BRÜSSEL (dpa-AFX) - Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das Europaparlament eindringlich dazu aufgerufen, an diesem Mittwoch der über Jahre ausgehandelten EU-Asylreform zuzustimmen. Das Vorhaben sei der Schlüssel zur Steuerung der Migration und zur dauerhaften Entlastung der Kommunen hierzulande, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Mittwoch). "Europa muss hier seine Handlungsfähigkeit zeigen. Niemand darf dieses Thema den Rechtspopulisten überlassen, die Menschen in Not für ihre Stimmungsmache missbrauchen."
Für Europa stehe viel auf dem Spiel, warnte sie. Offene Grenzen im Inneren könne es nur geben mit einem starken Schutz der EU-Außengrenzen. "Diesen Schutz und geordnete Asylverfahren erreichen wir mit den neuen Regelungen. Bis diese greifen, werden wir unsere Grenzen national kontrollieren müssen. Das ist derzeit notwendig, um Schleuser zu stoppen und irreguläre Migration zu begrenzen." Bereits länger angekündigt sind Grenzkontrollen während der Fußball-EM, die Mitte Juli endet.
Faeser sagte, nach dem neuen EU-System müsse jeder Migrant künftig an den Außengrenzen strikt kontrolliert und registriert werden. "Wer nur geringe Aussicht auf Schutz in der EU hat, wird ein rechtsstaatliches Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen und im Fall einer Ablehnung von dort zurückkehren müssen. Nur so können wir weiterhin die Menschen schützen, deren Leben von Krieg und Terror bedroht ist."
Das Europaparlament stimmt an diesem Mittwoch (ab 17.00 Uhr) über die EU-Asylreform ab. Demnach sollen Staaten an den EU-Außengrenzen zu einheitlichen Grenzverfahren verpflichtet werden. Ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern sollen künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen können. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Personen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie Menschen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssten künftig verpflichtend in ein solches Verfahren. Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem "Solidaritätsmechanismus" neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen.
Mit einer Zustimmung zur Reform würden die Abgeordneten einen bereits von Unterhändlern des Parlaments und der EU-Staaten ausgehandelten Kompromiss bestätigen.