FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Eigentlich schien die Sache klar. Mit der Ende Juli durchgeführten Zinsanhebung durch die US-amerikanischen Notenbank sollte der Gipfel erreicht sein. Diskutiert wurde anschließend vor allem über den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung. Das hat sich nach den am Mittwoch veröffentlichten Ergebnissen des jüngsten Fed-Protokolls wieder gerändert. Die Märkte haben mit steigenden Anleiherenditen zu kämpfen.
18. August 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Bloomberg-Index für die Gesamtrendite globaler Staatsanleihen ist in dieser Woche mit 3,3 Prozent auf den höchsten Stand seit 15 Jahren geklettert. Leizinserhöhungen in Norwegen und Russland gelten als Fingerzeig in Richtung anderer Regionen, dass die Phase der steigenden Zinsen noch nicht zu Ende ist. Die Strategen der Bank of America (NYSE:BAC) warnen davor, dass man sich auf die Rückkehr der "5 Prozent-Welt einstellen müsse, die es zuletzt vor der globalen Finanzkrise gab.
Passend dazu haben die Renditen zehnjähriger US-Treasuries ebenfalls das Hoch aus dem Jahr 2008 erreicht. Auslöser dieser Bewegung war die aus dem Fed-Protokoll entnommene Aussage "Die meisten Teilnehmer sahen weiterhin erhebliche Aufwärtsrisiken für die Inflation, die eine weitere Straffung der Geldpolitik erforderlich machen könnten". Laut den viel beachteten Fed Funds Futures ist die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung bis zum November im Anschluss wieder auf rund 40 Prozent gestiegen.
Flucht in sichere Häfen
Für Tim Oechsner von der Steubing AG wird den Anleger*innen so langsam klar, dass die Zinsen lange auf hohem Niveau bleiben werden, bis erste Zinssenkungen von der Notenbank auch nur ins Auge gefasst werden dürften. Klaus Stopp, Rentenhändler bei der Baader Bank, beobachtet am Markt denn auch eine gewisse Unsicherheit. "Wir befinden uns in einer Phase der Neuorientierung, da es bezüglich der Notenbankpolitik verschiedene Meinungen gibt". Die Diskussion um mögliche Zinserhöhungen auch in den USA gehe auf jeden Fall wieder los.
Da zusätzlich die Probleme in China (schwache Verbrauchernachfrage, Immobilien- und Banken-Krise) belasten, kommt es laut Stopp zur typischen "Flucht in sichere Häfen". Starke Nachfrage herrscht vor allem bei kurzlaufenden Papieren der Bundesrepublik Deutschland. Bei der im Dezember fälligen Bundesanleihe (DE0001104867) mit einer jährlichen Rendite von 3,4 Prozent sieht der Händler recht kräftigen Handel. Dasselbe gilt bei vergleichbaren Papieren mit Fälligkeiten im Oktober (DE0001141786) und im Januar (6:DE113492=MI). Die Renditen reichen zwar nicht zum Ausgleich der Inflation, sind aber "besser als nix", so Stopp.
Rendite-Pick-Up mit Unternehmensanleihen
Im Handel mit Unternehmensanleihen sieht Oechsner nach wie vor eine gute Nachfrage nach Papieren bis maximal sieben Jahren Laufzeit. "Vor allem drei- bis fünfjährige Anleihen mit 1.000er Stückelung, mindestens 3 Prozent Rendite und einem guten Namen werden gekauft". Als Beispiele nennt der Renten-Spezialist unter anderem zwei bis 2028 laufende Anleihen von Porsche (ETR:P911_p) (0:XS2615940215=TX) und der Deutschen Telekom (0:XS1382791975=TX), die Renditen von 4 Prozent bzw. 3,3 Prozent abwerfen.
Interesse besteht zudem an einer vom Autobauer Mercedes-Benz (ETR:MBGn) emittierten Anleihe (DE000A3LH6T7), die im Mai 2026 fällig wird und 3,6 Prozent bringt. Sogar 4,6 Prozent Rendite winken bei einem Bond des Wettbewerbers Volkswagen (ETR:VOWG) (0:XS2374594823=TX), der allerdings auch erst Anfang 2030 zurückgezahlt wird. "Anleger kaufen die Papiere als Rendite-Pick-Up und lassen sie bis zur Endfälligkeit liegen", berichtet Oechsner.
Bei der Baader Bank gibt es vereinzelte spekulative Käufe auf eine variabel verzinste Anleihe von Südzucker (ETR:SZUG) . Hier gibt es jedes Quartal eine Vergütung in Höhe des 3-Monats-Euribor zzgl. 3,10 Prozent pro Jahr. Das Papier hat keine Laufzeitbegrenzung, kann unter gewissen Voraussetzungen von der Emittentin aber quartalsweise zum Nennwert gekündigt und zurückgezahlt werden. Aktuell notiert die Anleihe knapp unter Nennwert.
von: Thomas Koch, 18. August 2023 © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
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