POTSDAM (dpa-AFX) - Die Regierungen von Berlin und Brandenburg wollen voraussichtlich Anfang November den neuen RBB-Staatsvertrag beschließen. Der brandenburgische Regierungssprecher, Florian Engels, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Vorgesehen ist, dass sich dazu der Berliner Senat und das Brandenburger Kabinett in einer gemeinsamen Sitzung in Potsdam mit dem Entwurf befassen und den Staatsvertrag beschließen." Er wird anschließend den Länderparlamenten übermittelt. Sie haben bei der Novelle das letzte Wort.
In dem Staatsvertrag für den ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wollen die Länder zahlreiche Anpassungen vornehmen. Vom RBB, von Mitarbeitervertretungen und der Sender-Kontrollgremien-Seite kam Kritik an einigen Aspekten in dem Entwurf. Kernpunkt ist die Befürchtung, dass zu stark in die Programmautonomie eingegriffen und das Gebot der Staatsferne im Rundfunk missachtet werden könnte. Die Länder wiesen Kritik zurück.
Staatsverträge regeln den groben Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den Haushalte und Firmen mit Rundfunkbeiträgen finanzieren. Um konkrete Programminhalte geht es nicht, das entscheiden die Sender selbst. In Deutschland gilt Rundfunk- und Pressefreiheit. Es geht in Staatsverträgen um den Aufbau eines Senders, Kontrollmechanismen und den Programmauftrag.
Die Novelle entstand auch unter dem Eindruck der Krise, in die der Sender im Sommer 2022 um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung gegen die damalige Spitze in der Geschäftsleitung und der Senderkontrolle stürzte. Die Länder wollten schon länger den Staatsvertrag, der 20 Jahre alt ist, überarbeiten. Die Aufarbeitung des RBB-Skandals ist noch nicht abgeschlossen.
Mit der Novelle wollen Brandenburg und Berlin die Macht der Senderchefin oder des Senderchefs einhegen und das Gehalt für die Topposition begrenzen.
Die Kontrollfunktionen der Aufsichtsgremien sollen laut früherem Entwurf verbessert werden. Der RBB soll einen verbindlichen Verhaltenskodex gegen Korruption erlassen. Die Geschäftsleitung soll verschlankt werden, in Form eines Direktoriums. Zur Qualitätssicherung sind zudem Sorgfaltspflichten vorgesehen - für Intendant oder Intendantin und Gremienmitglieder ist eine Haftungsregelung vorgesehen. In der Senderkrise gerieten auch die Kontrollgremien in den Fokus.
Auch im Programmumfang soll es laut dem Entwurf Anpassungen geben. So sollen mindestens 60 Minuten des täglichen TV-Gesamtprogramms zur gesonderten Darstellung von Berlin und Brandenburg gezeigt werden. Diese konkrete Angabe gab es bislang nicht. Ebenso soll ein Regionalbüro in Brandenburg an der Havel entstehen. Der Rundfunkrat soll laut Entwurf die Personalien der Führungskräfte auf Vorschlag des Senderchefs bestimmen, die für die Landesangebote jeweils zuständig sind.
Zuletzt hatte die neue RBB-Intendantin Ulrike Demmer, die früher Vize-Sprecherin der Bundesregierung war, immer wieder Kritik gegen den Staatsvertrag vorgetragen. Man hoffte unter anderem auf eine öffentliche Anhörung, bevor die Regierungen den Vertrag beschließen.
Der RBB berichtete in seinen eigenen Programmen über die Senderkritik. Zudem fand ein internes Gutachten, das der RBB in Auftrag gegeben hatte, seinen Weg zum "Spiegel". Darin wird ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit befürchtet, zum Beispiel mit der Wahl der Landesbeauftragten durch den Rundfunkrat, durch die das Kontrollorgan indirekt Programmverantwortung übernehmen würde. Im Rundfunkrat sitzen unter anderem auch Politiker.
Auf das jüngste Gutachten angesprochen antwortete der brandenburgische Regierungssprecher Florian Engels: "Beim Rundfunkrat handelt es sich um ein staatsfernes pluralistisch besetztes Gremium, das die ganze Breite unserer Gesellschaft abbildet." Von den zukünftig 33 Rundfunkräten würden insgesamt lediglich 7 durch die Parlamente der Länder benannt. "Die Zusammensetzung des Rundfunkrates entspricht damit Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine staatsferne Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks".
Der Regierungssprecher verwies zudem darauf, dass auch Intendant und Direktoren von dem Gremium bereits gewählt werden. "Hier ist noch nie der Vorwurf des Staatseingriffs erhoben worden. Dass dieser nun aber gegeben sein soll, wenn die Leiter der Landesangebote - und zwar auf Vorschlag der Intendantin - vom Rundfunkrat gewählt werden, ist deshalb wirklich nicht nachvollziehbar."
Eine ähnliche Antwort kam von der Senatskanzlei Berlin. Regierungssprecherin Christine Richter teilte mit: Man weise den Vorwurf von fehlender Staatsferne zurück. "Zudem ist es unzutreffend, dass dem RBB im Novellierungsprozess nicht ausreichend Gehör geschenkt wurde." Sender, Aufsichtsgremien sowie weitere Stellen hätten bei der schriftlichen Anhörung ihre Sicht dargelegt. "Darüber hinaus haben beide Landesregierungen der Intendantin ermöglicht, ihre Bedenken und Hinweise auch in mehreren persönlichen Gesprächen vorzubringen. Wir gehen davon aus, dass der RBB im weiteren parlamentarischen Verfahren auch mündlich angehört wird, bevor die Novelle zum rbb-Staatsvertrag umgesetzt wird in Berliner Landesrecht.