FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. April 2014. Wer die Entwicklung des DAX am gestrigen Handelstag mitverfolgt hat, dem konnte angst und bange werden. Denn das deutsche Börsenbarometer hatte sich, selbst als der US-Aktienmarkt schon längst zu einer Erholung angesetzt hatte, immer noch weiter nach unten entwickelt. Es liegt nahe, die Ursache dafür in der Zuspitzung der Lage in der Ukraine zu sehen, denn deutsche Aktien könnten auf derartige Entwicklungen besonders empfindlich reagieren. So sind bereits Stimmen zu vernehmen, die nicht nur sorgenvoll auf die deutschen Handelsbeziehungen mit Russland im Falle weiterer europäischer Sanktionen blicken. Man hat ferner Bedenken, dass womöglich die Wirtschaft anderer osteuropäischer Staaten unter dieser Entwicklung leiden könnte. So gesehen kann man also durchaus argumentieren, dass der DAX auf diese Skepsis folgerichtig mit fallenden Kursen reagiert habe.
Dem widerspricht allerdings, dass diese Sorgen in anderen Märkten offenbar nicht geteilt werden. So hat etwa Gold als typisches Krisenmetall gestern deutlich an Wert verloren, und selbst dem Euro kann man nicht bescheinigen, er hätte auffallend nervös reagiert. Auch die von der Börse Frankfurt in jeder Woche befragten institutionellen Anleger haben sich von Krisenberichten aus der Ukraine nicht anstecken lassen und - wie bereits schon einmal vor zwei Wochen geschehen - ähnlich niedrige Kursniveaus zum Wiedereinstieg genutzt. Denn fast alle in der Vorwoche neu hinzugekommenen Pessimisten haben ihre Engagements nicht nur glattgestellt, sondern sich sogar mutig ins Lager der Optimisten bewegt - eine Strategie, die sich vor gut 14 Tagen bereits ausgezahlt hatte. Zu dieser positiven Grundtendenz passen auch die Ergebnisse der Umfrage von der Bank of America Merrill Lynch, die diese in der Zeit zwischen dem 4. und 10. April weltweit unter Fondsmanagern durchgeführt hatte. Nach den dabei erhobenen Daten hat sich der Anteil der in Aktien übergewichteten Fonds auf 45 Prozent erhöht!
Privatanlegeroptimismus erneut gefallen
Ganz anders stellt sich die Situation bei den Privatanlegern dar, deren Optimismus, gemessen am Börse Frankfurt Sentiment Index, zum vierten Mal in Folge geschwunden ist und mit einem Wert von +7 den bislang niedrigsten Stand des Jahres erreicht hat. Mehr noch: Das Sentiment in diesem Panel ist erstmals seit dem 5. Februar wieder schlechter als das der institutionellen Investoren. Mit anderen Worten: Der relativ niedrige DAX hat per Saldo keine neuen Käufer angezogen.
Während noch in der Vorwoche die institutionellen Akteure mit ihren Verkäufen für den ersten Teil des Kursrückgangs beim DAX hauptverantwortlich gewesen sein mögen, kann dies von der jüngsten Abwärtsbewegung, die seit unserer vergangenen Umfrage eine Größenordnung von 2,5 Prozent erreicht hatte, nicht mehr behauptet werden. Vielmehr verhält es sich so, dass die jüngsten Käufer den Kursverlauf so gut wie gar nicht beeinflussten, weshalb man sich die Frage stellen muss, wer denn stattdessen die deutlichen Aktienkursverluste verursacht haben mag. Da wir nicht davon ausgehen, dass kurzfristige Kräfte den DAX während der vergangenen Handelstage unter Druck gesetzt haben, kommen dafür größtenteils nur noch langfristige Kapitalströme in Betracht. Sollte der DAX während der kommenden Tage deswegen abermals in einen Abwärtssog hineingerissen werden, ist die Zahl derer, die dagegen halten könnten, nunmehr deutlich gesunken. Auch ist nicht zu erwarten, dass die neuen Optimisten im Falle von Kursgewinnen dem DAX allzu lange die Treue halten werden.
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von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 16. April 2014
[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
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