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Börse Frankfurt-News: 'Lagebesprechung 17' (Kolumne von Oliver Roth)

Veröffentlicht am 25.04.2013, 16:52
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 25. April 2013. Die 'Alternative für Deutschland' sorgt für Furore und fordert den langsamen Ausstieg Deutschlands aus dem Euro. Währenddessen steigen die Staatsschulden der Euroländer auf 9,5 Billionen Euro. Ist der Euro-Ausstieg die letzte Rettung für Europa?

Die Debatte über den Euro-Ausstieg wird immer hitziger geführt, seit sogar eine neugegründete Partei diesen für Deutschland fordert. Die 'AfD' Alternative für Deutschland hat ihr Parteiprogramm auf den Euro-Exit ausgelegt und tritt zur Bundestagswahl im September an. Der Inhalt des Parteiprogramms ist kurz erzählt. Die 'AfD' schlägt einen schrittweisen Austritt aus dem Euro vor. Mithilfe einer 'Parallelwährung' sollen die Euroländer wieder zu ihren alten Währungen zurückkehren und damit den Exit in Etappen anstreben. Nach Außen würde der Euro als Leitwährung dienen, während Lira, Peseten und D-Mark im innereuropäischen Handel als Währung genutzt würden. Bargeld wäre dann nur in nationalen Währungen erhältlich, während Bankguthaben in Euro geführt würden. Die Idee, oder besser gesagt das Experiment, ist die Leitidee der neuen Partei. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Doch was ist dran an der Idee - oder Experiment- und wo steht die Eurozone nach drei Jahren Krise?

Die Eurokrise begann 2010, als Griechenland zugeben musste, das die Gesamtverschuldung viel höher war als bekannt. Seit dem reden wir von der Eurokrise, die aber de Facto eine Staatsschuldenkrise ist. Der Euro ist im internen und externen Verhältnis stabil. Intern bedeutet, dass die Inflationsrate nach 14 Jahren Euro deutlich niedriger liegt, als beispielsweis im Vergleich zur geliebten D-Mark. Auch der Außenwert des Euro ist eine Erfolgsgeschichte. Im Verhältnis zu allen anderen Währungen konnte der Euro seit der Einführung an Wert teilweise sogar deutlich zulegen. Die Staatsschuldenkrise ist dagegen nicht zu widerlegen. Darunter leidet auch die Währung der Eurozone.

Besonders der Gesamtzustand der Krisenländer Südeuropas gibt Grund zur Besorgnis. Dort steigt nur die Arbeitslosigkeit noch schneller als die Verschuldung. Auf 9,5 Billionen Euro ist die Schuldenlast nun für alle Länder der Eurozone angestiegen. Die Eurozone ist im Minuswachstum. Und viele Länder kränkeln weiter. Auch Frankreich gerät immer mehr in den Abwärtsstrudel. Die Reformen stehen, dank Hollande, aus. Die Arbeitslosigkeit wird 2013 auf 11 Prozent steigen. Die Wirtschaft fällt in eine Rezession und die Schuldenlast steigt auf 93,6 Prozent zum BIP. Ohne Arbeitsmarktreformen und Entschuldung wird die 'Grande Nation' zum Ballast für die Eurozone.

Auch in Italien stehen derartige Reformen noch aus. Grund zur Hoffnung dagegen kommt von dort, wo notwendige Reformen bereits angegangen wurden und die Modernisierung der Wirtschaft bereits in Gang gesetzt wurde. Dort geht es bergauf. In Irland gibt es deutliche Zeichen der Besserung. Die Neuverschuldung und Arbeitslosenquote sank innerhalb der letzten drei Jahre wieder deutlich. Es geht also, sofern man beherzt die Herausforderungen annimmt und meistert. Doch die Lage der Eurozone bleibt, ohne weitere Reformen, angespannt.

An den Kapitalmärkten herrscht dagegen Ruhe. Durch die Aussage vom EZB-Chef Draghi, der Euro werde bedingungslos verteidigt, wurde sämtlicher Spekulation der Nährboden entzogen. Die Euroländer können ihre Schulden damit an den Kapitalmärkten zu akzeptablen Preisen refinanzieren. Doch dies ist ein Spiel auf Zeit, denn der Druck auf die Regierungen ausstehende Reformen umzusetzen wird wieder wachsen sobald klar wird, dass die Modernisierung der europäischen Wirtschaft eingestellt wird. Bereits seit geraumer Zeit ist ein Erlahmen der Reformbereitschaft in Europa festzustellen. Die Sparprogramme werden schrittweise gelockert und in manchen Regierungen erodiert der Sparwille gänzlich.

Das sind gefährliche Zeichen, die den Eurogegnern in die Hände spielen. Die Krise entstammt den hohen Schulden und nur der Abbau des Schuldenbergs wird der Dauerkrise ein Ende bereiten können und den Euro erhalten. Die Stimulation der Wirtschaft, die zweifellos notwendig ist um die Arbeitslosigkeit in Europa zu bekämpfen, kann auch ohne zusätzliche Verschuldung durch Budget-Umschichtungen realisiert werden. Geschieht dies nicht, werden die Eurogegner im mehr Gehör finden und deren Thesen auf breitere Zustimmung stoßen.

Die 'AfD' beispielsweise möchte den Euroaustritt als oberstes Ziel. Diese Absicht ist oberflächlich betrachtet verständlich, denn die Krise scheint kein Ende zu nehmen und nur ein Ausweg scheint in Sicht. Exit. Oder soll aus der Eurozone eine Transferunion werden in der Deutschland als Zahlmeister fungiert und die südeuropäischen Staaten subventioniert werden? Das kann dauerhaft keiner hier wollen.

Aber wäre der Euroaustritt eine Alternative für Deutschland und Europa? Schwer vorstellbar, denn die Risiken eines Austritts sind mindestens so hoch wie ein 'Weiter so' mit der Eurozone.

Der Gründer der 'AfD' argumentiert dass die Regierung keine Lösung für die Krise anbietet, sondern nur auf Zeit spielt. Genauso kann man der 'AfD' und ihrem Programm vorwerfen, dass dies einseitig und populistisch wirkt. Dazu kommt, dass ein weiteres Experiment mit einer Parallelwährung zum Euroausstieg nicht gerade für Begeisterungsstürme sorgt und mehr Sicherheit in die Eurozone und die Finanzmärkte bringen würde. Denn über die Haltbarkeit dieser Thesen streiten sich die Experten und es ließe sich ein eigener Artikel zu diesem Thema verfassen.

Als Alternative bietet sich meiner Meinung ein Europa der zwei Geschwindigkeiten an. Durch die Bildung einer Kernzone und einer Peripheriezone in Europa. Die schrittweise Verkleinerung der Eurozone auf zehn bis zwölf Mitglieder, die von den leistungsstärksten Volkswirtschaften in Euroland gebildet werden sollte, muss das Ziel sein. Ein Kerneuropa mit einer Währung und einem großen europäischen Binnenmarkt. Die Peripherie-Länder erhielten eine eigene - der Leistungsfähigkeit entsprechende - Währung, durch die sie auf dem internationalen Markt wettbewerbsfähig würden.

© 25. April 2013/Oliver Roth

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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