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DGAP-WpÜG: Dr. Ralf Nemetschek (ETR:NEKG) / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Nemetschek SE; Bieter: Dr. Ralf Nemetschek
18.07.2022 / 18:15 CET/CEST
Veröffentlichung einer WpÜG-Mitteilung, übermittelt durch DGAP - ein Service
der EQS Group AG (ETR:EQSn).
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung über die Erteilung einer Befreiung nach § 37 WpÜG von der
Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots an die
Aktionäre der Nemetschek SE, München
Auf entsprechenden Antrag von Herrn Dr. Ralf Nemetschek ("Antragsteller")
hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") mit
Bescheid vom 6.5.2022 den Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG von
der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an
der Nemetschek SE, München, zu veröffentlichen, sowie von der Verpflichtung
nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine Angebotsunterlage zu
übermitteln, und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2
Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit. Der Tenor des
Bescheids lautet wie folgt:
1. Der Antragsteller wird für den Fall, dass er in Folge der Übernahme
eines Amts im·Stiftungsrat der Nemetschek Stiftung, Konrad-Zuse-Platz 1,
81829 München, (folgend "Nemetschek-Stiftung") und dem damit verbundenen
Erwerb der Sonderrechte gemäߧ 13 Abs. 1 Nr. 2-3 der Satzung der
Nemetschek-Stiftung die Kontrolle im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG über die
Nemetschek SE, München. erlangt, gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG von der
Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. die Kontrollerlangung an
der Nemetschek SE, München, zu veröffentlichen sowie von den
Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und
nach§ 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit§ 14Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein
Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. kann widerrufen werden
(Widerrufsvorbehalt}, wenn
i. der Antragsteller seinen Stimmrechtsanteil an der Nemetschek SE,
München, der nicht der Poolvereinbarung II (wie nachfolgend unter 1.3.
definiert) unterliegt, einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG
zuzurechnender Stimmrechte aus Aktien der Nemetschek SE, München, auf
mindestens 30 % erhöht oder
ii. die Nemetschek-Stiftung die Möglichkeit zur Ausübung der tatsächlichen
Kontrolle über die Nemetschek SE, München, erlangt.
Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 2. (ii) gilt nicht, wenn der
Stimmrechtsanteil der Nemetschek-Stiftung in der Nemetschek SE, München,
einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG zuzurechnender Stimmrechte, weniger
als 30 % der in der Nemetschek SE, München, vorhandenen Stimmrechte ausmacht
und der Antragsteller seinen Stimmrechtsanteil an der Nemetschek SE,
München, einschließlich etwaiger gemäߧ 30 WpÜG zuzurechnender Stimmrechte,
nicht anderweitig auf mindestens 30 % erhöht. Der Widerrufsvorbehalt unter
Ziffer 2. (ii) gilt zudem dann nicht, wenn der Antragsteller zu dem
Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen dieses Widerrufsvorbehalts entstanden
sind, die Nemetschek-Stiftung nicht faktisch beherrscht hat und danach eine
faktische Beherrschung der Nemetschek-Stiftung auch nicht begründet.
3. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. ergeht unter folgenden
Auflagen:
i. Der Antragsteller hat den Umstand, dass er ein Amt im Stiftungsrat der
Nemetschek-Stiftung übernommen hat und ihm deswegen die Sonderrechte
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2-3 der Stiftungssatzung zustehen, unverzüglich,
spätestens jedoch innerhalb von vier Wochen, durch Vorlage geeigneter
Unterlagen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
nachzuweisen.
ii. Der Antragsteller hat der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes
Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß der vorstehenden Ziffer
2. rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen.
4. Für die positive Entscheidung über den Befreiungsantrag ist von dem
Antragsteller eine Gebühr zu entrichten.
Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
Die Nemetschek SE, München, ist im Handelsregister des Amtsgerichts München
unter HRB 224638 eingetragen (folgend "Zielgesellschaft").
Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 115.500.000,00 und ist in
115.500.000 Stückaktien eingeteilt. Die Aktien der Zielgesellschaft sind
unter der WKN 645290 zum Handel im regulierten Markt an der Frankfurter
Wertpapierbörse zugelassen.
Die für die Befreiungsentscheidung relevante Aktionärsstruktur der
Zielgesellschaft stellt sich wie folgt dar:
Die Nemetschek-Stiftung hält unmittelbar 4.637.109 Aktien der
Zielgesellschaft, entsprechend 4,01 % des Grundkapitals und der Stimmrechte.
Die Nemetschek-Stiftung ist eine rechtsfähige öffentliche Stiftung des
bürgerlichen Rechts. Gemäß § 5 der Satzung der Nemetschek-Stiftung sind die
Organe der Nemetschek-Stiftung der Stiftungsvorstand und der Stiftungsrat.
Stifter der Nemetschek-Stiftung ist Prof. Georg Heinz Nemetschek (folgend
"Prof.
Georg Heinz Nemetschek"). Er ist auch Mitglied des Stiftungsrats. Gemäß 13
Abs. 1 der Satzung der Nemetschek-Stiftung hat Prof. Geörg Heinz Nemetschek
auf Lebenszeit das Recht, (i) dem Stiftungsrat anzugehören und hierin den
Vorsitz zu führen, (ii) Mitglieder der Stiftungsorgane - auch ohne Vorliegen
eines wichtigen Grundes abzuberufen und bei Freiwerden einer Stelle das
Nachfolgemitglied zu berufen, (iii) den Vorsitzenden und den
stellvertretenden Vorsitzenden der Stiftungsorgane zu ernennen und (iv) die
Geschäftsordnung für die Stiftungsorgane zu erlassen, zu ändern oder
aufzuheben.
Die N-lntegral GmbH, Grünwald, eingetragen im Handelsregister des
Amtsgerichts München unter HRB 272067, (folgend " N-lntegral GmbH") ist
durch formwechselnde Umwandlung der Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH &
Co. KG, Grünwald, vor ihrer Löschung eingetragen im Handelsregister des
Amtsgerichts München unter HRA 101113, (folgend "Nemetschek
Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG") entstanden und hält unmittelbar
44.943.675 Aktien der Zielgesellschaft, entsprechend. 38,91 % des
Grundkapitals und der Stimmrechte. Nach § 4 Abs. 1 der Satzung der
N-lntegral GmbH beträgt das Stammkapital der N-lntegral GmbH EUR 100.000,00.
Nach§ 8 Abs. 3 der Satzung der N-lntegral GmbH werden
Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von 90 % der abgegebenen Stimmen
gefasst, soweit nicht die Satzung der N-lntegral GmbH oder das Gesetz eine
höhere Mehrheit vorschreiben. Der Geschäftsanteil mit der laufenden Nummer 1
gewährt nach § 8 Abs. 4 der Satzung der N lntegral GmbH 1.000.000 Stimmen in
der Gesellschafterversammlung der N-lntegral GmbH (folgend "Geschäftsanteil
Nr. 1"). Er wird von der Nemetschek Familienstiftung, Hirtenweg 14, 82031
Grünwald (folgend "Nemetschek Familienstiftung") gehalten. Im Übrigen
gewährt jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme.
Die Whitehole GmbH & Co. KG, Grünwald, eingetragen im Handelsregister des
Amtsgerichts München unter HRA 113806, (folgend "Whitehole GmbH & Co. KG")
hält unmittelbar 3.144.000 Aktien der Zielgesellschaft, entsprechend rd.
2,72 % des Grundkapitals und der Stimmrechte. Einziger Kommanditist der
Whitehole GmbH & Co. KG ist der Antragsteller. Einzige Komplementärin ist
die Whitehole Verwaltungs GmbH, Grünwald, eingetragen im Handelsregister des
Amtsgerichts München unter HRB 263192 (folgend "Whitehole Verwaltungs GmbH").
Sämtliche Geschäftsanteile an der Whitehole Verwaltungs GmbH werden von dem
Antragsteller gehalten.
Der Antragsteller hält nach eigenen Angaben 2.850 Aktien der
Zielgesellschaft, entsprechend rd. 0,00247 % des Grundkapitals und der
Stimmrechte.
3. Poolvereinbarung
Zwischen der Nemetschek-Stiftung und der N-lntegral GmbH besteht zum Zwecke
einer einheitlichen Stimmrechtsausübung eine Poolvereinbarung (folgend
"Poolvereinbarung II"). Dieser sind sämtliche von der Nemetschek-Stiftung
und sämtliche von der N-lntegral GmbH unmittelbar gehaltenen Aktien der
Zielgesellschaft, d. h. insgesamt 49.580.784 Aktien der Zielgesellschaft
unterworfen. Die Nemetschek-Stiftung und die N-lntegral GmbH haben sich
gemäß § 3 Abs. 1 der Poolvereinbarung II verpflichtet, ihre Stimmrechte aus
Aktien der Zielgesellschaft nur noch einheitlich auszuüben oder sich
einheitlich der Stimme zu enthalten. Nach § 3 Abs. 2 der Poolvereinbarung II
ist die Nemetschek-Stiftung verpflichtet, das Stimmrecht aus den von ihr
gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft stets nach Weisung der N-lntegral
GmbH auszuüben. Die Poolvereinbarung II ist erstmals zum 31.12.2049
ordentlich kündbar.
3. Umstrukturierung
Prof. Georg Heinz Nemetschek, die Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH & Co.
KG, die zwischenzeitlich durch Formwechsel nach dem UmwG zur N-lntegral GmbH
wurde, und ihre vormalige Komplementärin, die Nemetschek Verwaltungs GmbH,
Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB
205971 (folgend "Nemetschek Verwaltungs GmbH"), die Nemetschek
Familiensiftung, die Nemetschek Innovationsstiftung, Hirtenweg 14, 82031
Grünwald (folgend "Nemetschek Innovationsstiftung"), der Antragsteller, die
Whitehole GmbH & Co. KG, und ihre Komplementärin, die Whitehole Verwaltungs
GmbH, Alexander Nemetschek (folgend "Alexander Nemetschek"), die Capricorn
Omega GmbH & Co. KG, Grünwald , eingetragen im Handelsregister des
Amtsgerichts München unter HRA 113846 (folgend "Capricorn Omega GmbH & Co.
KG") und ihre Komplementärin, die Capricorn Omega Verwaltungs GmbH, Grünwald
(folgend "Capricorn Omega Verwaltungs GmbH") und die Nemetschek-Stiftung
haben am 18.02.2021 vor dem Notar Dr. Thomas Wachter eine Vereinbarung
(Urkundennummer 345/2021) zur Regelung der Unternehmens nachfolge
abgeschlossen (folgend "Rahmenurkunde"). Diese zielt darauf ab, die im
Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenurkunde in der Nemetschek
Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG gebündelte Beteiligung von Prof. Georg
Heinz Nemetschek. Alexander Nemetschek und des Antragstellers an der
Zielgesellschaft in mehreren Schritten zu entflechten (folgend
"Umstrukturierung").
Im Hinblick auf den vorliegenden Antrag des Antragstellers sind folgende
Aspekte der Umstrukturierung relevant:
Im Einklang mit Abschnitt C § 5 der Rahmenurkunde schlossen der
Antragsteller. Prof. Georg Heinz Nemetschek und Alexander Nemetschek eine
Poolvereinbarung über bestimmte Geschäftsanteile an der N-lntegral GmbH
(folgend "Poolvereinbarung III"). [.]
In Abschnitt H § 2 der Rahmenurkunde wurde vereinbart, dass Prof. Georg
Heinz Nemetschek sein Amt im Stiftungsrat der Nemetschek-Stiftung
aufschiebend bedingt auf den Zugang des Originals des
Niederlegungsschreibens, das der Rahmenurkunde als Kopie in Anlage H.2
beigefügt ist. nieder legt (folgend "Amtsniederlegung"). Zu diesem Zweck hat
Prof. Georg Heinz Nemetschek das Original des Niederlegungsschreibens an den
Notar übergeben und ihn angewiesen, das Niederlegungsschreiben im
Vollzugszeitpunkt VI an die Nemetschek-Stiftung zu übersenden. In Abweichung
hiervon haben die Parteien in der Ergänzungsurkunde des Notars vom
23.11.2021 (Urkundennummer 002768/21) (folgend "Ergänzungsurkunde")
vereinbart, dass der Notar angewiesen wird, das Niederlegungsschreiben nicht
im Vollzugszeitpunkt VI, sondern erst an dem Tag an die Nemetschek Stiftung
zu Händen des Antragstellers zu übersenden, welcher dem Tag folgt. an dem
der Notar die schriftliche Anweisung von dem Antragsteller und Prof. Georg
Heinz Nemetschek erhalten hat, das Niederlegungsschreiben an die
Nemetschek-Stiftung zu übersenden. Dies wird nach den Angaben des
Antragstellers voraussichtlich noch in diesem Jahr erfolgen. Die
Amtsniederlegung von Prof. Georg Heinz Nemetschek hat gemäß § 13 Abs. 4 der
Satzung der Nemetschek-Stiftung zur Folge, dass der Antragsteller als sein
Nachfolger in den Stiftungsrat eintritt. Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 4 der
Satzung der Nemetschek-Stiftung stehen ihm dann auch die vorstehend unter
genannten Sonderrechte zu.
[...]4. Antrag
Mit auf den 28.03.2022 datierenden Schriftsatz beantragt der Antragsteller
"... Die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung der
Kontrollerlangung und zur Abgabe eines Pflichtangebots (§ 37 WpÜG)."
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine
Befreiung auf der Grundlage von § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG gegeben sind, da der
Antragsteller keine Möglichkeit habe, über die Nemetschek-Stiftung
beherrschenden Einfluss auf die Zielgesellschaft zu nehmen. Dies ergebe sich
aus dem Umstand, dass sich die Nemetschek-Stiftung in der Poolvereinbarung
II verpflichtet habe, stets nach den Weisungen der N-lntegral GmbH
abzustimmen.
Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 29.04.2022 zu den
Nebenbestimmungen gemäß Ziffern 2 und 3 des Tenors dieses Bescheides
angehört. Mit E-Mail vom 04.05.2022 erklärte der Verfahrensbevollmächtigte
des Antragstellers, keine Einwände gegen die Nebenbestimmungen zu haben.
II. Rechtliche Erwägungen
Dem Antrag war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.
1. Zulässigkeit
Der Antrag ist zulässig.
Er wurde insbesondere fristgemäß (§ 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung) vor
der erst nach Wirksamkeit dieses Bescheides zu erwartenden Kontrollerlangung
(vgl. hierzu 11.2.1.) gestellt.
Über den Antrag konnte auch vor der Kontrollerlangung des Antragstellers
entschieden werden. Das erforderliche Sachbescheidungsinteresse liegt in
einem solchen Fall vor, wenn sich die Kontrollerlangung als vorhersehbar
(BT-Drs. 14/7034 v. 05.10.2001, S. 81) und aus Gründen der Sicherstellung
der ernsthaften Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich
(vgl. Krause/Pötzsch/Seiler, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, 3. Aufl.
2020, § 8 WpÜG-Angebotsverordnung, Rn. 8 f.) darstellt. Dies ist vorliegend
der Fall.
Die zum Kontrollerwerb führenden Handlungen hängen lediglich vom Willen der
Parteien der Rahmenurkunde bzw. der Ergänzungsurkunde ab. Nach den Angaben
des Antragstellers ist es geplant, dass Prof. Georg Heinz Nemetschek sein
Amt im Stiftungsrat der Nemetschek-Stiftung voraussichtlich noch in diesem
Jahr niederlegt und der Antragsteller ihm nachfolgt. Anhaltspunkte dafür,
dass der Antragsteller damit rechnet/rechnen muss, dass dieser Schritt der
Umstrukturierung am Steuervorbehalt oder am WpÜGVorbehalt scheitert, sind
vorliegend nicht ersichtlich. Der Kontrollerwerb durch den Antragsteller
(vgl. nachfolgend 11.2. 1.) ist daher hinreichend wahrscheinlich im
vorgenannten Sinn.
Über den Antrag wurde auch nicht bereits mit Bescheid vom 09.07.2021 (GZ: WA
16-Wp 7000-2021/0005) entschieden. Mit diesem Bescheid wurde
der Antragsteller für den Fall, dass er entweder (i) aufgrund der
Poolvereinbarung III, die er mit Prof. Georg Heinz Nemetschek und Herrn
Alexander Nemetschek gemäß Abschnitt C § 5 der Rahmenurkunde abgeschlossen
hat oder (ii) in Folge der Übernahme eines Amts im Stiftungsrat der
Nemetschek-Stiftung und dem damit verbundenen Erwerb der Sonderrechte gemäß
§ 13 Abs. 1 Nr. 3-4 der Stiftungssatzung die Kontrolle an der
Zielgesellschaft erlangt, von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG
befreit. Der Bescheid erfasst folglich nur einen Kontrollerwerb des
Antragstellers, der auf zwei alternative Wege eintreten kann. Nicht von dem
Bescheid erfasst wird der Fall, dass der Antragsteller die Kontrolle an der
Zielgesellschaft im Zuge der Umstrukturierung zunächst aufgrund der
Poolvereinbarung III und anschließend - nach einem zwischenzeitlichen
Kontrollverlust durch Wiederausscheiden aus der Poolvereinbarung III - in
Folge der Übernahmeeines Amts im Stiftungsrat der Nemetschek -Stiftung
erneut erlangt. So aber liegt der Fall hier. Über den zweiten Kontrollerwerb
des Antragstellers im Zuge der Umstrukturierung war daher mit diesem
Bescheid separat zu entscheiden.
2. Begründetheit des Antrags
Der Antrag ist auch begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine
Befreiung des Antragstellers nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG liegen vor, und
die Interessen des Antragstellers überwiegen das Interesse der außen
stehenden Aktionäre der Zielgesellschaft an einem öffentlichen
Pflichtangebot.
2.1 Kontrollerwerb des Antragstellers
Der Antragsteller wird infolge der geplanten Übernahme eines Amts im
Stiftungsrats der Nemetschek-Stiftung die Kontrolle an der Zielgesellschaft
im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangen, da ihm ein Stimmrechtsanteil von
45,65 % aus insgesamt 52.727.634 Aktien der Zielgesellschaft zustehen wird.
Der Antragsteller selbst hält unmittelbar 2.850 Aktien der Zielgesellschaft,
entsprechend rd. 0,00247 % der Stimmrechte: Weiterhin sind ihm bereits jetzt
gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG die. Stimmrechte aus den
3.144.000 unmittelbar von der Whitehole GmbH & Co. KG gehaltenen Aktien der
Zielgesellschaft, entsprechend rd. 2,72 % der Stimmrechte, zuzurechnen. Die
Whitehole GmbH & Co. KG ist gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 17 Abs. 1 AktG
ein Tochterunternehmen des Antragstellers. Denn der Antragsteller hält
sämtliche Geschäftsanteile an der Komplementärin der Whitehole GmbH & Co.
KG, der Whitehole Verwaltungs GmbH, und ist alleiniger Kommanditist der
Whitehole GmbH & Co. KG. Wird die KG in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG
geführt, die nur einen einzigen Komplementär hat, genügt für die
Abhängigkeit in der Regel die mehrheitliche Beteiligung an der
Komplementär-GmbH (vgl. BAG, Beschl. v. 15.12.2011 - 7 ABR 56/19 NZG 2012,
754 Rn. 49). Dies folgt daraus, dass ein beherrschender Einfluss
insbesondere dann angenor17men wird, wenn - rechtlich abgesichert - die
Geschäftspolitik eines anderen Unternehmens bestimmt werden kann (OLG
Stuttgart, Beschluss vom 03.12.2008, Az: 20 W 12/08 -, juris Rn. 57). Diese
Einflussmöglichkeit ist regelmäßig gegeben, wenn, wie hier, ein Unternehmen
oder eine Person Alleingesellschafter der Komplementär -GmbH und
gleichzeitig alleiniger Kommanditist ist.
Durch die Übernahme des Amts im Stiftungsrat der Nemetschek-Stiftung werden
dem Antragsteller zusätzlich hierzu gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3
WpÜG die Stimmrechte aus den 4.637.109 unmittelbar von der
Nemetschek-Stiftung gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft, entsprechend rd.
4,01 % der Stimmrechte, zuzurechnen sein. Denn mit der Übernahme des Amts im
Stiftungsrat der Nemetschek-Stiftung wird die Nemetschek-Stiftung zu einem
Tochterunternehmen im Sinne von § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 17 Abs. 1 AktG des
Antragstellers. Stiftungen sind zwar grundsätzlich nicht als abhängige
Unternehmen im Sinne von Art. 17 AktG anzusehen, da eine Beteiligung Dritter
an ihnen ausgeschlossen ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn einem
Dritten durch die Satzung der Stiftung ein Bestellungs und Abberufungsrecht
bezüglich der Leitungsorgane eingeräumt wird. In einem solchen Fall steht
dem Dritten ein maßgeblicher Einfluss auf die Zusammensetzung der
Leitungsorgane der Stiftung zu, sodass die Stiftung faktisch beherrscht wird
(Emmerich in: Emmerich/Habersack § 17 AktG, Rn. 52). So liegt der Fall hier.
Mit dem Wirksamwerden der Amtsniederlegung tritt der Antragsteller in die
bisher von Prof. Georg Heinz Nemetschek gehaltene Position innerhalb der
Nemetschek-Stiftung ein und erlangt die vorstehend unter 1.2 beschriebenen
Sonderrechte im Hinblick auf die Abberufung und Ernennung der Mitglieder der
Organe der Nemetschek-Stiftung. Ab diesem Zeitpunkt gilt die
Nemetschek-Stiftung daher als vom Antragsteller abhängiges Unternehmen im
Sinne von§ 17 Abs. 1 AktG und damit gemäß § 2 Abs. 6 als Tochterunternehmen
des Antragstellers im übernahmerechtlichen Sinn. Ab diesem Zeitpunkt sind
dem Antragsteller daher alle Stimmrechte aus den 4.637.109 Aktien der
Zielgesellschaft, entsprechend rund 4,01 % der Stimmrechte, gemäß §§ 30 Abs.
1 Satz 1, Satz 3, 2 Ab s. 6 WpÜG zuzurechnen.
Zudem werden dem Antragsteller alle Stimmrechte zuzurechnen sein, über deren
Ausübung sich die Nemetschek-Stiftung als sein Tochterunternehmen mit
Dritten im Sinne von § 30 Abs. 2 WpÜG abstimmt. Die Nemetschek-Stiftung
stimmt sich mit der N-lntegral GmbH, die 44.943.675 Aktien der
Zielgesellschaft,·entsprechend rd. 38,91 % der Stimmrechte, hält, auf
Grundlage der Poolvereinbarung II über die Ausübung von Stimmrechten aus
Aktien der Zielgesellschaft ab. Diese Abstimmung erfüllt die Voraussetzungen
des Zurechnungstatbestandes nach § 30 Abs. 2 WpÜG. Ein abgestimmtes Ver
halten setzt nach § 30 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. WpÜG voraus, dass sich der
Bieter oder sein Tochterunternehmen und der Dritte über die Ausübung von
Stimmrechten verständigen. So liegt der Fall hier. Die Poolvereinbarung II
sieht vor, dass sich die Parteien über die Ausübung der Stimmrechte aus den
von ihnen jeweils gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft abstimmen.
Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang für die Zurechnung von
Stimmrechten nach § 30 Abs. 2 WpÜG, dass sich die Nemetschek-Stiftung in der
Poolvereinbarung II verpflichtet hat, stets nach den Weisungen der N
lntegral GmbH abzustimmen. Nach der Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht ist es für die Erfüllung des
Zurechnungstatbestandes nach § 30 Abs. 2 WpÜG unerheblich, ob die sich
abstimmende Partei Einfluss auf die Ausübung der der Poolvereinbarung
unterliegenden Stimmrechte hat oder nicht (vgl. zu § 34 Abs. 2 WpHG:
Emittentenleitfaden der BaFin, Modul B, Stand 30. Oktober 2018 Ziffer
1.2.5.10.3). Der mitgeteilte Sachverhalt bietet auch keine Anhaltspunkte für
ein Vorliegen der Einzelfallausnahme in Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2
WpÜG. Die Poolvereinbarung II ist für einen längeren Zeitraum und ohne
jegliche inhaltliche Einschränkung abgeschlossen. Auf Grundlage der
Poolvereinbarung II sind dem Antragsteller damit die Stimmrechte aus den
44.943.675 von der N-lntegral GmbH unmittelbar gehaltenen Aktien der
Zielgesellschaft gemäߧ 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnen.
Mit der Übernahme des Amts im Stiftungsrat werden dem Antragsteller zu den
Stimmrechten aus den von ihm unmittelbar gehaltenen 2.850 Aktien der
Zielgesellschaft sowie den ihm zuzurechnenden Stimmrechten· aus den
3.144.000 unmittelbar von der Whitehole GmbH & Co. KG gehaltenen Aktien der
Zielgesellschaft somit Stimmrechte aus insgesamt 49.580.784 weiteren Aktien
der Zielgesellschaft gern. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG bzw. § 30
Abs. 2 WpÜG jeweils in Verbindung mit § 2 Abs. 6 WpÜG zuzurechnen sein. Mit
Übernahme des Amts im Stiftungsrat wird der Antragsteller daher unmittelbar
und mittelbar über Stimmrechte aus 52.727.634 Aktien der Zielgesellschaft
verfügen und damit über rund 45,65 % der Stimmrechte in der
Zielgesellschaft, wodurch er die Kontrolle über die Zielgesellschaft
erlangen wird.
2.2 Befreiungsgrund
Die Voraussetzungen für eine Befreiung des Antragstellers gemäß § 37 Abs. 1
Var. 5 WpÜG von den Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
liegen vor.
Nach den rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Fall s
ist es ausgeschlossen, dass der Antragsteller tatsächlich die Kontrolle über
die Zielgesellschaft ausüben kann. Der Antragsteller kann über die
Nemetschek-Stiftung keinen Einfluss auf die Zielgesellschaft bzw. im
kontrollrelevanten Umfang auf die Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der
Zielgesellschaft nehmen. Denn die Nemetschek-Stiftung hat sich im Rahmen der
Poolvereinbarung II verpflichtet, das Stimmrecht aus allen von ihr
gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft stets nach den Weisungen der
N-lntegral GmbH auszuüben. Auch die Nemetschek-Stiftung ist daher an der
Ausübung der Kontrolle über die Zielgesellschaft nicht beteiligt. Demzufolge
kann auch die Begründung eines sonstigen beherrschenden Einflusses über die
Nemetschek-Stiftung durch den Antragsteller im Zuge der Amtsniederlegung
nicht dazu führen, dass der Antragsteller im materiellen Sinn Kontrolle über
die Zielgesellschaft ausüben kann.
2.3 Ermessen
Die Erteilung der beantragten Befreiung nach§ 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG liegt im
Ermessen der BaFin. In die Abwägung sind die Interessen des Antragstellers
und diejenigen der anderen Inhaber der Aktien der Zielgesellschaft ein
zustellen. Im Ergebnis überwiegen hier die Interessen des Antragstellers,
kein Pflichtangebot nach§ 35 WpÜG an die Aktionäre der Zielgesellschaft
unterbreiten zu müssen, die Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft an
einem Angebot.
Der formale Kontrollerwerb des Antragstellers bietet den außenstehenden
Aktionären keinen Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung
zu treffen. Vielmehr bleibt die materielle Kontrollsituation letztlich
unverändert, da sich die Nemetschek-Stiftung im Rahmen der Poolvereinbarung
II den Weisungen der bisher und auch zukünftig die unmittelbare
Kontrollposition innehabenden N-lntegral GmbH unterwirft, welche die
Nemetschek-Stiftung· weder herbeiführen noch beeinflussen kann. Somit müssen
die außenstehenden Aktionäre auch keine transaktionsbedingten Änderungen der
Unternehmensführung der Zielgesellschaft erwarten, so dass ihr etwaiges
Interesse an einem Pflichtangebot als gering zu bewerten ist und jedenfalls
hinter dem Interesse des Antragstellers, nicht mit den Kosten eines
Pflichtangebots belastet zu werden, zurückstehen muss.
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