BERLIN (dpa-AFX) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen ersten Entwurf für die geplante Krankenhausreform vorgelegt - die Inhalte stoßen auf ein geteiltes Echo. Aus der Union kommt scharfe Kritik am Referentenentwurf, der am Wochenende bekanntwurde. Politiker der Ampel-Koalition verteidigen hingegen die Pläne, nach denen Krankenhäuser nicht mehr aus Umsatzgründen möglichst viele Patientinnen und Patienten behandeln sollen. Heute bekommen Kliniken pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Betrag. Diese Fallpauschalen sollen gesenkt werden. Im Gegenzug soll es feste Beträge für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik geben. Einheitliche Vorgaben sollen Qualität absichern
Zuerst hatte die "Bild" über den Entwurf berichtet, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach sollen die Klinken künftig 60 Prozent der Vergütung allein schon dafür bekommen, dass sie Leistungen vorhalten. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein. Sie sollen einheitliche Qualitätsvorgaben absichern. Extra-Geld wird laut Referentenentwurf ab 2027 veranschlagt, etwa für die Bereitstellung von Kindermedizin-Stationen (288 Millionen Euro), Geburtshilfstationen (120 Millionen Euro), Schlaganfallstationen (35 Millionen Euro) und Intensivstationen (30 Millionen Euro). Für die Krankenhausplanung sind die Bundesländer zuständig.
Stationen der Inneren Medizin und der Allgemeinen Chirurgie sollen in höchstens 30 Minuten per Auto erreichbar sein. Für die übrigen Leistungsgruppen soll die Fahrzeit maximal 40 Minuten betragen. Bei der Planung soll auch die Zahl der Einwohner berücksichtigt werden, die von längeren Fahrzeiten betroffen wären, falls es in der Nähe keine entsprechenden Leistungen gibt. Der Referentenentwurf ist ein allererster Gesetzentwurf, an dem noch Änderungen möglich sind. Zuletzt hatte es geheißen, dass der Entwurf am 24. April im Kabinett beschlossen werden soll. Danach steht die parlamentarische Beratung an. Kliniklandschaft wird sich deutlich verändern
Nach Lauterbachs Worten sollen "große Qualitätsdefizite" durch mehr Spezialisierung vermindert werden. So werde heute ein Drittel der Krebsbehandlungen in jenen zwei Dritteln der deutschen Kliniken durchgeführt, die sich darauf mangels Erfahrung gar nicht gut verstünden. Die Folge seien schwere Komplikationen wie eine Blutvergiftung, sagte Lauterbach Ende Januar. Die Reform werde die Kliniklandschaft deutlich verändern. Bislang gebe es überversorgte Städte und unterversorgte Gebiete in ländlichen Regionen.
Die Union bekräftigte frühere Kritik an den Plänen. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, sagte der "Bild am Sonntag": "Die Vorschläge zur Finanzierung sind völlig unausgegoren und führen vor Ort zu weiterer Verunsicherung. Das Kliniksterben geht ungehindert weiter." Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) warf Lauterbach vor, er habe "ein weiteres Mal die Länder nicht vorab einbezogen". Viele Krankenhäuser finanziell am Anschlag
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte der "Bild am Sonntag", man vermisse "eine wirksame wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser als Inflationsausgleich im Jahr 2024". Der FDP-Politiker Andrew Ullmann sagte: "Ein Krankenhaussterben wird es nur geben, wenn wir die notwendigen Reformen verschleppen. Wir brauchen die Reformen, um eine bessere Versorgung der Bevölkerung zu erreichen."
Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen, wies darauf hin, dass Pflegepersonal und Ärzte fehlen. Zugleich wachse die Zahl alter und kranker Menschen, die versorgt werden müssten. Die Versorgungsqualität werde zunehmend schlechter, sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur. Diesen Teufelskreis werde man nun durchbrechen. Es werde die wirtschaftliche Existenz kleiner Krankenhäuser für die Grundversorgung abgesichert. Gleichzeitig würden planbare, spezialisierte Eingriffe auf größere Kliniken konzentriert. Zudem werden Dahmen zufolge in den nächsten zehn Jahren 50 Milliarden Euro bereitgestellt, um die Krankenhauslandschaft nachhaltig umzubauen. Sozialverband sieht Reform überwiegend positiv
Der Sozialverband Deutschland teilte mit, die geplante Reform gehe grundsätzlich in die richtige Richtung. Die Vorsitzende Michaela Engelmeier sagte: "Beispielsweise ist es ein guter Schritt, die starre Konzentrierung auf Fallpauschalen abzuschwächen sowie Über- und Unterversorgung an den Standorten auszugleichen." Natürlich müssten die knappen finanziellen Mittel wohlüberlegt und gezielt eingesetzt werden. "Notwendige und unverzichtbare Standorte müssen erhalten bleiben", mahnte sie.