 200 Punkten wieder ab und rutschte teilweise über 140 Punkte ins Minus, bevor er sich wieder etwas erholte. Zuletzt lag der US-Standardwerteindex 114 Punkte oder 0,34 Prozent tiefer. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 0,41 Prozent nach unten und der Nasdaq 100 verlor 0,51 Prozent an Wert.
Auf Sektorebene büßten Kommunikationsdienstleistungen (NYSE:XLC) (-1,22 Prozent) unmittelbar nach der Fed-Zinsentscheidung das meiste ein, während sich der zinssensitive Immobiliensektor (-0,38 Prozent) (NYSE:XLRE) mit einem Minus von 0,38 % recht gut halten konnte. Der Dow Jones Transport legte sogar um 0,46 Prozent zu, was doch etwas überrascht, schließlich hat die Fed ihre Wachstumsprognosen merklich gesenkt.
Der Dollar konnte seine Tagesverluste wettmachen und notiert nahezu unverändert zum Vortag. Die Bewegungen am Rentenmarkt waren zunächst überschaubar, die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen stieg um 1,51 Prozent auf 3 Basispunkte bei 3,53 Prozent, die Zweijahresrendite erhöhte sich um 3 Basispunkte auf 4,25 Prozent.
von Robert Zach