Investing.com - Trotz der Turbulenzen im Bankensektor hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen weiter angehoben. Der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft in der Eurozone mit Zentralbankgeld steigt um 0,50 Prozentpunkte auf 3,50 Prozent - den höchsten Stand seit 2008. Der Einlagen- und der Spitzenrefinanzierungssatz wurden ebenfalls um jeweils 50 Basispunkte angehoben. Sie liegen nun bei 3,00 bzw. 3,75 Prozent.
In dem Begleittext der EZB heißt es: "Den Projektionen zufolge bleibt die Inflation für eine zu lange Zeit zu hoch. Der EZB-Rat hat daher heute beschlossen, die drei Leitzinssätze der EZB um jeweils 50 Basispunkte anzuheben. Dies steht im Einklang mit seiner Entschlossenheit, eine zeitnahe Rückkehr der Inflation auf das mittelfristige 2 %-Ziel sicherzustellen. Die erhöhte Unsicherheit verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig ein datengestützter Ansatz bei den Leitzinsbeschlüssen des EZB-Rats ist. Diese werden sich nach seiner Einschätzung der Inflationsaussichten vor dem Hintergrund der verfügbaren Wirtschafts- und Finanzdaten, der Entwicklung der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission richten."
Zu den aktuellen Turbulenzen im Bankensektor sagte die Notenbank:
Der EZB-Rat beobachtet die aktuellen Marktspannungen genau und ist bereit, so zu reagieren, wie erforderlich, um Preis- und Finanzstabilität im Euroraum zu wahren. Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide. In jedem Fall verfügt die EZB über alle geldpolitischen Instrumente, um das Finanzsystem des Euroraums erforderlichenfalls mit Liquiditätshilfen zu unterstützen und die reibungslose Transmission der Geldpolitik aufrechtzuerhalten.
Mit der heutigen Leitzinserhöhung hat die EZB am Donnerstag den steilen Zinstrend der vergangenen Monate zur Eindämmung der hohen Inflation fortgesetzt.
Die Inflationsrate in der Eurozone ist im Februar nach vorläufigen Berechnungen von 8,6 auf 8,5 Prozent gefallen. Es war der vierte Rückgang in Folge. Den Höhepunkt hatte die Teuerungsrate im Oktober mit 10,6 Prozent erreicht.
Ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak stiegen die Preise jedoch um 5,6 Prozent und damit schneller als im Januar, wo die Kernrate noch bei 5,3 Prozent lag.
Die Kerninflation gilt als wichtigster Maßstab für Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank, die eine Inflationsrate von zwei Prozent anvisiert.
Die EZB hat die Zinsen seit Juli bisher sechs Mal um insgesamt 350 Basispunkte angehoben, ihr Tempo dabei aber zuletzt von 75 Basispunkten auf 50 Basispunkte reduziert.
Lagarde wird die Gründe für die Zinsentscheidung auf einer Pressekonferenz um 14.45 Uhr in Frankfurt erläutern.
Die Pressekonferenz sei kritisch, zumal Christine Lagarde für ihre laxen Worte bekannt sei, mit denen sie die Märkte immer wieder verunsichere, schrieben die Experten von Capital Economics in einer Notiz. "Sie muss den Anlegern versichern, dass sich keine der großen Eurozonen-Banken in der gleichen Lage wie die Credit Suisse (SIX:CSGN) befindet, und - was noch wichtiger ist - betonen, dass die Institute der Eurozone die volle Rückendeckung von Seiten der EZB haben (bitte keine Bemerkungen über Konditionalität oder Moral Hazard...)."
Weiter glauben die Experten, dass, wenn sich die morgendliche Rallye umkehren oder die Märkte nach der EZB in Panik verfallen sollten, durchaus möglich sei, dass "die größten Zentralbanken der Welt im Laufe des Tages gemeinsam eine Erklärung abgeben werden, in der sie sich dazu verpflichten, als Lender of Last Resort auf den Plan zu treten und die globale Liquidität durch Devisenswap-Linien zu sichern."