BERLIN (dpa-AFX) - CDU-Chef Friedrich Merz hat an die Bundesregierung appelliert, sich Gesprächen über einen europäischen Nuklearschirm nicht länger zu verweigern. "Ich wünsche mir diesen strategischen Dialog in Europa", sagte Merz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert seit langem, dass sich Europa unabhängiger von der Supermacht USA machen sollte und hat Deutschland und anderen EU-Partnern wiederholt Gespräche zur atomaren Abschreckung in der EU angeboten. Dazu sagte Merz: "Ich bedauere sehr, dass die Regierung dieses Gesprächsangebot nicht angenommen hat."
Die Debatte hat wegen der möglichen erneuten Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im Herbst neue Nahrung erhalten. Trump hatte im Februar bei einem Wahlkampfauftritt gedroht, dass er Nato-Partner, die nicht genug in Verteidigung investierten, im Ernstfall nicht vor Russland beschützen würde.
Merz sagte zu möglichen Verhandlungen über einen europäischen Nuklearschirm, bei den Verhandlungen sollten auch die Briten mit am Tisch sitzen. "Vieles muss mit offenem Ergebnis besprochen werden. Wir müssten unsere Partner fragen: Was seid Ihr bereit zu teilen? Was erwartet Ihr von uns? Und wie würden die Entscheidungsmechanismen aussehen?"
Auf die Frage, ob in Deutschland notfalls auch über eine eigene, nationale nukleare Bewaffnung nachgedacht werden solle, sagte Merz: "Wir hätten uns vor zwei Jahren nicht vorstellen können, über was wir heute sprechen müssen. Und wir können uns heute nicht vorstellen, über was wir möglicherweise morgen sprechen müssen."
Auf die Frage, ob er als Kanzler deutsche Soldaten in die Ukraine schicken würde, sagte Merz: "Deutschland ist in dem Konflikt keine Kriegspartei und darf es auch nicht werden. Aus heutiger Sicht stellt sich die Frage nach Bodentruppen nicht.