PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Börsen haben zur Wochenmitte vor weiteren Entwicklungen beim Brexit wenig verändert, aber mit uneinheitlichen Vorzeichen geschlossen. Erneut habe das Thema "die volle Aufmerksamkeit der Anleger auf dem Börsenparkett absorbiert", kommentierte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Von der geldpolitischen Seite der Europäischen Zentralbank (EZB) seien "versöhnliche Töne" zu vernehmen gewesen.
Der EuroStoxx (Euro Stoxx 50) beendete den Handel mit einem Plus von 0,08 Prozent auf 3322,04 Punkte. Der französische Leitindex Cac 40 (CAC 40) in Paris sank hingegen um 0,12 Prozent auf 5301,24 Punkte. Der britische FTSE 100 gab um 0,03 Prozent auf 7194,19 Punkte nach.
Das britische Parlament veranstaltet an diesem Abend Probeabstimmungen über Alternativen zum Austrittsabkommen Großbritanniens ab, das Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelt hatte. Alles sei hier nach wie vor offen und möglich, sagte Jochen Stanzl. Ein weichgespülter Brexit oder gar eine zweite Volksabstimmung oder auch ein harter Brexit ohne Vertrag. Nach Börsenschluss meldeten Medien zudem, dass May ihren Rücktritt in Aussicht gestellt habe für den Fall, dass das Parlament ihren Brexit-Deal doch noch annehmen sollte. Außerdem gab es seitens der EZB Aussagen, dass die Zinswende in der Eurozone, falls nötig, auch noch weiter in die Zukunft verschoben werde könne.
Im Branchenüberblick zählten Technologiewerte zu den größten Verlierern, nachdem der Münchener Halbleiterhersteller Infineon (4:IFXGn) unter anderem wegen der Flaute in der Autoindustrie seine Gewinnprognose gekappt hatte. Dies belastete in Paris etwa die Aktien von STMicro (9:STM) und in Zürich die von AMS (0:AMSz) mit einem Minus von jeweils mehr als 6 Prozent. Im EuroStoxx büßten ASML (7:ASML) 1,6 Prozent ein. Der Sektorindex (STOXX Europe 600 Technology) war entsprechend das Schlusslicht unter den insgesamt 19 Branchen Europas mit minus 1,2 Prozent.
Autoaktien profitierten indes von Übernahmefantasien, was den Branchenindex mit plus 1,0 Prozent an die Spitze des Branchentableaus verhalf. Der französische Autohersteller Renault (9:RENA) will laut der "Financial Times" (FT) innerhalb der nächsten zwölf Monate wieder Gespräche über ein Zusammengehen mit dem japanischen Partner Nissan (20:7201) aufnehmen. Nach der Fusion solle ein weiterer Autobauer übernommen werden, berichtete die Wirtschaftszeitung unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Bevorzugtes Ziel dabei sei hier dann Fiat Chrysler (6:FCHA). Die Anteile der drei europäischen Autobauer Fiat Chrysler, PSA (9:PEUP) und Renault legten allesamt um jeweils etwas mehr als 2,5 Prozent zu.
In London gab es für die Aktionäre der angeschlagenen Kaufhauskette Debenhams (3:DEB) einen Hoffnungsschimmer. Die Aktien des Penny-Stocks legten nach einem Kursplus von 42 Prozent am Vortag um weitere 27 Prozent zu auf knapp unter 3 Pence. Der Sportartikel-Händler Sports Direct zieht eine Übernahme in Betracht. Erwogen wird ein Gebot von 5 Pence je Aktie. Für die Papiere der Telekomgesellschaft BT (3:BT) ging es um 1,0 Prozent hoch. BT erwägt nach Insiderinformationen unter ihrem neuen Chef Philip Jansen einen noch radikaleren Schnitt in der Belegschaft. Die Zahl der Mitarbeiter könnte in den kommenden fünf Jahren um ein Viertel schrumpfen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. BT wollte den Bericht nicht kommentieren.
Außerdem rückten die Anteile der Swedbank (12:SWEDa) in den Blick, die um 12 Prozent einbrachen. Schwedische Ermittler haben die Zentrale der mutmaßlich in den Danske-Skandal verwickelten Bank durchsucht. Bei den Untersuchungen geht es um den Verdacht des unerlaubten Offenlegens von Insider-Informationen.