FRANKFURT/GROSS-UMSTADT (dpa-AFX) - Der Weg für die künftige schwarz-rote Regierungskoalition in Hessen ist frei. CDU und SPD stimmten am Samstag auf ihren jeweiligen Parteitagen für den Koalitionsvertrag. Bei den Sozialdemokraten ging dem Votum eine lange und kontroverse Debatte voraus. Auf einem Außerordentlichen SPD-Parteitag in Groß-Umstadt bei Darmstadt gab es schließlich 253 Ja- und 56 Nein-Stimmen bei 8 Enthaltungen. Somit wurde das Regierungsprogramm für die Jahre 2024 bis 2029 mit 81,9 Prozent angenommen.
Zuvor hatte ein paralleler Kleiner CDU-Parteitag in Frankfurt mit 133 Delegierten das Papier nach sehr kurzer Debatte beschlossen: Es gab nur eine Nein-Stimme, dies entspricht mehr als 99 Prozent Zustimmung. Der 184-seitige Koalitionsvertrag soll an diesem Montag in Wiesbaden unterschrieben werden.
"Das ist ein Vertrag, der die Dinge zusammenbringt", der die Mehrheit stärke und trotzdem die Minderheiten schütze, sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Die Wahlversprechen der CDU würden eingehalten. Ein wichtiger Punkt sei das Thema Migration. "Hier gibt es klare Ansagen bei der Union. Aber - und das ist der Unterschied zu anderen - ohne Schaum vor dem Mund und insbesondere ohne Anbiederung an radikale Kräfte", sagte Rhein. Nur Zugewanderte mit Bleibeperspektive sollten künftig auf die Kommunen verteilt werden. Im Integrationsgesetz würden konkrete Integrationspflichten verankert - etwa ein Bekenntnis zum Kampf gegen Antisemitismus und zum Existenzrechts Israels.
Beim SPD-Parteitag wurde viel Kritik am Koalitionsvertrag laut, zum Beispiel wegen enger Leitplanken für die Migration oder auch aufgrund des geplanten Verbots von Gender-Sonderzeichen an Schulen und in Universitäten. Der Landeschef der Jungsozialisten, Lukas Schneider, bekräftigte seine Ablehnung.
SPD-Landeschefin Nancy Faeser bezeichnete Schwarz-Rot in Groß-Umstadt als eine "Verantwortungsgemeinschaft", aber keine "Liebesheirat". In der Flüchtlingspolitik seien Ziele formuliert, "die außerordentlich wehtun". Aber eine Ablehnung der Regierungsbeteiligung hieße für die SPD, selbst weniger für Migranten tun zu können, sagte die Bundesinnenministerin. Zugleich gebe es viel sozialdemokratische Handschrift in der Sozial-, Wohn- und Arbeitsmarktpolitik.
Nach einem Vierteljahrhundert auf der Oppositionsbank geht die hessische SPD als Juniorpartnerin in die schwarz-rote Koalition. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober hatte sie mit 15,1 Prozent weniger als die Hälfte der Stimmen der CDU (34,6 Prozent) bekommen. Der neue Landtag in Wiesbaden konstituiert sich am 18. Januar.