PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Aktienmärkte haben sich zum Ende eines überwiegend sehr tristen Börsenjahres am Freitag schwach präsentiert. Im Jahr 2022 folgten auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein starker Anstieg der Energiepreise und eine hohe Inflation, welche die Notenbanken mit deutlichen Zinsanhebungen einzudämmen versuchen - was tendenziell Gift für als riskant geltende Anlagen wie Aktien ist. Marktbeobachter sprechen von einem "Börsenjahr zum Vergessen", welches die Anleger nun "einfach abhaken" sollten, machen aber auch Mut vor allem mit Blick auf die zweite Hälfte 2023.
Am letzten Handelstag des Jahres schloss der EuroStoxx 50 fast auf Tagestief 1,47 Prozent schwächer auf 3793,62 Punkte. Für den Dezember steht ein Verlust von 4,3 Prozent zu Buche und für 2022 ein Kursrutsch von 11,7 Prozent. Damit war 2022 für den Eurozonen-Leitindex das schwächste Jahr seit 2018. Ähnlich trüb sieht es beim französischen Cac 40 aus mit einer Bilanz für 2022 von minus 9,5 Prozent. Am Freitag gab er um 1,52 Prozent auf 6473,76 Punkte nach.
In London hingegen, wo die Börse an diesem Freitag bereits am frühen Nachmittag schloss, stemmte sich der britische FTSE 100 im turbulenten Börsenjahr 2022 mit einem kleinen Gewinn gegen die weltweit trübe Stimmung am Aktienmarkt. Auch wenn der "Footsie" am letzten Handelstag des Jahres um 0,81 Prozent auf 7451,74 Punkte nachgab, hinkte er anders als in den vergangenen Jahren mit einem Plus von 0,9 Prozent auf Jahressicht den Leitindizes anderer westlicher Länder nicht hinterher, sondern ließ sie hinter sich.
Der britische Leitindex verdankt das bessere Abschneiden vor allem seinen zahlreichen Mitgliedern aus der Öl- und Energiebranche, die vor dem Hintergrund wegfallender Gaslieferungen aus Russland vom starken Anstieg der Energiepreise profitierten. Gleichzeitig ist der Anteil der Technologiewerte im FTSE 100 im Vergleich eher niedrig. Gerade Techwerte litten 2022 unter den steigenden Zinsen.
Aus Branchensicht gab es am Freitag in Europa nur Verlierer. Am besten hielt sich noch der Bankensektor mit einem Abschlag von rund 0,9 Prozent, der auch auf Jahressicht mit minus 3,2 Prozent zu den besseren Sektoren der Stoxx-600-Branchenübersicht zählt. Banken profitieren von der Zinswende der Notenbanken, die steigenden Zinsen helfen den Einnahmen.
Branchen-Schlusslicht waren am Freitag einmal mehr die Aktien von Technologiefirmen mit minus 1,8 Prozent, die unter den steigenden Zinsen ebenso leiden wie die Titel von Immobilien-Unternehmen. Investitionen in Wachstum werden bei einem höheren Zins ebenso teurer wie Finanzierungen von Wohnungen und Häusern.
Der Immobiliensektor war 2022 auch der größte Verlierer im Stoxx-600-Tableaux mit einem Minus von gut 40 Prozent. Ganz oben mit einem Zuwachs von fast einem Viertel fand sich indes die Öl- und Gasbranche als Nutznießer der steigenden Energiepreise.