BERLIN (dpa-AFX) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat den geplanten Online-Atlas zu Leistungen und Behandlungsqualität der Kliniken in Deutschland gegen Kritik verteidigt. Diese Transparenz sei lange überfällig, sagte der SPD-Politiker bei der ersten Beratung eines Gesetzentwurfs am Donnerstag im Bundestag. Bisher würden Menschen bei der existenziellen Frage allein gelassen, wohin sie etwa für eine Krebsbehandlung gehen sollten. "Das kann nicht so bleiben."
Diese Transparenz erst später zu schaffen, wäre eine zynische Überlegung, sagte Lauterbach. "Sollen sich denn die Krankenhäuser, die die Qualitätsdefizite haben, vielleicht mit unseren Kindern, Eltern oder gar mit uns selbst füllen?" Zudem werde künftig sichtbar, wenn kleine Kliniken das, was sie anbieten, teils sehr gut machten.
Das "Transparenzverzeichnis" soll nach den Plänen der Koalition im April 2024 starten und als interaktives Portal verständlich über das jeweilige Angebot an bundesweit 1700 Klinikstandorten informieren. Konkret soll zu erkennen sein, welches Krankenhaus welche Leistungen anbietet. Abrufbar sein sollen auch Daten zu Fallzahlen, also der Behandlungserfahrung, zum Personalschlüssel bei Fachärztinnen, Fachärzten und Pflegekräften sowie zu Komplikationsraten ausgewählter Eingriffen. Für das Verzeichnis sollen die Kliniken zusätzliche Daten melden müssen - unter anderem zu Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten.
Von der Opposition kam Kritik. Der AfD-Abgeordnete Thomas Dietz warnte vor einem "weiteren Bürokratiemonster" und verwies auf schon existierende Qualitätsberichte. Unions-Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU) forderte eine rasche "Brückenfinanzierung" vor der geplanten Krankenhausreform, damit keine Häuser in der Fläche verloren gingen, die noch gebraucht würden. Ates Gürpinar (Linke) unterstrich die Forderung, Defizite der Krankenhäuser jetzt auszugleichen.
Lauterbach bekräftigte nach erneuten Rufen der Klinikbranche nach zusätzlichen Finanzspritzen wegen der hohen Inflation, dass der Bund seine Verpflichtungen immer erfüllt habe. Dagegen hätten die Länder in den vergangenen zehn Jahren unstrittigerweise 30 Milliarden Euro an Investitionskosten nicht bezahlt. "Wenn die Länder jetzt auf die Straße gehen und den Bund verantwortlich machen wollen, dann grenzt das aus meiner Sicht an Heuchelei." Die geplante Krankenhausreform sieht vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Kliniken von Finanzdruck zu immer mehr Fällen zu lösen.