BERLIN (dpa-AFX) - Außenministerin Annalena Baerbock hat in einem Brief an die Grünen-Bundestagsfraktion für die Einigung der EU-Innenminister auf eine Asylreform geworben. Die Entscheidung sei ihr "als Außenministerin, als Grüne und auch persönlich sehr schwergefallen", schrieb Baerbock. Sie halte die Einigung dennoch für richtig, weil sich der Status Quo für viele Geflüchtete dadurch verbessern werde. Der Brief, über den zuvor die "Bild" berichtete, lag der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vor.
Die EU-Staaten hatten am Donnerstag in Luxemburg mit einer ausreichend großen Mehrheit für umfassende Reformpläne gestimmt. Vorgesehen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive. So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. Denkbar ist aber, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln.
Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen nachdrücklich dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte.
Die Bundesregierung habe hart dafür gekämpft, die Freiheitsbeschränkungen gerade für Familien so gering wie möglich zu halten, schrieb Baerbock an die Abgeordneten. "Leider standen dabei nur Luxemburg, Irland und Portugal auf unserer Seite." Der jetzt erreichte Kompromiss sei kein einfacher. "Kein Kompromiss hätte bedeutet, dass gar keine Geflüchteten mehr verteilt werden. Dass Familien und Kinder aus Syrien oder aus Afghanistan, die vor Krieg, Folter und schwersten Menschenrechtsverletzungen geflohen sind, dauerhaft und ohne Perspektive an der Außengrenze festhängen."
Die Grünen-Politikerin hatte bereits am Donnerstag in Videoschalten bei Partei und Fraktion für den Kompromiss geworben.